Artus-Chroniken 2. Der Schattenfürst
dicke Bärenfelle zu Füßen, während Sagramor die sächsische Goldplastik eines Stierkopfs auf den Stoß legte. Sansum hatte ein Stück jenes Kreuzes für den König, an dem, wie er lauthals erklärte, Christus gekreuzigt worden sei. Der dunkle Holzsplitter ruhte in einem römischen Glasflacon, der mit Gold versiegelt war. Nur Culhwch machte dem König kein Geschenk. Ja, nachdem alle Gaben überreicht worden waren und die Lords Schlange standen, um vor dem König niederzuknien und ihm den Treueid zu leisten, war Culhwch nirgendwo zu sehen. Ich war der zweite, der den Eid leistete, nachdem ich Arthur zum Krönungsstein gefolgt war. Vor dem hohen Berg aus glänzendem Gold kniete ich nieder, drückte meine Lippen auf die Spitze von Mordreds neuem Schwert und schwor auf mein Leben, ihm treu zu dienen. Es war ein feierlicher Augenblick, denn dies war der Königseid, der Eid, der über allen anderen stand.
Eins war neu bei dieser Akklamation, ein Ritual, das Arthur sich ausgedacht hatte, um jenen Frieden zu wahren, den er so sorgfältig aufgebaut und über die Jahre hinweg erhalten hatte. Die neue Zeremonie war eine Ausweitung seiner Bruderschaft von Britannien, denn er hatte die Könige von Britannien –
wenigstens die anwesenden – dazu überredet, Küsse mit Mordred zu tauschen und sich eidlich zu verpflichten, niemals gegeneinander zu kämpfen. Also umarmten sich Mordred, Meurig, Cuneglas, Byrthig, Oengus und Lancelot gegenseitig, legten ihre Schwertklingen aneinander und schworen, miteinander Frieden zu halten. Arthur strahlte, während Oengus Mac Airem, ein wahrer Schelm, mir nachdrücklich zuzwinkerte. Sobald die Erntezeit kam, würden seine Speerkämpfer, wie ich genau wußte, ohne Rücksicht auf irgendwelche Eide die Kornspeicher von Powys plündern. Nachdem der Königseid geleistet war, begann ich mit dem letzten Teil der Zeremonie. Zuerst reichte ich Mordred meine behandschuhte Hand und half ihm vom Stein. Dann führte ich ihn zum nördlichsten Stein des äußeren Kreises, nahm sein Königsschwert und legte die blanke Klinge flach auf den Krönungsstein. Funkelnd lag sie da, ein Schwert auf einem Stein, das Wahrzeichen eines Königs, während ich die Pflichten des königlichen Champions erfüllte, indem ich den Kreis umschritt, die Zuschauer anspie und alle, die zuhörten, herausforderte, Mordred ap Mordred ap Uther das Recht streitig zu machen, als König zu herrschen. Im
Vorüberschreiten zwinkerte ich meinen Töchtern zu, trug aufmerksam Sorge, daß mein Speichel auf Sansums kostbaren Roben landete, und sorgte ebenso gewissenhaft dafür, daß er Guineveres besticktes Gewand nicht beschmutzte. »Ich erkläre Mordred ap Mordred ap Uther zum König!« rief ich dabei immer wieder, »und wenn ihm ein Mann die Königswürde streitig macht, soll er hier und jetzt mit mir kämpfen.«
Langsam, Hywelbanes blanke Klinge in der Hand, schritt ich einher und rief meine Herausforderung hinaus. »Ich erkläre Mordred ap Mordred ap Uther zum König, und wenn ihm ein Mann die Königswürde streitig macht, soll er hier und jetzt mit mir kämpfen!«
Ich hatte den Kreis beinah vollendet, als ich das schleifende Geräusch vernahm, mit dem eine Klinge aus ihrer Scheide gezogen wird. »Ich mache sie ihm streitig!« rief eine Stimme, ein Ruf, der von einem entsetzten Aufkeuchen der Zuschauer gefolgt wurde. Ceinwyn erbleichte, und meine Töchter, denen schon angst geworden war, als sie mich in meiner ihnen unvertrauten Rüstung aus Eisen, Stahl, Leder und Wolfsrute sahen, bargen das Gesicht in ihrem Leinenrock.
Als ich mich ganz langsam umwandte, sah ich, daß Culhwch in den Kreis zurückgekehrt war und mir mit gezogenem Schwert, einer riesigen Kampfwaffe, finster gegenüberstand.
»Nein!« rief ich ihm zu. »Ich bitte Euch!«
Mit grimmiger Miene schritt Culhwch in die Mitte des Kreises und nahm das goldverzierte Königsschwert vom Stein.
»Ich mache Mordred ap Mordred ap Uther die Königswürde streitig!« erklärte Culhwch feierlich. Dann warf er die Königsklinge ins Gras.
»Tötet ihn!« rief Mordred von seinem Platz neben Arthur.
»Tut Eure Pflicht, Lord Derfel!«
»Ich bestreite, daß er zum Herrscher taugt«, rief Culhwch der Versammlung zu. Ein leichter Wind blähte die Banner an den Wänden und bewegte Ceinwyns goldenes Haar.
»Ich befehle Euch, ihn zu töten!« kreischte Mordred aufgeregt.
Ich trat in den Kreis vor Culhwch hin. Jetzt verlangte die Pflicht von mir, daß ich mit ihm kämpfte, und wenn er mich
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