Asche auf sein Haupt: Ein Fall für Jessica Campbell (German Edition)
wenn ich euch gestört habe. Ich bin weg.«
Er ging hinaus. Sie sahen ihm vom Fenster aus hinterher, als er zu seinem gemieteten BMW ging, die Tür öffnete und ein letztes Mal in Richtung des Fensters winkte, bevor er einstieg und davonfuhr.
»Er wird es nicht tun, oder?«, flüsterte Petra. »Mit der Polizei darüber reden, dass er hofft, den Mörder aus der Reserve zu locken?«
»Wahrscheinlich nicht.« Kits Stimme war tonlos.
»Sollen wir mit ihr reden? Mit Inspector Campbell?«
»Ich denke, es wäre nicht verkehrt, wenn ich sie anrufe.«
»Ja, bitte, Kit. Du musst sie anrufen! Wenn du es nicht tust, tue ich es.«
»Du hältst dich schön da raus, Süße. Ich rufe die Campbell an und sage ihr, dass Gervase immer noch der gleiche ausgemachte Taugenichts ist wie früher und dass er beabsichtigt, Sherlock Holmes zu spielen.«
Kit drehte sich zu Petra um und bemerkte den beklommenen Blick ihrer Schwester.
»Oh, Kit«, flüsterte Petra verzweifelt. »Was soll nur aus uns allen werden?«
K APITEL 16
»Jemand ist unten und möchte Sie sprechen, Ma’am«, sagte Bennison. »Ihr Name ist Katherine Stapleton.«
Jess fand Kit mit den Händen in den Taschen ungeduldig auf und ab wandernd vor. Als Kit zu ihr herumfuhr, war ihr Gesichtsausdruck zu gleichen Teilen streitsüchtig und besorgt.
»Ich muss mit Ihnen reden«, sagte Kit abrupt. »Ich weiß, Sie haben viel zu tun, aber es dauert sicher nicht lang.«
»Einverstanden. Ich habe ein paar Minuten Zeit.«
Kit sah sie nervös an. »Danke. Aber müssen wir hier reden? Ich mache ja keine Aussage oder so was. Ich bin nicht hergekommen, um ein Geständnis abzulegen – ich habe Key House nicht in Brand gesteckt, nebenbei bemerkt. Es ist etwas … etwas Persönliches.«
»Wir können uns gerne woanders unterhalten«, sagte Jess freundlich. »Es gibt ein Café ein Stück die Straße hinunter. Der Kaffee dort ist besser als hier.«
Das Café war voll, die Luft feucht, doch es war warm. Sie setzten sich in eine Ecke, jeder mit einem großen Becher Milchkaffee, während ringsum Unterhaltungen durch die Luft schwirrten.
»Ich nehme an, es geht um Gervase Crown?«, ergriff Jess die Initiative, nachdem Kit Stapleton Platz genommen hatte und konzentriert auf ihren Becher starrte, ohne Anstalten zu machen, das Gespräch in Gang zu bringen, um das sie gebeten hatte.
Kit zuckte zusammen und hob den Blick. »Ja. Es geht um Gervase. Und es geht um meine Schwester – und vermutlich könnte man sagen, es geht auch um mich. Ich weiß wirklich nicht, wo ich anfangen soll.«
»Der Anfang wäre eine geeignete Stelle, hat jemand mal gesagt oder geschrieben.«
»Lewis Carroll«, sagte Kit abwesend. »Einer der Charaktere in Alice im Wunderland sagt: ›Fange beim Anfang an und lies, bis du ans Ende kommst, dann halte an.‹ Ich kenne den Anfang. Ich wünschte nur, ich würde das Ende ebenfalls kennen. Am Anfang waren wir drei Kinder viel zusammen. Während des Schuljahrs war Gervase im Internat, aber in den Ferien, wenn er nach Hause kam, verbrachten wir viel Zeit zusammen. Ich habe ihn häufiger gesehen als Petra, weil wir in einem Alter sind. Petra ist zwei Jahre jünger. Gervase und ich streiften durch die Gegend. Er war nicht gern zu Hause. Er war lieber im Internat als zu Hause.«
»Gab es einen speziellen Grund?«
»Seine Mutter war abgehauen und sein Vater war ziemlich streng. Die Stimmung zu Hause war so angespannt, selbst als seine Mutter noch da war, dass Gervase früh das Haus verließ und sich den ganzen Tag herumtrieb und erst abends wiederkam. Er ließ sich von der Köchin, wer auch immer das gerade war, ein Sandwich als Mittagessen machen. Ich ließ mir von meiner Mutter ebenfalls Sandwichs machen. Wir verbrachten den ganzen Tag draußen. Manchmal kam Petra mit, aber meistens waren Gervase und ich allein unterwegs. Wir waren Kinder, machten Kindersachen. Wir bauten Lager, kletterten auf Bäume, fielen aus Bäumen, schwammen im Fluss. Einmal schubste ich Gervase in einen vollen Entwässerungsgraben.«
»Warum?«
»Fragen Sie mich nicht. Ich hab’s vergessen. Wir hatten uns gestritten. Ich verlor die Beherrschung und schubste ihn. Ich half ihm heraus. Er war klatschnass, stank furchtbar und war schrecklich wütend. Ich konnte nicht aufhören zu lachen. Ich war ein grässliches Gör.«
»Eine nervöse Reaktion«, befand Jess nüchtern.
Kit starrte sie überrascht an. »Was denn?«
»Das Lachen. Sie haben ihn aus einem Impuls heraus geschubst. Sie wollten
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