Aschebraut (German Edition)
da.
Mit freundlichen Grüßen, Charlie Frankel
P. S.: Pokrovsky schätzt Sie sehr.
Brenna musste lächeln. Falls der Mann tatsächlich irgendwelche Leichen unter seiner Fensterbank gestapelt hatte, dann war ihr das jetzt vollkommen egal.
Was zieht man zu einem Gespräch mit einem Porno-Mogul an? Diese Frage war nicht einfach zu beantworten, aber schließlich hatte Brenna noch ein wenig Zeit zum Überlegen, und vor allem hatte sie die Polizeiakte von Tannenbaum bisher noch nicht gesehen und rief sie deshalb erst mal auf.
Sie war nicht gerade dick. Außer einer flüchtigen Beschreibung von RJ und dem betroffenen Haus wies sie allerdings auch noch die Aussage des Hausbesitzers auf.
»Wir hatten das Gefühl, dass es eine Art schulinterner Mutprobe gewesen ist«, hatte der Hausbesitzer den Beamten erklärt, die den zweiundvierzigjährigen Verdächtigen verhaftet hatten. »Im Haus hat nichts gefehlt. Ich habe selbst meinen Abschluss an der Filmakademie gemacht und gebe hin und wieder Kurse dort. Deshalb dachte RJ offenbar, dass er mich kennt.«
Brenna seufzte. Vielleicht ist der Mann ja Spielberg.
Aber als sie weiter bis zu seinem Namen las – der in Großbuchstaben unter seiner Aussage und über der Bemerkung Ermittlungen eingestellt zu finden war –, riss sie die Augen auf. »Aber hallo.«
Dass RJ bei Gary Freeman eingebrochen war, konnte unmöglich ein Zufall sein.
N
Gary starrte auf den kurzen Brief in seinem Schoß. Er hatte ihn bereits ein Dutzend Mal gelesen, las ihn aber trotzdem immer wieder – so als würden sich die Buchstaben, wenn er sie häufig genug las, neu sortieren und ihm etwas mitteilen, was weniger erschreckend für ihn war.
Gary,
DeeDee hat angerufen und gesagt, es wäre ›vollbracht‹.
Jill
Er hatte die Notiz am Morgen nach dem Aufwachen auf seinem Nachttisch liegen sehen. Nach einer Nacht mit großartigem Sex mit Jill hatte er zum ersten Mal seit Monaten oder vielleicht gar Jahren das Gefühl gehabt, dass alle Schwierigkeiten überwunden waren. Seine Geldprobleme würden sich auf irgendeine Weise lösen. Die Rezession wäre ganz sicher bald vorbei, er fände neue Kundschaft, und wenn Lula Belle von nun an nicht mehr Teil von seinem Leben wäre, sollte es vielleicht einfach so sein. Schließlich hatte er seine Erinnerungen an die Zeit mit ihr. Vielleicht hatte die Vergangenheit ja endgültig genug von ihm. Und ließ endlich zu, dass er wieder nach vorn schaute.
Das hatte er gedacht. Und hatte sogar den Bob-Marley-Song im Kopf gehabt. Everything gonna be all right … Was für ein Witz.
Denn er hatte den Arm zur Seite ausgestreckt, um Jills weiche Wange zu berühren, bevor seine Hand auf ihrem Kopfkissen gelandet war, und auf die Uhr gesehen. Bereits halb elf. Warum hat mich niemand aufgeweckt? , hatte er sich gefragt und den Notizzettel auf seinem Nachttisch liegen sehen. Jill hatte ihn so sorgfältig wie ein Geschenk oder eine schöne Überraschung für Gary gefaltet.
Deshalb hatte er den Zettel eilig auseinandergefaltet …
… und das Gefühl gehabt, als hätte jemand ihm mit aller Kraft in den Unterleib geboxt.
DeeDees Name in der Handschrift seiner Frau. Ein Fausthieb in den Magen hätte ihn erheblich weniger geschmerzt.
Wie hatte er nur derart glücklich lächeln können, als er vorhin wach geworden war?
Und statt des Bob-Marley-Liedes hatte er inzwischen einen anderen Song im Kopf. Hörte ihn, seit er Jills Brief gefunden hatte, ein ums andere Mal. Was für ein grausamer DJ sein Gehirn doch war …
Oliver’s Army von Elvis Costello war ihr Lieblingslied gewesen. Die Route 666 in Utah hatte sie nach einer Zeile aus dem Lied getauft. Murder Mile, die Mörderstrecke, denn die Zahl hatte ihr Angst gemacht. Aber das war dumm, und das hatte Gary ihr auch gesagt. Menschen waren etwas, wovor man sich fürchten sollte, Zahlen aber nicht.
»Wir könnten die ganze Nacht durchfahren«, hat der Junge gesagt. Nur er und ich. »Wir könnten die Mörderstrecke nehmen und im Rückspiegel die Sonne aufgehen sehen …«
Gary kniff die Augen zu. Schließ diese Tür sorgfältig ab und wirf den Schlüssel fort. Er faltete den Zettel wieder sorgfältig zusammen, aber dadurch, dass er ihn in seiner Brieftasche verschwinden ließ, machte er es nicht ungeschehen. Es war passiert. Jill hatte diesen Brief geschrieben. Jetzt war der sprichwörtliche Augenblick gekommen, an dem es kein Zurück mehr für ihn gab.
O DeeDee, warum, warum, warum? Wie konntest du das tun? Was hast du mit dem
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