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Asche und Phönix

Asche und Phönix

Titel: Asche und Phönix Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer
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Seitenblick zu, um herauszufinden, ob sie sich über ihn lustig machte. Sie hatte noch immer die Kamera vor dem Gesicht, nahm sie nun aber herunter und lächelte.
    »Findest du das albern?«, fragte er.
    »Überhaupt nicht. Wir hatten doch alle unsere sprechenden Stofftiere.«
    »Ich meine, dass gerade ich dir davon erzähle.«
    »Gerade du?« Sie verzog den Mund. »Find dich mal damit ab, dass nicht jeder immer nur den Filmstar in dir sieht.«
    Das schien ihn zu verwirren, aber er hatte sich gleich wieder im Griff und blickte stumm nach vorne.
    Sie spürte, dass sie sein Vertrauen wieder verlor, und erschrak ein wenig darüber, wie schnell das ging. »Warum nennst du es das Mondhaus?«
    »Auf die Fassade hat jemand zwei Sicheln gemalt. Als Kind fand ich, dass sie wie zwei Monde aussahen.«
    »Und heute?«
    »Es ist nur ein altes Haus, das ist alles.« Er lächelte. »Jetzt du. Wann hast du angefangen, Sachen zu klauen?«
    Sie legte die Kamera auf ihren Schoß. »Vor ein paar Jahren. Erst nur Süßigkeiten und Bücher, dann mal ein Laptop auf den Stufen vor dem British Museum.« Sie sprach zum ersten Mal darüber, und plötzlich war es ihr unangenehm. »War nicht meine Schuld, dass der Typ nicht aufgepasst hat.«
    »Natürlich nicht.«
    Eine Weile war es still im Auto. Sie hatten das Radio ausgestellt, vorher war nichts als französischer Hip-Hop auf allen Kanälen gelaufen. Zwischendurch hatten die Sender vor der Waldbrandgefahr im Süden des Landes gewarnt. Parker übersetzte für Ash, dass es im Frühjahr an der Küste ungewöhnlich wenig geregnet hatte. In den vergangenen Monaten hatte es mehrere verheerende Feuer gegeben.
    Sie wurde allmählich schläfrig, zwang sich aber, wach zu bleiben. Sie glaubte nicht, dass er sie an der nächstbesten Raststätte hinauswerfen würde, aber ganz sicher war sie sich auch nicht.
    Während sie döste, blickte sie in die Fenster der Wagen, die sie auf der Autobahn passierten. Helle Gesichter, die im Vorbeifahren Schlieren zogen wie auf einem unterbelichteten Videofilm. Einige Male hob sie müde die Kamera und drückte auf den Auslöser, aber die Bilder zeigten nichts als gespenstische Schemen mit Flecken an Stelle von Augen und Mund. Vielleicht lag es an der Geschwindigkeit, sie hatte nie zuvor aus einem fahrenden Auto hinüber in ein anderes fotografiert.
    Schließlich mussten ihr doch die Lider zugefallen sein, denn ein schrilles Klingeln riss sie zurück in die Wirklichkeit. Parker hatte sein Smartphone in die Vorrichtung am Armaturenbrett eingehängt. Im Display stand Imperator Palpatine .
    Parker fluchte.
    »Ist er das?« Ihre Müdigkeit war wie weggeblasen. »Dein Vater?«
    Er nickte. »Bereit für die Royden-Cale-Show?« Als er das Gespräch annahm, drang Rauschen aus den Lautsprechern der Stereoanlage wie aus dem Inneren einer monströsen Muschel.
    »Dad«, sagte er ohne Emotion.
    Jemand atmete am anderen Ende und schwieg.
    Ash sah Parker fragend an. Kopfschüttelnd legte er einen Finger an die Lippen.
    Weitere Sekunden vergingen, dann fragte Royden Cale: »Wo bist du jetzt?« Ein tiefes Timbre, nicht unangenehm, aber ein dominanter, befehlsgewohnter Tonfall.
    »Bin unterwegs«, sagte Parker.
    »Wer ist bei dir?«
    Es lag auf der Hand, dass er oder Chimena diese Information von der Autovermietung erhalten hatte, und doch fühlte Ash sich auf der Stelle beobachtet, so als könnte Royden Cale ihr aus dem Rückspiegel ins Gesicht sehen.
    Parker ging nicht darauf ein. »Wie geht’s dir?«
    Cale gab keine Antwort.
    Die beiden hatten ein ernstes Kommunikationsproblem. Aber wer nicht, dachte Ash.
    »Gab’s schon Kritiken?«, fragte Parker.
    »Sie schreiben, du bist mit der Rolle erwachsen und zu einem richtigen Schauspieler geworden.«
    »Deine Zeitungen?«
    »Nicht nur die.«
    Sie beobachtete Parker aus dem Augenwinkel. Seine verkrampften Finger am Steuer und die pochende Ader am Hals verrieten, wie angespannt er war. Er hatte den Fuß ein wenig vom Gas genommen.
    »Was willst du, Dad?«
    »Du hättest mich vorwarnen können.«
    »Damit Chimena mich von den Mikrofonen fernhält?«
    »Sie will nur dein Bestes.«
    » Dein Bestes.«
    »Du musst herkommen«, sagte Cale. »Auf der Stelle.«
    Parkers Ausdruck verfinsterte sich. Ash konnte ihm ansehen, wie der Befehlston seines Vaters Widerwillen in ihm weckte. Seine Stimme wechselte von unterkühlt zu frostig: »Ich überlege mir noch, was ich als Nächstes tue.«
    Ash wandte den Blick ab und sah aus dem Seitenfenster. Die

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