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Aschebraut (German Edition)

Aschebraut (German Edition)

Titel: Aschebraut (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alison Gaylin
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ersten Mal seit einer Ewigkeit war Brenna dankbar für die Störung, die sie nie etwas vergessen ließ. Denn ohne sie wäre sie sicher ein ums andere Mal versucht, die Dinge, die sie sich wünschte, als Tatsachen zu sehen. Dann wäre ihre Vergangenheit nicht ihre wirkliche Vergangenheit, sondern eine Fiktion, ein von ihr selbst gedrehter Propagandafilm, der dafür sorgen sollte, dass sie ihre falsche Hoffnung nicht verlor.
    Und das halten die Menschen für normal ?
    »Wahrscheinlich hast du recht«, wollte sie zu ihrem Assistenten sagen, brachte aber den Gedanken nicht zu Ende, weil sie plötzlich abermals den kreuzgerippten Kühlergrill und die 61 auf dem Nummernschild im Rückspiegel entdeckte, während gleichzeitig die Hintertüren des Ford Taurus aufgerissen wurden, ehe sich von jeder Seite jemand auf die Rückbank warf.
    »Meine Güte, Trent, warum hast du denn die Türen nicht verriegelt?«, platzte es aus ihr heraus.
    Dann aber schlang sich ein dicker Arm um ihren Hals, sie spürte die scharfe Spitze eines Messers direkt unter ihrem Kinn und hielt es erst mal für das Beste, ihren Mund zu schließen und zu beten, dass nicht noch was Schlimmeres geschah.

9
    »Was ist los, Daddy?«
    Wo soll ich da anfangen? , fragte sich Gary, der, den Kopf zwischen den Händen, in der Küche saß und nirgendwo beginnen konnte – ganz bestimmt nicht gegenüber seiner jüngsten Tochter Hannah, die hereingekommen war, um ihn zu fragen, warum ihr die Zahnfee letzte Nacht nur zehn Dollar gebracht hatte statt der gewohnten zwanzig.
    Gary richtete sich auf. »Nichts ist los, Schätzchen.«
    »Glaubst du, dass die Zahnfee böse auf mich ist?«
    Er sah in Hannahs Gesicht und merkte, dass er daran dachte, wie er sie im Arm gehalten hatte, als sie auf die Welt gekommen war – drei Wochen zu früh und so viel kleiner als die beiden Schwestern, aber wegen des erforderlichen Kaiserschnitts mit einem perfekten runden kleinen Kopf. Ich werde dich beschützen, hatte er dem Baby Hannah leise zugeflüstert. Hannah, deren kleine Finger sich bewegt hatten und deren blaue Augen ob des Wunders, dass sie etwas sehen konnten, riesengroß gewesen waren. Bei mir wirst du immer sicher sein.
    Oder hatte er das Tessa zugeraunt?
    Gott, er hasste es, dass er sich zwischenzeitlich nur noch mühsam an all das erinnern konnte, was in seinem Leben positiv gewesen war – dass er das, woran er sich erinnern wollte, immer mehr vergaß, während das, was er lieber vergessen würde, laut in seinem Inneren schrie, bis er sich aus Verzweiflung auf die Ohren schlug. »Das war bestimmt nur ein Versehen. Die Zahnfee liebt dich, Hannah.«
    Seine Tochter runzelte die Stirn. »Du siehst traurig aus.«
    »Ich bin nur müde, Schatz.« Er versuchte, da zu sein , wie es in Jills Atemkurs geheißen hatte, doch es fiel ihm furchtbar schwer, für Hannah da zu sein und sich auf sie zu konzentrieren statt auf die Stimme, die ihm einfach nicht mehr aus dem Kopf zu gehen schien. Errol Ludlows selbstzufriedene, überdeutliche Stimme, die er noch genauso deutlich hörte wie bei dessen Anruf, der vor zwei Stunden auf seinem Prepaid-Handy eingegangen war – eine schreckliche Erinnerung, die nicht verklingen würde, wenn er sich nicht weiter auf die Ohren schlug. Ich weiß, Sie haben mich gebeten, nicht noch einmal anzurufen. Aber ich hatte gerade ein fas-zi-nie-ren-des Ge-spräch mit Ihrer Frau.
    Wie hatte Jill das Telefon entdeckt? Warum hatte sie bei Errol Ludlow angerufen, statt Gary zu fragen, was es mit dem Handy auf sich hatte? Weswegen geriet sein Leben immer mehr aus dem Gleichgewicht?
    Jill dachte, Sie hätten ein Verhältnis, aber ich konnte sie beruhigen. Nur wird es Sie etwas kosten, wenn ich das auch weiter machen soll.
    Und was hatte Gary daraufhin gesagt? Nicht: Wie können Sie es wagen? , oder: Dafür zeige ich Sie an. , oder einfach: Lecken Sie mich doch am Arsch. Nein, er hatte nur gefragt: Wie viel?
    Wir könnten mit zwanzig Riesen im Monat anfangen.
    Kann ich Sie nachher noch mal zurückrufen?
    Ich warte genau bis 17 Uhr Ostküstenzeit.
    »Kann ich dich etwas fragen, Hannah?«
    »Sicher.«
    »Wie würdest du dich fühlen, wenn … wenn wir uns bei unseren Ausgaben ein bisschen einschränken müssten?«
    Hannah runzelte erneut die Stirn. »Was meinst du mit einschränken ?«
    »Nun, zum Beispiel die Ballettstunden. Würde es dir etwas ausmachen, eine Zeitlang nicht dort hinzugehen?«
    Ihre Lippen fingen an zu zittern. »Ich liebe meine Ballettstunden«,

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