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Arto Ratamo 7: Der Finne

Arto Ratamo 7: Der Finne

Titel: Arto Ratamo 7: Der Finne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Taavi Soininvaara
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Jahr bei der Drogengeschichte auch geholfen.«
    Ratamo dankte seinem Bekannten bei der Helsinkier Kriminalpolizei, beendete das Gespräch und versetzte dem uralten Sandsack, der neben der Badtür seiner Wohnung hing, einen so heftigen Schlag, dass die Sägespäne rieselten. Durch die »Auferstehung«, das Mittagessen auf Ketonens Kosten und die Blutdruckmedizin fühlte er sich schon viel besser. Eine Sorge plagte ihn jedoch: Hatte er sich womöglich den Urlaub versaut, als er sich bereit erklärt hatte, Eerik Sutelas Kindermädchen zu spielen und mit nach Jäniskoski zu reisen? Otto Forsman war an demselben Tag verschwunden, an dem man die Pflegekraft mit einem seltenen russischen Messer getötet hatte, und ein paar Tage später hatte Sutela, Forsmans in London lebender Sohn, den Exchef der Sicherheitspolizei gebeten, ihn auf der Reise nach Russland zu begleiten. Die ganze Geschichte stank geradezu nach Problemen.
    Auf dem orientalischen Teppich wurde Staub aufgewirbelt, als sich Ratamo im Wohnzimmer auf den Bauch fallen ließ. Er legte das Personenprofil vor sich hin, das ihm seine Kollegin Riitta Kuurma geschickt hatte, und las: »Otto Eemil Forsman. Eltern: Matias Alarik Forsman und Eeva Elisa Forsman. Geboren in Viipuri 19 …«
    Die Angaben zu Forsmans Kriegsjahren waren ein Fachchinesisch, aus dem Ratamo nicht recht schlau wurde. Später folgten ein Studium der Staatswissenschaften an der Universität Helsinki, eine Laufbahn im Innenministerium … Ratamo hielt inne, als er die Überschrift »Angaben zu persönlichenDingen« erblickte. Forsman war seit Beendigung des Krieges, über sechzig Jahre lang, beim Psychiater in Behandlung gewesen. Das überraschte Ratamo nicht. Schließlich hatte Forsman seine Eltern schon in der Pubertät und beide Brüder im Krieg verloren und musste in jungen Jahren seinen Sohn als Vater allein erziehen.
    Die Standuhr im Flur schlug und verkündete den Beginn einer neuen Stunde; Ratamo wurde klar, dass er sich verspätete. Er beschloss, Nelli und Ilona erst am Abend anzurufen, zog sich rasch an, kämmte mit der Hand vergeblich die kurzen schwarzen Haare und stürmte hinaus in den Treppenflur. Gleich würde er in der Abrahaminkatu Eerik Sutela treffen. Ratamo stieg in sein museumsreifes grellgelbes Kabrio und fuhr mit knatterndem Motor die Korkeavuorenkatu entlang.

7
    Helsinki, Montag, 7. August
    Eerik Sutela stand in der Abrahaminkatu, legte den Kopf in den Nacken und betrachtete die Fenster seines Elternhauses, die im Licht der Morgensonne badeten. Dort hatten sie gewohnt, zu zweit, er und sein Vater. Sutela erinnerte sich, wie furchtbar die Einsamkeit gewesen war und wie sehr er sich bemüht hatte, die Wutausbrüche seines Vaters zu vermeiden. Das alte Jugendstilhaus war Zeuge vieler Ereignisse gewesen, die zu den wichtigsten seines Lebens zählten: der Tod des Katers Moses, der erste Schwips, den er sich mit dem Whiskyvorrat des Alten angetrunken hatte, das erste Mal mit Elena, die Wissenswettbewerbe mit seinem Vater … Die Serie der Erinnerungsbilder brach abrupt ab, als das vor Wut rot angelaufene Gesicht des Alten vor ihm auftauchte. An nichts in seiner Kindheit erinnerte er sich so intensiv wie an die Befehle dieses Haustyrannen, seine Brandreden und seltsamen Einfälle. Das war auch kein Wunder, er hatte sie sich neunzehn Jahre lang jeden Tag anhören müssen.
    Am Vortag hatte Sutela beschlossen, auf seine Ängste zu pfeifen und trotz des Verbots in dem Brief die Wohnung seines Vaters zu betreten, um das Archiv im Arbeitszimmer zu durchsuchen. Immerhin war er vorsichtig gewesen und hatte Arto Ratamo gebeten mitzukommen. Die Neugier ließ ihm keine Ruhe. Vielleicht würde er in einem Schrank jenes Notizbuch finden, das der Vater immer wie ein Strafregister versteckt hatte, oder irgendetwas anderes, das erklären könnte, was hinter den Worten seines Vaters in dem Brief verborgen war:
»… dass Du Informationen in die Hände bekommst, die unsere Geschichte ändern werden.«
    Sutela hörte, wie ganz in der Nähe ein lärmendes Auto anhielt und sein Name gerufen wurde. Ein dunkelhaariger und breitschultriger Mann um die vierzig kam im Laufschritt auf ihn zu, strich sich über sein unrasiertes Gesicht und reichte ihm die Hand.
    »Arto Ratamo, Tag. Und Entschuldigung, dass ich mich etwas verspätet habe.« Neugierig musterte Ratamo den hageren und lang aufgeschossenen blonden Mann mit dem Kindergesicht. Die runde Brille, das etwas wirre Haar und das Cordsakko sorgten dafür,

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