Aschebraut (German Edition)
ist.«
»Ihre Schwester ist Schauspielerin?«
»Ich habe keine Ahnung, was sie ist. Ich weiß nur, dass sie verschwunden ist. Seit ich ein kleines Mädchen war, aber ich will sie wiederhaben.«
»Ist sie abgehauen?«, fragte er. »Oder hat jemand sie entführt?«
»Sowohl als auch.«
»Warum wollen Sie sie wiederhaben?«
Sie bedachte ihn mit einem durchdringenden Blick, die unterkühlte Luft im Besuchszimmer wurde so warm und feucht und drückend wie die Luft, die am 7. September 1981 durch die offenen Fenster in das Wohnzimmer des Hauses in City Island gedrungen war, und sie hörte die Stimme ihrer Mutter, die sie dafür hasste, dass Clea verschwunden war …
»Verschwinde aus meinem Haus.«
»Clea hat zu mir gesagt, dass ich dir nichts verraten darf. Deshalb habe ich dir nichts erzählt. Weil Clea mich gezwungen hat, ihr zu verspre…«
»Sie ist jetzt seit zwei Wochen weg, Brenna. Inzwischen könnte deine Schwester tot sein.«
»Mom, es tut mir leid.«
»Wenn sie tot ist, ist das deine Schuld. Es ist deine Schuld, dass sie verschwunden ist. Also verschwinde auch du aus meinem Haus.«
Brenna kniff sich in die Handflächen. Die Frau zu ihrer Linken brüllte den Gefangenen, den sie besuchte, an. »Du mieses Schwein!«, schrie sie, und mit einem Mal erkannte Brenna, dass sie haargenau wie ihre Mutter damals klang.
»Ich will meine Schwester wiederhaben«, wandte sie sich abermals Orion zu, »weil es meine Schuld war, dass sie damals nicht gefunden worden ist.«
»Sie sieht Ihnen kein bisschen ähnlich. Aber was weiß ich. Ich wusste schließlich nicht einmal, dass Spielberg derart stämmig ist.«
Brenna riss die Augen auf. »Wer?«
»Was wer?«
»Wer sieht mir nicht ähnlich? Von wem reden Sie?«
»Von Ihrer Schwester. Von der Tussi, die mit ihm zusammen war. Erstens ist sie blond, und zweitens hat sie einen Riesenvorbau.«
Sie starrte Orion an. Diandra?
Er hob abwehrend die Hand. »Ich wollte Sie nicht beleidigen. War nur eine Feststellung.«
»Sie haben sie gesehen.«
»Ja. Als er in dem Haus gefilmt hat.«
»Sie haben eine blonde Frau gesehen, die mit Steven Spielberg in ein Haus gegangen ist.«
Er schüttelte den Kopf. »Sie war schon vorher da. Er hat sie dort getroffen. Und er hatte seine Kamera dabei.«
Brenna umklammerte den Hörer und presste ihn noch ein wenig fester an ihr Ohr. »Was für eine Kamera?«
»Eine Kamera, mit der man Filme dreht. Ein wirklich schickes Teil.«
»Die Blondine mit dem großen Vorbau«, sagte sie. »War sie viel jünger als ich?«
»Ich kann nie wirklich sagen, wie alt die Leute sind. Spielberg sah viel jünger aus, als ich gedacht hätte, aber vielleicht lag das auch nur daran, dass er nicht so dünn wie auf den Fotos war. Oder an der Kappe.«
»An was für einer Kappe?«
Jetzt schrie die Frau zu Brennas Linken: »Meinetwegen! Mach doch Schluss! Hast du hier drin ein Flittchen aufgerissen, oder was? Ist die netter zu dir als ich?«
Brenna stopfte sich den Zeigefinger in das linke Ohr, doch dadurch wurde das Geschrei lediglich etwas gedämpft. »An was für einer Kappe?«, wiederholte sie.
»Einer Baseballkappe«, antwortete er. »Von den L. A. Dodgers. Aber die durfte ich hier drinnen nicht behalten.«
Tannenbaum. »Sie haben ihm die Kappe abgenommen?«
»Nein, er hat sie mir geschenkt.«
»Bevor er in das Gebäude ging oder als er wieder rauskam?«, hakte sie nach, und Orion blinzelte verwirrt.
»Hä?«
»Ich hasse dich!«, kreischte die Frau.
Brenna kniff die Augen zu, schlug sie wieder auf und sagte in möglichst ruhigem Ton: »Hat Steven Spielberg Ihnen die Kappe geschenkt, bevor er in das Haus ging oder …«
»Nein.« Orion schüttelte den Kopf.
»Nein?« Allmählich wünschte Brenna sich, sie wäre doch Psychiaterin – denn dann würde sie vielleicht ein wenig leichter zu ihm vordringen. »Nicht ›ja oder nein‹, sondern ›entweder oder‹, Orion. Er hat Sie Ihnen entweder geschenkt, bevor er in das Haus gegangen, oder, als er wieder rausgekommen ist …«
»Er hat sie mir weder beim Reingehen noch beim Rauskommen geschenkt.«
»Dann haben Sie die Kappe also doch geklaut? Ohne dass er etwas davon mitbekommen hat?«
»Nein!«
»Mir reicht’s, ich gehe!«, schrie jetzt die Frau.
»Würden Sie mir bitte helfen?«, flehte sie Orion an.
»Nicht Spielberg hat sie mir geschenkt, sondern der Typ aus seiner Crew, der mit der Blondine aus dem Haus gekommen ist. Warum hört mir niemals jemand richtig zu?«
Brenna sah ihn fragend
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