Asche auf sein Haupt: Ein Fall für Jessica Campbell (German Edition)
Gewirr aus Brombeeren. Der arme alte Warwick war nicht mehr schnell genug auf den Beinen. Er wurde voll getroffen und flog durch die Luft, der arme alte Kerl. Gervase fuhr einfach weiter, raste die Straße hinunter, und ein paar Minuten später hatte er einen Zusammenstoß mit anderen Autos. Aber davon erfuhr ich erst später. Ich habe es nicht gesehen und kann Ihnen beim besten Willen nicht sagen, ob ich es damals gehört habe. Ich hätte es hören müssen, aber ich war so damit beschäftigt, mich aus den Brombeeren zu befreien und Gervase zu verfluchen. Warwick lag auf der Straße. Zuerst dachte ich, er wäre tot. Dann sah ich, dass er atmete, doch aus seiner Nase floss Blut. Er kam nicht wieder zu sich. Irgendwie schaffte ich es, ihn hochzuheben und bis hierher zu tragen, nach Hause. Er wog eine Tonne. Ich dachte, mir würden die Arme abfallen. Ich legte ihn in meinen Wagen und fuhr mit ihm zum Tierarzt, doch der Tierarzt konnte nichts mehr für ihn tun. Ich musste ihn einschläfern lassen.« Sie stockte. »Ich sagte dem Tierarzt, es wäre Unfallflucht gewesen. Das war sogar die Wahrheit. Ich sagte ihm nicht, wer am Steuer des Wagens saß. Fragen Sie mich nicht warum – jedenfalls nicht, um den jungen Gervase zu schützen. Ich wollte einfach nur, dass sich der Tierarzt auf Warwick konzentriert.«
Muriel richtete sich auf. »Nach diesem Tag gewöhnte ich mir an, diese gelben Sachen zu tragen, Jacke und Hose, in denen Sie mich gesehen haben«, fuhr sie in unvermittelt lebhafterem Ton fort. Hamlet hob den Kopf und blickte sie an. »Gervase hat mich damals wahrscheinlich nicht einmal bemerkt, und ich wollte sicher sein, dass so etwas nicht wieder passiert.«
»Sie sagen, Sie hätten dem Tierarzt nicht erzählt, dass Gervase Crown Ihren Hund überfahren hat«, sagte Carter. »Sie glauben außerdem, dass der junge Crown Sie nicht bemerkt hat. Die Geschichte hat trotzdem die Runde gemacht, richtig? Dass er schuld war?«
»Oh ja.« Muriel nickte. »Sie ist rumgegangen. Verdammt schnell sogar.«
»Haben Sie es Mrs Trenton erzählt?«, fragte Jess.
»Poppy? Ja, sicher, aber erst später. Es war nicht Poppy, die Sebastian Crown von der Sache erzählte. Sie hat jedenfalls gesagt, dass sie es nicht getan hat, und ich glaube ihr. Sie hatte schon immer eine Schwäche für Gervase, wegen seiner einsamen Kindheit.« Muriel schnaubte. »Ich könnte Ihnen was über einsame Kindheit erzählen. Ich habe meine Kindheit nie als Entschuldigung für irgendetwas vorgeschoben. Ich schätze, der Tierarzt hat Sebastian von Warwick erzählt. So hat er davon erfahren. Ich denke, der Tierarzt hat von dem Unfall gehört, den Gervase am gleichen Tag hatte, ungefähr zur gleichen Zeit. Er musste nur zwei und zwei zusammenzählen. Sebastian hatte sein Vermögen mit Gesundheitsprodukten für Hunde gemacht, jedenfalls nannte er es so. Damit ist alles für Hunde gemeint, angefangen bei Volumen-Hundeshampoo bis hin zu Pillen gegen Maulgeruch. Dementsprechend war Sebastian eng befreundet mit sämtlichen Tierärzten und Hundezüchtern und dergleichen Leuten in der Gegend. Einfach mit jedem, von dem er glaubte, er könnte ihm von Nutzen sein.«
Muriel stockte, und Hamlet, zu dem Entschluss gelangt, dass er lange genug einen Zustand der Wachsamkeit aufrechterhalten hatte, stieß einen stürmischen Seufzer aus und legte sich hin, den Kopf auf den Pfoten. Carter und Jess warteten.
»Ich … Ich war Sebastian nie von Nutzen. Er mochte mich nicht, weil ich mich mit seiner Frau angefreundet hatte … Und weil er sich denken konnte, dass ich sein hässliches kleines Geheimnis kannte.«
»Dass er seine Frau schlug, meinen Sie?«, fragte Jess für den Rekorder.
Muriel nickte. »Ganz recht. Aber jetzt war Gervase in Schwierigkeiten, und Sebastian brauchte mich auf seiner Seite. Er kam nach Mullions, um mich zu besuchen. Er saß genau da, wo Sie jetzt sitzen.« Muriel zeigte auf Carter. »Da, in Vaters Sessel. Mein Vater war zu der Zeit längst tot. Er war schon zwei Jahre früher gestorben.«
»Muriel«, fragte Jess, als ihr unvermittelt ein Gedanke kam. »Wie ist Ihr Vater eigentlich gestorben?«
Die Frage schien Muriel nicht zu überraschen. »Er ist in den Fluss gefallen, als er zum Angeln war. Ich fand ihn mit dem Gesicht nach unten im Wasser. Der dumme alte Narr muss einen Schwindelanfall gehabt haben. Ich habe dem Coroner gesagt, dass er öfter unter Schwindel litt. Tod durch Unfall lautete das abschließende Urteil. Ich habe Vaters Asche in den
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