Asche auf sein Haupt: Ein Fall für Jessica Campbell (German Edition)
Kind zynisch geworden war – das wäre zu erwachsen gewesen und der Ausdruck zu stark. Doch sie hatte sich eine spröde Fassade zugelegt, um sich gegen zukünftige Schocks zu schützen.
MacTavish, den sie immer noch fest an die Brust gedrückt hielt, war das sichtbar gewordene Zeichen dieser Fassade.
»Das bedeutet nicht, dass jeder darüber reden sollte«, setzte Jess zu einer Erklärung an. »Manche Leute schämen sich vielleicht, wenn andere mit Fremden über private Dinge reden.«
»Das ist doch nur als ob«, widersprach Millie. »Es ist schließlich nicht, als wäre es ein richtiges Geheimnis. Ein Geheimnis ist, wenn niemand etwas weiß. Wenn es jeder weiß, ist es keines.«
Glücklicherweise kamen in diesem Moment Carter und Monica zurück mitsamt den Zutaten für den Tee. Neben den Würstchen im Blätterteigmantel gab es eine Platte voll mit kleinen, mit buntem Guss überzogenen Törtchen.
» Die haben wir aber nicht selbst gemacht«, sagte Millie abschätzig.
»Nein«, pflichtete Monica ihr bei. »Wir haben eine Lady im Ort, die regelmäßig einen Trödelverkauf veranstaltet, um Geld für unsere Kirche zusammenzutreiben. Es gibt jedes Mal Kuchen zu kaufen. Diese Kuchen kann man sehr gut essen. Der Bäcker hat sich mit der Lebensmittelfarbe verschätzt.«
Während sie den Tee einnahmen, entspannte sich die Atmosphäre und wurde noch recht fröhlich. Sogar die beiden Katzen tauchten zwischendurch wieder auf, eine nach der anderen, ließen sich in sicherer Entfernung nieder und beobachteten das Treiben.
Als sie sich zum Gehen wandten, nahm Carter Monica beiseite. »Danke, dass du auf Millie aufgepasst hast«, sagte er leise.
»Ist mir ein Vergnügen. Sie ist ein prächtiges kleines Mädchen.«
Im engen Flur hatte sich Jess gebückt, um die schwarze Katze zu streicheln. »Hat mich gefreut, dich kennenzulernen, Millie«, sagte sie währenddessen heiter und sah das Kind dabei an.
Millie bedachte sie mit einem durchtriebenen Blick. »Ich habe Dad gesagt, er soll sich eine Katze anschaffen. Er braucht Gesellschaft. Er hat keine Freundin, weißt du. Du könntest ja –«
»Millie, pass auf«, unterbrach Jess sie abrupt. »Versuch nicht, deinen Vater mit jemandem zu verkuppeln! Diese Dinge passieren von alleine, oder sie passieren gar nicht.«
»Also schön«, antwortete Millie bedächtig. »Möchtest du MacTavish Auf Wiedersehen sagen?«
Jess schüttelte MacTavishs Tatze – und wurde mit einem strahlenden Lächeln seiner Besitzerin belohnt.
K APITEL 9
Am nächsten Morgen ging Jess über den knirschenden Kies auf dem Hof von The Barn in Richtung des Cottages. Die Scheune existierte nach wie vor, doch im Gegensatz zu vielen anderen alten Scheunen war sie nicht zu einem jener schicken modernen Landhäuser umgebaut worden. Jess fragte sich, wozu sie heute wohl genutzt wurde.
Sie war nicht der erste Besucher des Tages. Vor dem Haus parkten zwei Fahrzeuge. In einem lag ein blauer Ausweis hinter der Windschutzscheibe. Das konnte Petras Wagen sein. Der andere gehörte jemand anderem. Zu schade – Jess hatte gehofft, Petra alleine anzutreffen. Sie betätigte den hufeisenförmigen Messingklopfer.
Die Tür wurde fast im gleichen Augenblick von einer sehr attraktiven Frau Mitte bis Ende dreißig geöffnet. Das dichte dunkelblonde Haar war zu einem Bob geschnitten. Entsprechend der Jahreszeit und der ländlichen Mode war sie in eine blaue, wattierte ärmellose Weste, ein pfauenblaues Sweatshirt und Jeans gekleidet.
»Petra Stapleton?«, fragte Jess vorsichtig. Wenn sie es war, so war es nicht das, was Jess erwartet hatte.
»Nein, ich bin Petras Schwester Katherine, auch Kit genannt. Und wer sind Sie?« Kit Stapleton musterte Jess mit einem schnellen Blick. »Journalistin?«
»Nein, ich bin Police Officer. Mein Name ist Inspector Jessica Campbell. Ich leite die Ermittlungen im Fall des Toten von Key House.« Jess zeigte ihren Dienstausweis.
Kit warf einen flüchtigen Blick darauf, dann trat sie einen Schritt zur Seite. »Dann kommen Sie mal besser rein. Ich weiß nicht genau, was Sie glauben, was wir Ihnen erzählen könnten, aber ich nehme an, dass es irgendwie mit Gervase Crown zu tun hat?«
»Haben Sie Crown in letzter Zeit gesehen?«
»Nein«, antwortete Kit unwirsch. »Und ich habe auch kein Interesse daran.«
»Ich habe ihn gesehen«, kam eine leise Stimme vom Fenster her.
Kit wirbelte herum, Entsetzen im Gesicht. »Du hast ihn gesehen? Er war hier, Petra? Warum hast du nichts gesagt? Ich hatte
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