Asche auf sein Haupt: Ein Fall für Jessica Campbell (German Edition)
Lounge und im Speisesaal. Gehen Sie auch manchmal nach oben?«
»Nur wenn jemand den Zimmerservice in Anspruch nimmt, Frühstück im eigenen Zimmer und so. Aber heute Morgen gab es keinen. Kein Anruf von oben für mich. Wenn Sie eine Frage haben bezüglich irgendwelcher Vorgänge oben, dann sollten Sie sich an die Zimmermädchen wenden.«
Jess bedankte sich und ging den Manager suchen. Unterwegs passierte sie die Tür zur Lounge und sah, dass Gervase Crown immer noch dort war. Er saß im gleichen Sessel wie zuvor und las in einer abgegriffenen Illustrierten. Andere Gäste waren hinzugekommen. Es sah aus, als würden jetzt nach und nach die Einheimischen kommen, wie der Kellner es geschildert hatte. Zwei Frauen im mittleren Alter hatten so viele Einkaufstüten zu ihren Füßen stehen, als hätten sie schon am frühen Morgen einen Kaufrausch hinter sich.
Der Manager reagierte auf Jess’ Dienstausweis auf die gleiche Weise wie zuvor der Kellner.
»Wir wollen keinen Ärger im Royal Oak!«, sagte er entschieden.
»Keinen Ärger, Sir«, beruhigte ihn Jess. »Nur eine Frage. Wenn jemand – kein Hotelgast, ein Fremder – das Hotel betreten und nach oben gehen würde – würde man das bemerken?«
Er öffnete den Mund, um indigniert zu bestreiten, dass die Sicherheit seines Hotels weniger als hundertprozentig sein könnte, doch dann fiel ihm rechtzeitig genug ein, dass die Polizei diese Frage stellte. »Wir tun unser Bestes, Ma’am«, antwortete er vorsichtig. »Doch wir haben morgens immer alle Hände voll zu tun. Gäste reisen ab, die Zimmer werden gereinigt, Lieferungen für die Küche und die Bar kommen an. Sämtliches Personal, mich eingeschlossen, ist beschäftigt. Es wäre möglich, aber ich möchte betonen, dass es zugleich extrem unwahrscheinlich ist. Abgesehen davon haben wir ständig Einheimische zu Besuch, die hier Kaffee trinken und sich verabreden. Es gibt also recht viel Betrieb vor diesem Tresen, wie Sie sich denken können. Die Einheimischen gehen nicht nach oben. Sie gehen in die Lounge oder ins Restaurant.«
»Haben Sie einen Aufzug? Auch wenn es nur ein Lastenaufzug ist?«
Er schüttelte den Kopf. »Dieses Gebäude wurde um 1600 herum errichtet und steht auf mittelalterlichen Fundamenten. Die Keller sind original und stammen aus dem vierzehnten Jahrhundert. Wie Sie sich denken können, ist das Royal Oak im Denkmalverzeichnis gelistet. Es gibt keinen Platz für einen Aufzug, und wegen der Beschränkungen durch den Denkmalschutz können wir keinen nachträglich einbauen. Wir haben zwei Gästezimmer im Erdgeschoss für Gäste mit Behinderung, die die Treppe nicht benutzen können. Darf ich fragen, ob es sich um eine Beschwerde von Seiten Mr Crowns handelt?«
»Warum glauben Sie, dass es mit Mr Crown zu tun hat?«, fragte Jess.
»Weil er vorhin mit mir gesprochen hat. Er sah sehr verärgert aus und stellte die gleichen Fragen. Er sagte, jemand hätte ihm einen Brief unter der Tür hindurchgeschoben, und er wüsste nicht, von wem dieser Brief stammte, was mir als sehr eigenartig erschien. Hatte er denn keinen Absender?«
»Es gibt ein paar Unstimmigkeiten«, sagte Jess vage. »Was ist mit dem Zimmermädchen, das die Zimmer auf dieser Etage macht?«
»Das ist Betty«, sagte er. »Warten Sie bitte einen Moment.« Er ging in sein Büro und kam fast augenblicklich wieder heraus, zusammen mit einer stämmigen Frau in einem Overall.
Jess stellte ihre Frage.
»Das war sicher Mr Crown«, schniefte Betty. »Er kam zu mir und hat nach einem Brief oder so gefragt. Ich weiß nichts von einem Brief.«
»Können Sie mir sagen, ob Sie jemanden draußen auf dem Gang gesehen haben, während Sie die Zimmer sauber gemacht haben? Irgendjemanden, der nicht dorthin gehört?«
»Nein«, antwortete Betty. »Ich hatte zu tun. Ich bin für die ganze Etage und die darüber zuständig. Ich kann nicht herumstehen und zugucken, wer kommt und wer geht und wer durch die Gänge läuft. Ich mache ein Zimmer, mache das Bett, reinige das Bad, leere den Papierkorb, dann gehe ich weiter zum nächsten, den ganzen Korridor hinunter. Anschließend sauge ich die Teppiche in sämtlichen Zimmern und im Gang. Danach gehe ich in die nächste Etage und fange von vorn an. Sie müssen mich gar nicht fragen, ob ich etwas gehört habe. Der Staubsauger macht einen Heidenlärm. Ich brauche einen neuen …« Sie brach ab und bedachte den Manager mit einem bedeutsamen Blick. »Ich höre nichts, und ich sehe nichts … Und ich weiß auch nichts
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