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Aschebraut (German Edition)

Aschebraut (German Edition)

Titel: Aschebraut (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alison Gaylin
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wenn er mit einer solchen Stimme sprach. Denn dann klang er wie ein besorgter Psychotherapeut.
    »Wolltest du nicht fragen: ›Und, wie fühlen wir uns heute‹?«
    »Was?«
    »Schon gut. Hör zu, danke für die Polizeiakte von Tannenbaum.«
    »Keine Ursache.« Er räusperte sich kurz und wollte dann wissen: »Und wie kommst du mit dem Fall voran?«
    Sie schloss unglücklich die Augen. Sie hatte einfach nicht die Kraft für irgendwelchen Small Talk, und so sagte sie: »Es gefällt mir nicht, wie du mich in der letzten Zeit oft angesehen hast.«
    »Wie bitte?«
    »Als täte ich dir leid.«
    »Ich hatte nicht die Absicht, dir …«
    »Und ich will auch nicht über persönliche Dinge mit dir reden, Nick. Weder wenn wir uns morgen sehen noch jetzt am Telefon noch überhaupt jemals.«
    »Ich … Es tut mir leid, falls du dich über meine Mail geärgert hat.«
    Sie biss die Zähne aufeinander. Doch statt einfach aufzulegen, weil sie nie mehr mit ihm reden und ihn nie mehr sehen wollte, weil sie nie würde vergessen können, wie sie sich dann fühlte, sagte sie: »Ludlow ist tot.«
    »Was?«
    »Herzinfarkt. Wahrscheinlich waren Pillen im Spiel.«
    »Bei Errol Ludlow?«
    »Und Trent hat eine Überdosis Benzodiazepan geschluckt. Sie haben ihn noch rechtzeitig ins Krankenhaus gebracht, aber die Frau, die gestern Ludlow und dann heute ihm das Zeug verabreicht hat – und von der ich nicht mehr weiß, als dass sie einer von Errols Engeln war, dass sie Anfang zwanzig ist und sich wie eine Cartoon-Figur auf einer Cocktailserviette kleidet …« Brenna holte zitternd Luft. »… diese Frau ist vielleicht Lula Belle.«
    »O mein Gott, Brenna.«
    »Sie hat einem Hotelportier erzählt, ihr Name sei Clea.«
    »O Mann …«
    »Und … jetzt ist sie abgetaucht.« Ihr verschwamm die Sicht, und ihre Kehle war wie zugeschnürt. »Irgendwer erlaubt sich einen bösen Scherz mit mir. Irgendwer, der all diese Geschichten meiner Familie kennt, macht daraus Performance-Kunst, und dieser … dieser Freak von Mädchen hat etwas damit zu tun, aber ich habe keine Ahnung, wie ich sie aufspüren soll, weshalb, was du mir auch immer sagen willst …«
    »Das kann warten.« Seine Stimme hatte einen warmen, weichen Klang.
    »Bis in alle Ewigkeit?«
    »Bis in alle Ewigkeit.«
    Brenna hörte einen Wagen auf der Straße unter ihrem Fenster und das Dröhnen des Basses seiner Stereoanlage und wäre am liebsten abgehauen. Nicht nur aus ihrer Wohnung, sondern auch vor ihrem eigenen Gehirn.
    Ein paar Tränen liefen ihr über die Wangen.
    »Und, wie fühlen wir uns heute?«, fragte Nick.
    Verzweifelt wischte Brenna sich die Tränen fort. »Ich weiß es nicht.«
    »Sag es mir«, bat er. »Ich bin für dich da.«
    »Verloren«, antwortete sie. »Verwirrt, verängstigt, unsicher.« Abermals holte sie zitternd Luft. »Einsam.«
    Eine Weile sagten beide nichts. Sie waren einfach da und atmeten ins Telefon.
    »Brenna?«, fragte er sie schließlich.
    »Ja?«
    »Willst du, dass ich rüberkomme?«
    »Ja.«
    Und ehe sie es sich noch einmal anders überlegen konnte, legte er auf.

19
    Sie sprachen nicht über die Dinge, die geschehen waren, sprachen überhaupt kein Wort. Es gab keine Diskussion darüber, was das zu bedeuten hatte. Oder wie sie beide sich deswegen fühlten oder ob sie damit einverstanden waren. Oder was sie davon hielten oder wenigstens, was sie im Anschluss zueinander sagen würden.
    Nein, in diesem Augenblick gab es nur das.
    Brenna öffnete ihm die Wohnungstür, stürzte auf ihn zu, presste ihm die Lippen auf den Mund, den Hals, die Brust, sog den Duft von seiner Seife in sich ein, riss an den Knöpfen seines Hemds, spürte seine Hände erst in ihrem Haar und dann an ihrem Körper …
    Und streckte die Hand nach seiner Gürtelschnalle aus.
    »Warte«, bat er. »Maya.«
    »Ist nicht da.« Trotzdem zog sie ihn den Flur hinunter bis in ihr Schlafzimmer, schloss die Tür und sperrte ab. Denn sie sehnte sich nach einem geschützten Raum.
    Dann zog sie ihn erneut zu sich heran. Da die Gläser beschlugen, nahm er seine Brille ab, und der Blick, mit dem er sie bedachte, drückte weder Freundlichkeit noch Traurigkeit noch Mitleid aus … Eher das Gegenteil.
    Ihr Puls fing an zu rasen, und sie flüsterte: »Die Wände sind entsetzlich dünn. Wir müssen leise sein.«
    Und dann drückte er sie an die Wand, sie rissen sich die Kleider von den Leibern, Knöpfe flogen durch die Gegend, Reißverschlüsse wurden aufgezerrt, und dann waren da nur noch Hände,

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