Asche auf sein Haupt: Ein Fall für Jessica Campbell (German Edition)
kontrollierte. Wenn ich es verkauft hätte, wäre es ein Eingeständnis meiner Schwäche gewesen, meiner Unfähigkeit, mit meinen Ressentiments gegen das Haus fertigzuwerden und gegen alles, was damit verbunden war. Als würde man einen Hund weggeben, weil man nicht mit ihm klarkommt. Also habe ich es nicht verkauft. Ich sagte mir immer wieder, eines Tages komme ich zurück, stelle ein paar Möbel hinein und lebe eine Weile dort. Ich werfe die alten Erinnerungen über Bord und bringe neue hinein. Und dann verkaufe ich es – weil ich es so will, und nicht, weil das Haus mich vertrieben hat. Und jetzt ist das verdammte Ding abgebrannt und hat quasi das letzte Wort gehabt. Ich werde niemals wieder darin wohnen, und zwar, weil es mich daran gehindert hat, und nicht, weil ich es so wollte. Das hört sich an, als wäre ich verrückt, nicht wahr?« Er blickte auf und lächelte sie an.
Petra spürte, wie ihr Herz wild pochte, und das verräterische Körperteil machte sie wütend. »Nein, ich verstehe das sehr gut. Alte Häuser haben eine Persönlichkeit.«
»Ach, du bist eine Künstlerin und hast eine einfühlsame Seele!« Gervase zeigte auf Black Beauty, der sich auf der Leinwand aufbäumte. »Das ist großartig. Ich besitze mittlerweile auch ein Pferd, weißt du? In Portugal.«
»Ich wusste gar nicht, dass du auf Pferde stehst.«
»Nur auf schnelle Autos, eh? Ich habe irgendwann einen Kerl am Strand getroffen … Ich surfe ziemlich viel, musst du wissen … Jedenfalls, dieser Typ wollte das Pferd verkaufen. Also habe ich es gekauft. Ich habe es in einem Mietstall in der Nähe untergestellt und bezahle dafür, dass es ordentlich versorgt wird. Ich hatte überlegt, dass ich mit dem Springreiten anfange. Ich hatte mich bei ein paar Veranstaltungen in Portugal angemeldet und war ziemlich erfolglos. Ich reite nach wie vor jede Woche, nur so zum Spaß. Ich schätze, ich werde das Pferd wohl verkaufen, wenn ich wieder zurück bin. Es ist eine unnötige Verpflichtung, und alles, was es tut, ist fressen und fett werden.« Eine weitere Pause, dann fügte er hinzu: »Ich bin nicht gut darin, Verantwortung zu übernehmen, wie du ja weißt.«
»Und warum bist du dann hier?«, fragte Petra leise. »Etwa nicht, weil du dich verantwortlich fühlst für den Rollstuhl, in dem ich sitze? Das musst du nicht. Wie ich bereits sagte, wir waren jung und dumm, und es war eines dieser Dinge, die einfach passieren.«
Gervase beugte sich mit einer plötzlichen Bewegung vor, die seinen Holzstuhl beinahe umgeschmissen und ihn zu Fall gebracht hätte. »Nein, es ist nicht einfach passiert! Weißt du, was ein Polizist damals zu mir sagte? Er sagte, es gäbe keine Unfälle . Irgendjemand wäre immer verantwortlich. Und dieser Jemand war ich.«
»Es ist mir egal, hörst du? Hör endlich auf damit, ja?«, hörte sich Petra brüllen.
Er ließ den Kopf in die sonnengebräunten Hände sinken und raufte sich das zerzauste Haar. »Ich hätte nicht herkommen sollen. Es war eine total bescheuerte Idee von mir. Ich wollte nur wissen, ob es dir –«
Petra unterbrach ihn. »Mir geht es GUT. Ich mag die Malerei. Ich mag es, hier zu wohnen. Ich habe Kit und Mutter und Freunde, die mich besuchen, und mein Leben ist wirklich prima. Tut mir leid, dass ich dich so angebrüllt habe. Aber ich hatte dir gesagt, dass du aufhören solltest damit. Ich hoffe, dass du bald zu einer Entscheidung kommst wegen Key House, denn ich glaube, dass es dir auf der Seele lastet. Da es Schauplatz eines Mordes war, vermute ich allerdings, dass du in nächster Zeit nichts unternehmen kannst.«
Gervase erlangte seine Selbstbeherrschung wieder und lehnte sich zurück. »Ja, es ist ein Mord verübt worden. Darin ist sich die Polizei jetzt sicher. Anfangs dachten sie, ich wäre die Leiche in der Asche, jedenfalls hat mir Reggie Foscott das erzählt. Dann hielten sie den Toten für einen Obdachlosen oder Hausbesetzer. Jetzt legen sie sich nicht mehr fest, aber sie sind sicher, dass jemand den Kerl umgebracht und dann das Haus in Brand gesetzt hat. Ich frage mich, wer das arme Schwein war … Die Polizei ist jedenfalls ganz versessen darauf, mit mir zu reden. Auch wenn ich nichts dazu sagen kann.«
»Warum müssen sie überhaupt mit dir reden?«, platzte es aus Petra heraus.
Seine Antwort kam ohne Umschweife. »Ich denke nicht, dass sie glauben, ich wäre es gewesen. Doch ich bin der Eigentümer, deshalb werden sie Fragen haben. Sie werden wissen wollen, warum ich das Haus so lange leer
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