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Asche auf sein Haupt: Ein Fall für Jessica Campbell (German Edition)

Asche auf sein Haupt: Ein Fall für Jessica Campbell (German Edition)

Titel: Asche auf sein Haupt: Ein Fall für Jessica Campbell (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ann Granger
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Enge zu treiben. Kein Wunder, dass er nervös reagierte.
    Er stand an der Einfahrt zur Werkstatt und spähte ins düstere Innere. Dort stand ein alter VW Käfer, seiner Reifen beraubt und aufgebockt auf Blöcken, doch Alfie konnte niemanden sehen, der an dem Fahrzeug arbeitete. Er bewegte sich vorsichtig tiefer in die Halle und wartete, während sich seine Augen an das Dämmerlicht gewöhnten, bis er besser sehen konnte. Dort war Gaz, in seinem Büro, der Kopf deutlich erkennbar hinter der Scheibe. Er redete in ein Mobiltelefon. Alfie wartete, bis er fertig war, bevor er sich näherte.
    Er hatte den Hund völlig übersehen.
    Das Erste, was er von ihm wahrnahm, war ein leises drohendes Knurren zu seiner Linken. Er erstarrte mitten in der Bewegung und drehte den Kopf in die Richtung des Geräuschs. Dort in den Schatten rührte sich etwas. Jetzt konnte Alfie es auch riechen – ein ranziger Geruch von einem Tier, das im Freien gehalten wurde. Das Tier hatte sich von seinem improvisierten Lager aus einer alten, achtlos auf den Boden in der Ecke geworfenen Steppdecke erhoben, und Alfie konnte es nun genauer erkennen. Es war ein Mischling, hauptsächlich Pitbull, mit einem gescheckten Fell, das es gut vor dem Hintergrund der Wand tarnte.
    Alfie war erleichtert, als er bemerkte, dass der Hund angekettet war. Seine erste Reaktion darauf bestand darin abzuschätzen, wie lang die Kette wohl war und ob er die Tür von Gaz’ Büro erreichen konnte, ohne sich in den Gefahrenbereich durch den Hund zu begeben.
    »Hallo, alter Junge«, sagte er beschwichtigend. »Keine Angst. Alles wird gut.«
    Genau wie er den Geruch des Hundes bemerkt hatte, so hatte der Hund seinen Geruch aufgenommen. Jetzt zögerte er. Alfie roch ebenfalls nach etwas, das draußen frei durch das Land streifte. Für einen Moment oder zwei schien der Hund unschlüssig. Er wusste nicht, wie er den Eindringling einschätzen sollte.
    »Ich bin hier, um mit deinem Boss zu reden«, informierte Alfie den Hund in gespielt zuversichtlichem Ton. Er verzichtete darauf zu lächeln, weil ein misstrauischer Hund ein Lächeln schnell als Zähnefletschen interpretieren konnte. Er sah ihm auch nicht in die Augen, was als Herausforderung hätte missverstanden werden können, sondern ließ den Blick vage um das Tier herumwandern, ohne auch nur für den Bruchteil einer Sekunde ganz abzuschweifen. Er rührte sich nicht. Das war besser so. Solange er sich nicht bewegte, absolut still stand, würde der Hund unsicher bleiben. Wandte er sich zur Flucht, würde er ihm sofort hinterhersetzen. Er mochte angekettet sein, doch die Kette war ziemlich lang. Mit ziemlicher Wahrscheinlichkeit würde er Alfie erwischen, und wenn es nur an einem Hosenbein war, und ihn bestenfalls ins Stolpern bringen, bevor der Jeansstoff riss. Schlimmstenfalls würde er ihn ganz zu Fall bringen und ihn zerfleischen. Selbst wenn Gaz etwas hörte und ihm zu Hilfe kam – worüber sich Alfie längst nicht sicher war –, würde der Hund ihn zumindest grausam verstümmeln, ihm ein Ohr abreißen oder große Fetzen aus dem Gesicht.
    Doch Alfie konnte nicht die ganze Zeit einfach nur dastehen. Er war in der gleichen Situation wie in seinem Traum mit der Ratte. Er konnte sich nicht rühren, doch das bedeutete zugleich, dass er sich nicht zurückziehen konnte.
    Der Hund erhob sich. Er tappte herbei. Alfie hielt die Luft an. Der Hund schnüffelte an ihm. Dann setzte er sich vor Alfie auf die Hinterpfoten und wartete. Ein Patt.
    Doch Gaz hatte das Geschehen aus seinem verglasten Büro heraus beobachtet. Er beendete seinen Anruf, kam zur Tür seines Allerheiligsten und steckte den Kopf heraus. »Okay, Oscar!«, rief er scharf. »Das reicht. Platz!«
    Dann erst sah er Alfie an. »Was willst du?«, fragte er kurz angebunden.
    »Kann ich reinkommen?«, fragte Alfie. Im Büro konnte der Hund ihm nichts tun. Er hatte sich dem Befehl seines Herrn entsprechend hingelegt, doch er beobachtete Alfie aus kleinen, tückischen, bronzefarbenen Augen.
    »Hast du etwa Angst vor dem Hund?« Gaz grinste unfreundlich.
    »Ja«, gestand Alfie.
    Gaz musterte ihn abschätzig. »Jedenfalls hast du dich richtig verhalten«, sagte er unvermittelt. »Wenn nicht, hätte Oscar dich längst gepackt.«
    »Er ist ein großartiger Hund«, sagte Alfie. Hundebesitzer, wer auch immer sie waren, mochten es gerne, wenn andere Leute ihre Haustiere bewunderten. »Er ist in, äh, verdammt guter Form.«
    »Jaaa …«, pflichtete Gaz ihm plötzlich sentimental bei.

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