Arto Ratamo 7: Der Finne
Teufelskirche geschrieben? Dein Vater?«
Sutela rutschte mit dem Messer ab, das quietschende Geräusch auf dem Teller schmerzte in den Ohren. »Wie könnte ich das denn wissen, wenn …«
»Lüg nicht. Du hast von Anfang an Dinge verheimlicht«, unterbrach Ratamo ihn aufgebracht. »Du glaubst doch wohl nicht ernsthaft, dass die Sicherheitspolizei die Informationenüber dich nicht herausfindet. Dein Schwiegervater ist Abteilungsleiter im britischen Auslandsnachrichtendienst, und du hast eine Prüfung in forensischer Archäologie absolviert.« Die Worte hingen noch in der Luft, da bereute Ratamo schon, dass er sein Wissen preisgegeben hatte.
»Na, diese Dinge haben doch mit all dem nichts zu tun.« Sutela ließ die Schultern hängen und schaute Taru kurz an. Sein Gehirn arbeitete fieberhaft. Jetzt war er gezwungen, irgendetwas zu verraten, sonst würde er Tarus Vertrauen und auch das des Ermittlers verlieren.
Ratamo schaute von seiner Pizza auf, und Taru Otsamo drückte die Zigarette im Aschenbecher aus, als Sutela sich räusperte.
»Ich wollte nichts sagen, bevor ich mir sicher war. Aber es sieht tatsächlich so aus, als ob mein Vater diesen Brief aus der Höhle in Jäniskoski geschrieben hat. In meiner Kindheit hatten mein Vater und ich nämlich die Angewohnheit, im Sommer Stätten aus Finnlands Frühgeschichte zu besuchen. Ich dürfte etwa zehn Jahre alt gewesen sein, als Vater mich zum Burgberg von Rapola brachte und etwas mitten unter einem Haufen von Wurfsteinen versteckte. Er sagte, eines Tages könnte ich das holen, und dann würde sich mein Leben und das vieler anderer Menschen ändern.
15
Moskau, Mittwoch, 9. August
Wladimir II., Patriarch von Moskau und ganz Russland, stand in der Kirche der Heiligen Väter und betrachtete die gewaltige Ikonostase, auf deren goldenen Flächen das Licht der Kerzen glitzerte. In der von Iwan dem Schrecklichen im sechzehnten Jahrhundert errichteten Kirche hatte man das Gefühl, sich im Zentrum der Geschichte zu befinden. Die Dienstwohnung und die Arbeitsräume des Patriarchen lagen ganz in der Nähe, gleichfalls innerhalb der Mauern des ältesten Moskauer Klosters, des Danilow-Klosters, aber die Angelegenheit, die er in Kürze besprechen wollte, war so heikel und wichtig, dass er darüber nur an einem absolut sicheren Ort reden konnte. Das Treffen hatte man organisiert, weil Vikar Furow durch den FSB von dem Brief Otto Forsmans an seinen Sohn und der Suche nach dem »Schwert des Marschalls« erfahren hatte.
Der sechsundsiebzigjährige Patriarch stützte sich auf seinen mit dem Kreuz und einem Schlangenkopf geschmückten langen Stab, strich über seinen schneeweißen Bart und warf einen kurzen Blick auf seinen kleingewachsenen Sekretär, der neben ihm stand. Der stets gutgelaunte Vikar Ilja Furow folgte ihm überallhin wie ein Floh seinem Wirt.
Der Patriarch und Vikar Furow wandten der Ikonostase den Rücken zu, als sie Schritte hörten, die näher kamen. Einen Augenblick später stand der lockenköpfige Vater Peter in Zivilkleidung schnaufend vor ihnen.
»Eure Heiligkeit, es tut mir leid …«
»Ich brauche deine Hilfe, junger Mann.« Der Patriarchkam sofort zur Sache. »Mein Sekretär, Vikar Furow, hat heute Morgen vom FSB äußerst besorgniserregende Neuigkeiten erfahren. Es sieht so aus, als wüsste ein gutherziger Finne, ein blinder alter Mann, etwas, das er nicht wissen dürfte. In seinem Besitz befindet sich ein Dokument namens ›Schwert des Marschalls‹, das, wenn es publik gemacht wird, sowohl Russland schaden würde als auch uns – der Kirche. Wenn wir dem Finnen nicht helfen, ist er dem FSB ausgeliefert, und du kannst dir sicher vorstellen, was das bedeutet.«
Vater Peter schluckte und bemühte sich, nicht allzu verblüfft auszusehen. »Ich verstehe nicht … Eure Heiligkeit, wie kann ich in einer solchen Angelegenheit helfen?«
Vikar Furow bat den Patriarchen mit einem Blick ums Wort. »Die Kirche muss das Dokument vor dem FSB finden. Du bist in einem westlichen Land geboren und aufgewachsen, Englisch ist deine Muttersprache, und du arbeitest in der Abteilung des Moskauer Patriarchats, die sich um die Auslandsbeziehungen der Kirche kümmert. Du bist der perfekte Mann für diese Aufgabe.« Furow, ein Mann mittleren Alters, sah dank der Lachfältchen um Mund und Augen auch dann fröhlich und liebenswürdig aus, wenn er sehr ernst war.
»Ich bin doch nur für die ökumenische Zusammenarbeit verantwortlich. Ich verstehe nicht, wieso …«
»Nun übe
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