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Asche auf sein Haupt: Ein Fall für Jessica Campbell (German Edition)

Asche auf sein Haupt: Ein Fall für Jessica Campbell (German Edition)

Titel: Asche auf sein Haupt: Ein Fall für Jessica Campbell (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ann Granger
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wieder, klar? Genau wie ich gesagt habe. Und wenn – verstehst du? Wenn! – sich bis dahin alles beruhigt hat und die Cops nicht mehr in meiner Werkstatt herumschnüffeln, dann zahle ich dir hundert Mäuse.«
    »Waf?«, ächzte Alfie. »Hundert?« Er wusste nicht, ob er dankbar sein sollte für das Angebot oder entsetzt bei dem Gedanken, dass ein Wagen in derart gutem Zustand nur so wenig wert war.
    »Gefallen dir hundert nicht?«, fragte Gaz.
    »Na ja, ich dachte nicht, daf er –«, setzte Alfie unvorsichtigerweise an.
    »Hundert wert ist? Du hast recht. Okay, also, wenn du in zwei Monaten wieder herkommst, gebe ich dir siebzig. Siebzig Mäuse.«
    Alfie hatte verstanden. Er rappelte sich hoch. »Du ruf’t den Hund weg, oder?«, fragte er verdrossen. Er hatte kein Taschentuch bei sich und betupfte seine zerschmetterte Nase mit dem Ärmel.
    »Mach ich.« Gaz musterte Alfie von oben bis unten, und das tiefe Elend des Jugendlichen schien nach einer menschlichen Geste zu verlangen. Gaz war kein wohltätiger Mann, doch er hob nichtsdestotrotz einen schmuddeligen Lappen auf und hielt ihn seinem Opfer hin. Alfie nahm ihn an.
    Gaz öffnete die Tür und wandte sich an den Hund. Er befahl ihm zu bleiben, wo er war. Alfie eilte an Oscar vorbei, dessen von Kampfspuren zernarbtes Gesicht so viel Enttäuschung zeigte, wie ein Hundegesicht nur konnte. »Beim nächsten Mal bist du dran!«, versprachen seine bernsteinfarbenen Augen.
    Alfie machte sich auf den Heimweg, den Lappen auf die Nase gedrückt. Entgegenkommende Passanten wichen ihm aus. Lediglich eine ältere Frau fragte ihn, ob er Hilfe benötigte, doch nachdem er sie mit Flüchen und Verwünschungen bedacht hatte, schüttelte sie drohend ihren Schirm gegen ihn und informierte ihn, dass er eine Schande wäre.
    Die Busverbindung nach Weston St. Ambrose war rein symbolisch. Es gab einen Bus, der Weston über mehrere andere kleine Ortschaften hinweg ansteuerte – zweimal am Tag. Alfie kauerte sich in eine Ecke der überdachten Haltestelle, bis der Bus kam. Es hatte angefangen zu regnen. Er war hungrig, durchnässt, verängstigt, enttäuscht, und seine Nase schmerzte. Der Fahrer wollte ihn zuerst nicht mitnehmen. »Aber ich wohne in Wefton Ft. Ambrofe!«, protestierte Alfie. »Wie foll ich denn fonft nach Haufe kommen? Ich hatte einen Unfall!«
    »Du versaust mir die ganzen Sitze mit deinem Blut«, sagte der Fahrer gefühllos.
    »Herrgott im Himmel! Fie kennen mich doch!«, flehte Alfie. »Und ich blute gar nicht mehr fo ftark. Ef hat faft aufgehört.«
    »Ja, ich kenne dich, Bursche. Ich hab dich einmal in meinen Bus gelassen, als du getrunken hattest, und du hast mir den Boden vollgekotzt. Es hat noch eine ganze Woche lang gestunken, selbst nachdem die Putzkolonne durch war.«
    »Ich bin aber nicht betrunken! Ich bin geftürpft!«
    Der Fahrer schien ihm nicht zu glauben, doch er ließ ihn zögernd einsteigen und instruierte ihn, sich ganz nach hinten zu setzen. Die übrigen Fahrgäste saßen allesamt vorne in den ersten Reihen.
    Seine Mutter war nicht zu Hause, als er die Tür aufsperrte und eintrat. Er hatte keine Ahnung, wann sie zurück sein würde. Es konnte spät werden – oder vielleicht kam sie auch erst am nächsten Tag. Das hatte sie schon gemacht, als er noch ein Schuljunge gewesen war. Er war am späten Nachmittag nach Hause gekommen, und niemand war da gewesen. Gelegentlich, wenn sie daran dachte, hinterließ sie ihm eine Notiz auf dem Küchentisch und etwas zu essen im Kühlschrank. Meistens jedoch hatte es weder das eine noch das andere gegeben, und er hatte das Haus nach etwas Essbarem durchsucht. Kekse, Cornflakes (falls es Milch gab oder zur Not auch trocken aus der Hand), Erdnüsse. Einmal hatte er ein altes trockenes Brot aus dem Garten geholt, das sie zuvor für die Vögel als Futter rausgeworfen hatte.
    Wenn sie schließlich wieder aufgetaucht war, hatte sie versucht, alles wiedergutzumachen, indem sie Fisch und Chips oder Pizza oder Hamburger und Cola mitbrachte. Er hatte alles in sich hineingeschlungen, bis ihm übel geworden war. Sie war weniger eine gleichgültige als vielmehr eine verträumte Mutter gewesen. Wenn sie Spaß gehabt hatte, wo auch immer sie war, hatte sie ihn einfach vergessen. Doch sie hatte ihn nie abgewiesen, auch dann nicht, als er in Schwierigkeiten geraten war, oder als die Polizei anfing, auf der Suche nach ihm regelmäßig vor der Haustür zu erscheinen oder das Haus nach Gras-Verstecken oder anderen Drogen zu durchsuchen.

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