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Aschebraut (German Edition)

Aschebraut (German Edition)

Titel: Aschebraut (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alison Gaylin
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Brenna an.
    N
    Noch immer hatte Gary Brenna nicht zurückgerufen, und ihr schwirrten unzählige Fragen durch den Kopf. Von denen die erste lautete: Warum zum Teufel ruft mich Gary Freeman nicht zurück?
    Wenn sie ehrlich war, fürchtete sich Brenna vor der Antwort. Denn bei jedem Fall, den sie bisher als Detektivin angenommen hatte, hatte sie als Erstes den Klienten gründlich überprüft – nicht nur, um sich zu vergewissern, dass er zahlen konnte, sondern auch oder vor allem, weil sie hatte wissen wollen, wer genau er war. Kaum ein Job verlangte ähnlich viel Vertrauen wie die Suche nach Vermissten. Denn falls irgendwer aus gutem Grund verschwunden war, wollte er ganz sicher nicht von dem Menschen gefunden werden, vor dem er geflüchtet war. Deshalb musste man den Suchenden vertrauen – musste glauben, dass sie den Vermissten wohlgesinnt waren.
    Musste diese Leute kennen.
    Aber Gary Freeman kannte Brenna nicht. Sie hatte nie dieselbe Luft wie er geatmet und ihn, abgesehen von den Dingen, die sie über Google hatte in Erfahrung bringen können, nicht mal gründlich überprüft. Er war ein erfolgreicher Agent mit einer hübschen Frau, drei hübschen Kindern und einem ausnehmend freundlichen Gesicht, aber schließlich hatte er sich selbst im Netz so dargestellt. In Wahrheit hatte Brenna keine Ahnung, wer er war.
    Und am schlimmsten war, dass Errol Ludlow ihr den Mann vermittelt hatte, ein Kollege, der – auch wenn sie hoffte, dass er jetzt in Frieden ruhte – weniger vertrauenswürdig als die meisten Ehemänner, die er eines Fehltritts hatte überführen sollen, war und für den die Überprüfung von Klientinnen mit einer Vermessung ihrer Oberweite abgetan gewesen war.
    Trotzdem hatte sie ihn angenommen – dieses unbeschriebene Blatt mit Namen Gary Freeman, der sie ganz eindeutig angelogen hatte, als sie hatte wissen wollen, ob der Name RJ Tannenbaum ihm etwas sagte, diese unbekannte Größe, die sie auf Empfehlung eines heimtückischen Mistkerls angerufen hatte und aus deren Mund vielleicht bisher kein wahrer Satz gekommen war.
    Sie hatte ihn – weshalb? Weil seine Stimme nett geklungen hatte? – nett gefunden. Und sich auf Geheimhaltung einschwören lassen und bisher selbst ihrem Assistenten gegenüber Stillschweigen über den Mann bewahrt, während gleichzeitig zahlreiche andere unbeschriebene Blätter in ihr Leben eingedrungen waren – Diandra, Robin Tannenbaum, Shane Smith … und das alles wegen eines Schattens, eines kranken Fetischs, der rein zufällig Geschichten aus Brennas Familie zu kennen schien.
    Was ist nur mit mir los?
    War ihre Besessenheit von ihrer Schwester derart stark und ungesund? Riskierte sie ihr Leben und die Leben ihrer Lieben für die bloße Möglichkeit, dass Clea im Internet mit falschem Südstaatenakzent und nackt irgendwelche Yogaübungen vollführte und gleichzeitig böse Späße mit Brennas Gedanken trieb?
    »Alles in Ordnung?«, fragte Trent.
    Sie war bei ihm im Krankenhaus und arrangierte gerade einen Blumenstrauß, den sie im Geschenkshop gekauft hatte und der im Vergleich zu den zwei Dutzend Sterling-Rosen, die er von Annette geschickt bekommen hatte, eher ärmlich war. Doch noch immer brachte Brenna es nicht über sich, das Vertrauen ihres Klienten zu missbrauchen.
    »Ja«, erklärte sie. »Warum?«
    »Nun, zum einen sieht man dir bestimmt nicht an, dass du gerade vom glücklichsten Ort der Erde kommst.«
    »Von Happy Endings .«
    »Siehst du? Selbst der Name klingt schon glücklich, aber wie du guckst, könnte man meinen, dass du … hmmm … eine Beerdigung hinter dir hast, auf der als einzige Musik lauter Zeug von Tori Amos kam.«
    »Ich höre Tori Amos durchaus gern.«
    Trent stieß einen Seufzer aus. »Warum so traurig? Schließlich hat man mir die Überdosis Pillen verpasst.«
    »Ich bin nicht traurig«, meinte sie. »Ich bin einfach … frustriert.«
    »Warum?«
    »Es liegt an diesem Fall. An Lula Belle«, erklärte sie. »Ich habe das Gefühl, als würde jedes Mal, wenn wir an einer Stelle etwas Licht ins Dunkel bringen, alles andere in noch tieferer Finsternis versinken.«
    Trent schaute sie mit einem leichten Lächeln an. Er sah schon viel gesünder aus, hatte wieder Farbe im Gesicht, und die Schnittwunden von ihrem Autounfall fielen kaum noch auf. Die Zähigkeit der Jugend, dachte sie.
    »Was willst du?«, fragte er. »Wir suchen schließlich einen Schatten.«
    »Ja, ich weiß. Ich nehme an, ich frage mich, warum.«
    »Nun, darüber habe ich schon

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