Artus-Chroniken 3. Arthurs letzter Schwur
Himmel, dem grauen und schmutzigweißen Meer, den Wracks und Merlin, immer wieder Merlin. Ich glaube, er beschützte uns
– nicht weil er uns in Sicherheit wissen wollte, sondern weil Nimue noch immer nicht mit uns fertig war. Unser Boot trug das, was sie am heißesten begehrte, deswegen mußte unser Boot allein sicher durch Manawydans Wasser geleitet werden.
Merlin verschwand erst, als sich das Unwetter gelegt hatte. Ein letztes Mal noch sah ich sein Gesicht, dann ging er einfach lautlos unter. Einen Herzschlag lang war er noch eine weiße Gestalt mit ausgebreiteten Armen im grünen Herzen einer Woge, und dann war er verschwunden. Nach seinem Verschwinden erstarb die Gewalt des Windes, und der Regen legte sich.
Das Meer warf uns immer noch herum, aber die Luft war klarer, die Wolken hellten sich auf von Schwarz zu Grau und dann zu gebrochenem Weiß, und rings um uns her lag das leere Meer. Unser Boot war das einzige, das übriggeblieben war, und als Arthur den Blick über die grauen Wogen schweifen ließ, sah ich Tränen in seinen Augen. Seine Männer waren zu Manawydan eingegangen, allesamt, all seine tapferen Männer, bis auf ein paar. Ein ganzes Heer war untergegangen. Wir waren allein.
Wir zogen Mast und Segelreste an Bord, dann ruderten wir den ganzen Rest des Tages lang. Jeder Mann außer mir hatte Blasen an den Händen, und sogar ich versuchte zu rudern, mußte aber feststellen, daß
eine Hand nicht genügte, um einen Riemen zu bewegen; also setzte ich mich hin und sah zu, wie wir durch die wogende See gen Süden pullten, bis unser Kiel gegen Abend knirschend auf Sand lief und wir mit den wenigen Habseligkeiten, die uns noch geblieben waren, an Land wankten.
Wir schliefen in den Dünen. Am anderen Morgen säuberten wir unsere Waffen vom Salz und zählten die Münzen, die wir noch besaßen. Balig und der Sachse blieben bei ihrem Boot; sie könnten es reparieren, erklärten sie, also gab ich ihm mein letztes Goldstück, umarmte ihn und folgte Arthur sodann nach Süden.
In den Hügeln an der Küste fanden wir eine Halle, deren Lord sich als Arthurs Anhänger erwies. Er gab uns ein Sattelpferd und zwei Mulis. Wir wollten ihn mit Gold entlohnen, das er jedoch verweigerte. »Ich wünschte, ich könnte Euch ein paar Speerkämpfer geben«, sagte er,
»aber leider …« Er zuckte die Achseln. Seine Halle war ärmlich, und er hatte uns schon mehr gegeben, als er sich eigentlich leisten konnte. Wir aßen, was er uns vorsetzte, trockneten unsere Kleider an seinem Feuer und saßen dann mit Arthur unter den Apfelblüten im Obstgarten der Halle. »Von nun an können wir nicht mehr gegen Mordred kämpfen«, teilte uns Arthur niedergedrückt mit. Mordreds Truppen zählten mindestens dreihundertfünfzig Speerkämpfer, und Nimues Anhänger würden ihm so lange helfen, wie er uns verfolgte, während Sagramor über nicht einmal ganz zweihundert Mann verfügte. Der Krieg war verloren, bevor er noch richtig begonnen hatte.
»Oengus wird uns zu Hilfe kommen«, meinte Culhwch.
»Das wird er versuchen«, bestätigte Arthur, »aber Meurig wird niemals dulden, daß die Schwarzschilde durch Gwent marschieren.«
»Und Cerdic wird kommen«, sagte Galahad leise. »Sobald er hört, daß Mordred gegen uns kämpft, wird er marschieren. Und wir haben nur zweihundert Mann.«
»Weniger«, warf Arthur ein.
»Gegen wie viele?« fragte Galahad. »Vierhundert? Fünfhundert? Und selbst wenn wir siegen, werden unsere Überlebenden kehrt machen und gegen Cerdic kämpfen müssen.«
»Was sollen wir denn aber tun?« erkundigte sich Guinevere. Arthur lächelte. »Wir gehen nach Armorica«, sagte er. »Dorthin wird Mordred uns nicht verfolgen.«
»Vielleicht doch«, knurrte Culhwch.
»Dann werden wir das Problem lösen, wenn es sich uns stellt«, entgegnete Arthur gelassen. Er war verbittert an jenem Morgen, aber nicht zornig. Das Schicksal hatte ihm einen schrecklichen Schlag versetzt, deswegen blieb ihm jetzt nichts anderes übrig, als seine Pläne zu ändern und uns ein wenig Hoffnung zu geben. Er erinnerte uns daran, daß König Budic von Broceliande mit seiner Schwester Anna vermählt war; deswegen war Arthur überzeugt, daß uns der König Zuflucht gewähren würde. »Wir werden arm sein.« Er schenkte Guinevere ein Verzeihung heischendes Lächeln. »Aber wir werden Freunde haben, und die werden uns helfen. Und Broceliande wird Sagramors Speerkämpfer willkommen heißen. Verhungern werden wir nicht. Und wer weiß?«
Diesmal galt sein
Weitere Kostenlose Bücher