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Artus-Chroniken 2. Der Schattenfürst

Artus-Chroniken 2. Der Schattenfürst

Titel: Artus-Chroniken 2. Der Schattenfürst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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tötete, würde ein anderer Champion des Königs gewählt werden; und so würde diese dumme Geschichte weitergehen, bis Culhwch entweder blutig und zerschlagen sein Leben auf dem Boden von Caer Cadarn aushauchte, oder bis – was wahrscheinlicher war – eine regelrechte Schlacht auf der Hügelkuppe ausbrach, die entweder mit Culhwchs oder mit Mordreds Sieg enden würde. Ich nahm den Helm vom Kopf, schüttelte mir die Haare aus den Augen und hängte den Helm über meine Schwertscheide, um Culhwch, immer noch mit dem Schwert in der Hand, brüderlich zu umarmen. »Ich bitte Euch, tut das nicht«, flüsterte ich ihm ins Ohr. »Ich kann Euch nicht töten, mein Freund, also müßt Ihr mich töten.«
    »Er ist ein Bastard, eine Kröte, ein Wurm, aber kein König«, murmelte er.
    »Bitte«, wiederholte ich leise, »ich kann Euch nicht töten. Das wißt Ihr genau.«
    Er drückte mich fest an sich. »Schließt Frieden mit Arthur, mein Freund«, flüsterte er. Dann trat er zurück und schob sein Schwert wieder in die Scheide. Er hob Mordreds Schwert vom Grasboden auf, warf dem König einen finsteren Blick zu und legte die Klinge auf den Stein zurück. »Ich verzichte auf den Kampf«, rief er so laut, daß ihn alle auf der Hügelkuppe verstehen konnten. Dann ging er zu Cuneglas hinüber und kniete vor ihm nieder. »Wollt Ihr meinen Eid annehmen, Lord König?«
    Es war ein peinlicher Moment, denn wenn der König von Powys Culhwchs Treueid akzeptierte, bestand die erste Handlung des Königreichs Powys in Dumnonias neuer Regierungszeit darin, einen Feind Mordreds willkommen zu heißen. Cuneglas zögerte jedoch keine Sekunde und reichte Culhwch seinen Schwertknauf zum Kuß. »Von Herzen gern, Lord Culhwch«, sagte er. »Von Herzen gern.«
    Culhwch küßte Cuneglas’ Schwert, erhob sich und schritt zum Westtor hinüber. Seine Speerkämpfer folgten ihm. Mit Culhwchs Abgang hatte Mordred doch noch die Macht in seinem Reich errungen. Eine Weile herrschte Stille. Dann begann Sansum zu jubeln, die Christen folgten seinem Beispiel und feierten damit ihren neuen Herrscher. Männer versammelten sich um den König und riefen ihm ihre Glückwünsche zu. Wie ich sah, stand Arthur an einer Seite allein. Er sah mich an und lächelte mir zu, aber ich wandte mich von ihm ab. Ich steckte Hywelbane in die Scheide, kauerte mich vor meinen immer noch verängstigten Töchtern nieder und erklärte ihnen, daß es nichts mehr zu fürchten gebe. Morwenna drückte ich meinen Helm in die Hand und zeigte ihr, wie man die Wangenstücke in ihren Scharnieren hin und her bewegen konnte. »Mach ihn aber nicht kaputt«, warnte ich sie.
    »Der arme Wolf«, sagte Seren und streichelte die Wolfsrute.
    »Er hat eine Menge Lämmer gerissen.«
    »Hast du den Wolf deswegen getötet?«
    »Selbstverständlich.«
    »Lord Derfel!« hörte ich unvermittelt Mordreds Stimme. Als ich mich aufrichtete und umwandte, sah ich, daß der König seine Bewunderer abgeschüttelt hatte und quer durch den Königskreis auf mich zugehinkt kam.
    Ich ging ihm entgegen und verneigte mich vor ihm. »Lord König.«
    Die Christen scharten sich hinter Mordred. Hier waren sie jetzt die Herren, und der Triumph war ihnen deutlich von den Gesichtern abzulesen. »Ihr habt einen Eid geleistet, Lord Derfel«, sagte Mordred. »Ihr habt geschworen, mir zu gehorchen.«
    »Das habe ich, Lord König.«
    »Aber Culhwch lebt immer noch«, sagte er scheinbar verwirrt. »Das ist doch so, habe ich recht?«
    »Er lebt, Lord König«, bestätigte ich.
    Mordred lächelte. »Ein gebrochener Eid, Lord Derfel, muß
    bestraft werden. Habt Ihr mir das nicht immer wieder eingebleut?«
    »Ja, Lord König.«
    »Und diesen Eid, Lord Derfel, habt Ihr auf Euer Leben geschworen. Ist das richtig?«
    »Ja, Lord König.«
    Er kratzte sich den schütteren Bart. »Aber Ihr habt hübsche Töchter, Lord Derfel. Deswegen täte es mir leid, Euch hier in Dumnonia zu verlieren. Ich vergebe Euch, daß Culhwch noch am Leben ist.«
    »Ich danke Euch, Lord König«, antwortete ich und nahm mich zusammen, um ihn nicht zu schlagen.
    »Aber ein gebrochener Eid muß dennoch bestraft werden«, erklärte er aufgeregt.
    »Ja, Lord König«, stimmte ich ihm zu.
    Einen Herzschlag lang hielt er inne; dann schlug er mich mit der Ledergeißel der Gerechtigkeit heftig ins Gesicht. Dabei lachte er, und er genoß den Ausdruck sprachloser Überraschung auf meinem Gesicht offenbar so sehr, daß er mich ein zweites Mal schlug. »Bestrafung erfolgt, Lord

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