Asche auf sein Haupt: Ein Fall für Jessica Campbell (German Edition)
Atmen, okay? Der Wind machte Geräusche. Ich weiß nicht, ob das Geräusch, das ich gehört habe, von einem Menschen stammte. Es war sehr schwach. Vielleicht war es Asche, die sich gesetzt hat, oder irgendetwas ist runtergefallen … Das ganze Haus ist in Bewegung, alles knackt und raschelt und knistert. Wie in einem Wald mitten in der Nacht. Vielleicht war es ein Tier, das sich ins Haus verirrt hatte.«
»Wir wissen, dass es kein Tier war, sondern ein Mensch, Mr Crown. Sie wurden angegriffen.«
»Richtig, Sie haben recht!«, schnappte Gervase und verzog das Gesicht. Er fasste sich mit der Hand an den Kopf. »Sie können doch wohl nicht erwarten, dass ich eine klare Erinnerung habe! Irgendetwas hat sich bewegt, oder zumindest sah es so aus. Ich konnte nichts und niemanden sehen, aber ich dachte, ich hätte plötzlich Gesellschaft. Ich schaltete meine Taschenlampe aus, weil mir bewusst wurde, dass sie wie ein Leuchtturm jedem signalisierte, wo ich stand. Ich hatte meine Orientierung gefunden und war sicher, mich auch ohne Taschenlampe zurechtzufinden. Schließlich war ich in diesem Haus aufgewachsen, Herrgott noch mal. Ich brauchte keinen Grundriss. Ich dachte – fälschlicherweise –, ich würde rechtzeitig bemerken, wenn jemand versucht, sich an mich anzuschleichen, und damit fertigwerden. Und dann bekam ich einen Schlag über den Kopf. Ich sah nur noch Sterne. Ich war betäubt, aber nicht bewusstlos. Ich hab einen harten Schädel, kein Witz. Der Doktor hier hat es gesagt. Einige Menschen haben ziemlich dünne Schädel. Meiner ist eher von der massiven Sorte.
Wie dem auch sei, ich rappelte mich auf Hände und Knie. Ich rechnete damit, jeden Moment einen weiteren Schlag zu erhalten. Ich wusste nur, dass ich irgendwie hochkommen musste. Ich war zu verwundbar am Boden. Dann hörte ich eine Stimme, diesmal richtig laut. Jemand rief draußen. Wollte wissen, was los ist, glaube ich. Er muss meinen Angreifer verscheucht haben. Ich hörte, wie sich jemand von mir entfernte, über das Geröll und die Trümmer auf dem Boden. Ich kam auf die Beine und taumelte in Richtung der neuen Stimme. Ich hatte sie fast erreicht. Ich konnte nicht erkennen, wer es war, weil er mir mit seiner Taschenlampe ins Gesicht leuchtete. Dann verlor ich das Bewusstsein, direkt vor ihm.«
»Aber Sie wissen inzwischen, dass es Roger Trenton war?«
»Das ist richtig. Er war auf seiner Ein-Mann-Nachbarschaftswache. Dann, so hat man mir erzählt, kam der alten Layton auf dem Rückweg von irgendwoher vorbei und leuchtete alles mit Scheinwerfern aus. Er organisierte den Krankenwagen und folgte ihm bis hierher ins Krankenhaus. Er blieb, bis er sicher war, dass ich behandelt wurde. Gut von ihm, schätze ich. Entweder ist es sein Arztberuf oder sein Gewissen, was auch immer. Ich kam im Krankenwagen wieder zu mir. Ich sah ihn kurz, bevor sie mich in das Röntgenzimmer rollten. Er sagte mir, dass Trenton mich gefunden hätte.«
Die Tür wurde geöffnet, und eine Krankenschwester kam herein. »Ist alles in Ordnung?«, fragte sie an Crown gewandt und bedachte Jess und den Rekorder mit einem finsteren Blick.
»Alles bestens«, versicherte Crown ihr.
»Sie sollten nicht so viel reden.«
»Ich bin fast fertig«, sagte Jess.
»Fünf Minuten!«, warnte die Schwester und verschwand wieder.
»Wenn ich nur noch fünf Minuten habe, muss ich Ihnen jetzt folgende Frage stellen«, sagte Jess rasch. »Ich habe sie schon einmal gestellt, aber fällt Ihnen jemand ein, der Ihnen ausgesprochen feindselig gegenübersteht? Der einen besonderen Groll gegen Sie hegt? Ich weiß, Sie haben gesagt, dass Sie nicht beliebt sind. Aber das ist nicht genug, um Ihnen nach dem Leben zu trachten. Mr Crown, jetzt ist nicht die Zeit, um Geheimnisse für sich zu behalten.«
»Jeder hat so seine Geheimnisse hier in der Gegend«, erwiderte Crown benommen. »Tut mir leid, mein Kopf schmerzt. Kann nicht mehr reden. Muss wohl ein wenig schlafen.«
Jess ging nach unten und fand den Arzt, mit dem sie bereits zuvor gesprochen hatte. »Wann wird er entlassen? Wenn es so weit ist, müssen Sie uns umgehend informieren.«
»Wir würden ihn gerne noch vierundzwanzig Stunden hierbehalten und ein paar weitere Tests mit ihm durchführen, bevor wir ihn gehen lassen. Er hatte eine Menge Glück.«
»Was ist mit der Verletzung? Ist daran etwas Auffälliges?«, fragte Jess.
»Ein Schlag auf den Kopf mit einem harten Gegenstand, mehr kann ich wirklich nicht sagen. Vielleicht ist er nicht richtig
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