Arto Ratamo 7: Der Finne
schlagartig auf zu gestikulieren.
Dann fuhr er fort: »Ich habe über all das mit meinem Schwiegervater gesprochen, während du einkaufen warst. Er hat bei seiner Arbeit mit derartigen Dingen zu tun. Ich habe einen Vorschlag, aber dabei besteht ein Risiko«, sagte Sutela, kostete sein Eiswasser und erklärte Taru dann in aller Ruhe seinen ganzen Plan.
Es dauerte eine Weile, bevor Taru den Mund aufmachen konnte. »Ich muss nachdenken. Es geht schließlich um das Leben meines Kindes.« Sie verließ das Restaurant, ging auf dem Weg neben der Terrasse bis zum Steilhang des Imatrafalls und lehnte sich an das Metallgeländer. Der Bach, der sich zwischen den mächtigen Findlingen hindurchschlängelte, erinnerte so gut wie gar nicht an einen beeindruckenden Wasserfall. Taru brauchte nicht lange, um die Alternativen abzuwägen. Die Russen würden Paula nicht freilassen, solange sie nicht bekamen, was sie wollten, und Eeriks Plan könnte sehr wohl funktionieren.
Sie kehrte im Laufschritt auf die Terrasse zurück, setzte sich neben Sutela und starrte ihn mit ernster Miene an.»Gut, ich bin einverstanden. Aber was wird Ratamo tun, wenn wir verschwinden?«
Sutela breitete die Arme aus. »Was kann er tun? Man hat uns doch nur ein paar Blätter weggenommen. Das hat er schließlich selbst gesagt. Es ist sinnlos, weiter darüber nachzudenken. Von Paulas Entführung weiß Ratamo nichts und darf davon auch nichts wissen. Wenn sich die Polizei in diese verworrene Geschichte einmischt, dann gerät die ganze Sache außer Kontrolle.«
»In diesem Fall lohnt es sich nicht, hier auf Ratamo zu warten«, sagte Taru entschlossen. »Er wollte hierherkommen, sobald seine dienstlichen Angelegenheiten erledigt sind.«
Sutela überlegte nur ein paar Sekunden. »Wir holen unsere Sachen und gehen zum Bahnhof, den Golf würde Ratamo schnell aufspüren. Pass auf, dass du ihm nicht in die Arme läufst.«
Zehn Minuten später kamen die zwei mit ihren Rucksäcken im Laufschritt an den Taxistand und stiegen in den ersten Wagen der langen Mercedesschlange ein.
»Jetzt erklärst du, was dieser Hinweis in dem Brief von Rautjärvi bedeutet«, befahl Taru, als sich das Auto in Bewegung setzte.
Sutela nahm den Brief aus der Tasche und öffnete ihn. »Dieser Brief beginnt anders als die bisherigen:
Ich habe das Dokument hier versteckt.
Wie ich in Rautjärvi schon gesagt habe, ist dies wirklich der letzte Hinweis. Der Verfasser des Briefes sagt direkt, dass er das ›Schwert des Marschalls‹ ›hier‹, das heißt an dem Ort versteckt hat, auf den er mit seiner Andeutung verweist.«
»Die Unterschrift des Briefes, also der Hinweis, lautet –
Eerik und einer wie Widsith.
Widsith ist eine alte englische Dichtung aus dem sechsten oder siebten Jahrhundert. Nach Ansicht meines Vaters ist sie der älteste schriftliche Verweisauf die finnischen Könige«, sagte Sutela mit nachdenklicher Miene. »Die Worte
einer wie Widsith
bedeuten also etwas, das am ältesten ist, vielleicht den ältesten Burgberg Finnlands, den Kapatuosia bei Hollola. Vater hat ja anscheinend gern Burgberge als Verstecke für die Briefe gewählt.«
»Und dieser Eerik?«, fragte Taru gespannt.
»Das verändert die Bedeutung des ganzen Hinweises. Ich glaube, dass der Verfasser des Briefes versucht, den Leser nach Kapatuosia zu schicken, und ihn so in die Irre führt«, antwortete Sutela unsicher.
»Du glaubst es. Das ist der letzte Hinweis, jetzt ist keine Zeit zu zögern«, sagte Taru hitziger als gewollt. Wegen der Angst um Paula stand sie ständig unter Hochspannung.
Sutela ignorierte Tarus schroffen Ton. »Bisher wurden alle Briefe mit Ausnahme des ersten an Orten versteckt, an denen ich als Kind mit meinem Vater gewesen bin. Das kann kein Zufall sein. Aber den Burgberg von Kapatuosia habe ich nie gesehen. Wenn dieser Hinweis ausdrücklich für mich bestimmt ist, nehme ich an, dass der Name Eerik auf die Legende von König Erik dem Heiligen verweist und auf Bischof Henrik, der mit Erik nach Finnland kam, denselben Bischof, den Lalli im Jahre 1156 auf dem Eis des Köyliönjärvi ermordete. Das war als Kind meine Lieblingsgeschichte. Man sagt, dass Henrik in der letzten Nacht seines Lebens in Kokemäki in einem Gebäude geschlafen hat, das heute als Predigthaus des heiligen Henrik bekannt ist. Es ist das älteste Holzgebäude Finnlands, und dort bin ich mit Vater zweimal gewesen.«
Tarus Gesichtsaudruck verriet, dass sie die Menge des Wissens bewunderte, das in Eeriks Kopf Platz
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