Asche auf sein Haupt: Ein Fall für Jessica Campbell (German Edition)
stehen ließ. Warum ich es nicht verkauft habe, wenn ich nicht selber darin wohnen wollte. Ich glaube nicht, dass ich ihnen begreiflich machen kann, was ich dir eben erzählt habe. Die Cops geben sich nicht mit derart esoterischen Erklärungen zufrieden. Ich denke, es ist wie mit dem Pferd, das ich besitze, obwohl ich es so gut wie nie reite. Ich konnte mich eben nicht entscheiden, das werde ich ihnen sagen. Verschiebe stets auf morgen, was du heute tun solltest. Das ist mein Motto.«
Er grinste, und Petra lachte. Doch ihr Lachen war nur vorgetäuscht. In ihrem Innern war keine Spur von Heiterkeit.
»Wann gehst du zur Polizei?«, fragte sie.
»Heute Nachmittag. Reggie meint, ich sollte so bald wie möglich gehen – bevor sie anfangen, mir zu unterstellen, ich würde ihnen ausweichen. Das hat Reggie zwar nicht wörtlich gesagt, aber er hat es so gemeint.« Er streckte ihr die Hand hin: »Gehen wir als Freunde auseinander?«
Sie ergriff die Hand. »Wir gehen als Freunde. Viel Glück, Gervase.«
»Gott segne dich«, sagte er mit dieser tiefen, ernsten Stimme, die von einem anderen, verborgenen Gervase zu kommen schien. Dann beugte er sich vor und küsste sie auf die Stirn.
K APITEL 8
»Gervase Crown wartet unten, Ma’am«, sagte Phil Morton. »Möchten Sie ihn selbst befragen, oder soll ich runtergehen und das übernehmen?«
»Es ist besser, wenn ich das mache«, entgegnete Jess. »Oh, und informieren Sie bitte Mr Carter, Phil? Ich denke, er möchte ganz gerne einen Blick auf unseren Beachboy werfen. Haben Sie ihn gesehen?«
»Ja, hab ich«, antwortete Morton.
»Wie ist Ihr Eindruck?«
»Wie jemand, der permanent in Urlaub ist«, erwiderte Morton säuerlich. »Ein arrogantes Arschloch obendrein. Ich hab zu ihm gesagt, es täte mir leid, dass sein Haus niedergebrannt ist. Ich wollte höflich sein, weiter nichts. Er zuckte nur die Schultern und meinte, es wäre ein verdammtes Ärgernis, und ob die Polizei nun durch die Ruine kriechen würde. Ich erwiderte, dass sämtliche Spuren, die es eventuell gegeben hat, wahrscheinlich in Rauch aufgegangen wären, also nein, die Polizei würde nicht durch die Ruine kriechen. Er murmelte irgendwas Unverständliches. Also brachte ich ihn in ein Vernehmungszimmer, wo er jetzt erst mal schmort, während ich heraufgekommen bin, um Sie zu informieren.«
»Ich bin wirklich neugierig auf ihn«, murmelte Jess. »Wo sind die Fotos von Pietrangelo? Wollen doch mal sehen, ob eines davon Mr Crowns Gedächtnis in Schwung bringt.«
»Sie werden staunen, wenn Sie ihn sehen«, rief Morton ihr hinterher, als sie sich auf den Weg machte.
Jess blieb nicht stehen, um nachzufragen, was er meinte. Sie glaubte ihn kichern zu hören, doch vielleicht war es auch nur Einbildung.
Gervase Crown war offensichtlich rastlos im Vernehmungszimmer auf und ab gegangen. Als Jess die Tür öffnete, hatte er fast die gegenüberliegende Wand erreicht und wandte ihr den Rücken zu.
»Guten Tag, Mr Crown«, begrüßte ihn Jess beim Eintreten. »Ich bin Inspector Campbell.«
Er verharrte mitten im Schritt, fuhr herum und musterte sie eingehend.
Jess war verblüfft, doch nicht wegen seines unverschämten Benehmens. Nun begriff sie, was Morton damit gemeint hatte, als er sagte, sie würde staunen. Sie staunte tatsächlich. Sie war Gervase Crown noch nie begegnet, doch der Mann vor ihr war kein Fremder. Ich habe dich schon mal gesehen , dachte sie verwundert. Ich habe dich schon früher gesehen …
Dann fiel es ihr ein. Auf den Fotos, den Fotos, die Sarah Gresham ihnen von ihrem verschwundenen Lebensgefährten gegeben hatte. Er sah aus wie der vermisste Webdesigner!
Die Ähnlichkeit war bemerkenswert, auch wenn bei genauerer Betrachtung die Unterschiede deutlich wurden. Jess hatte die Fotos mitgebracht, um festzustellen, ob Crown etwas damit anfangen konnte, doch jetzt kam ihr ein völlig neuer Gedanke in den Sinn. Hatte Poppy Trenton nicht geglaubt, kürzlich Crown gesehen zu haben? Jetzt sah es mehr danach aus, als hätte sie Crown mit Pietrangelo verwechselt. War dem Mörder der gleiche Fehler unterlaufen? War dieser Mann hier, der nun ruhelos im Verhörraum seine Runden drehte, das eigentlich beabsichtigte Opfer? Und falls ja, aus welchem Grund?
»Ich nehme an, dass Sie hier das Sagen haben?«, fragte Crown ungeduldig, während er sich womöglich wunderte, warum sie nur dastand und ihn anglotzte. »Nicht der unangenehme Proll, der mich in diese Zelle geschubst hat?«
Jess riss sich zusammen. »Sie
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