Aschebraut (German Edition)
wortkarge Diddley völlig irre und vor allem hochgefährlich tat. Wie lange hatten sie den Auftritt wohl geprobt? Er war nervig und beleidigte Brennas Intelligenz, doch im Grunde dachte sie allein deswegen darüber nach, weil das leichter war, als sich zu fragen, ob sie wohl mit heiler Haut aus diesem Wagen kam.
»Und wie heißt ihr beiden Kleinen?«, wollte Bo wissen.
Ihr beiden Kleinen? , dachte Brenna. Hat der Kerl das tatsächlich gesagt? Ihr Handy vibrierte abermals, und sie räusperte sich möglichst laut. »Mein Name ist Betty«, sagte sie zu Bo. »Und das ist meine Freundin Veronica.«
»Na, vielen Dank«, raunte Trent, Bo aber fing brüllend an zu lachen, und genau das hatte Brenna sich von diesem Satz erhofft. Trent lag ihr bereits seit Jahren mit der Bitte in den Ohren, sich endlich ein Smartphone zuzulegen, doch da ihr Gedächtnis zehnmal besser war, hatte sie einfach keinen Sinn darin gesehen. Und darüber war sie jetzt sehr froh.
Denn das durchschnittliche Smartphone war recht groß und, selbst wenn es nur vibrierte, schrecklich laut. Ihr Handy hingegen war so winzig, dass es mühelos auch in die kleinste Tasche passte, und vor allem so diskret, dass sich sein Vibrieren durch das Lachen eines durchschnittlichen Kidnappers problemlos übertönen ließ.
Inzwischen hatte Bos Gelächter offiziell die Grenze zwischen leicht exzentrisch und psychotisch überschritten, und sie hatte die Befürchtung, dass eins seiner Blutgefäße platzen könnte wegen all des Bluts, das ihm bei seinem lauten Wiehern in den Kopf geschossen war.
Diddley drehte sich – wahrscheinlich ungläubig – zu seinem Partner um, und das Messer drückte nicht mehr ganz so fest in Brennas Hals. Unauffällig ließ sie die Hand in ihre Hosentasche gleiten, schob ihr Handy auf, drückte auf den grünen Knopf und steckte das Gerät vorsichtig zwischen sich und ihren Sitz. All das dauerte nur fünf Sekunden, doch es fühlte sich viel länger an, als zöge jede einzelne Bewegung sich absichtlich in die Länge, damit einer von den beiden Kerlen mitbekäme, was sie tat.
Schließlich lag das Handy sicher in den Polstern hinter ihr. Geschafft. Natürlich konnte sie nicht wissen, wer am anderen Ende der Leitung war, doch sie konnte es sich schwerlich leisten, wählerisch zu sein.
»Wo bringen Sie uns hin?«, erkundigte sie sich, als Bos Gelächter irgendwann erstarb, und wagte einen kurzen Blick in den Rückspiegel des Fords. Mit seiner dicken Muskel-Fett-Schicht sah er wie ein alternder Footballspieler aus, wohingegen Diddley – das hieß das, was sie von Diddley sah – jünger und eher drahtig war. Beide hatten kantige Gesichter, militärisch kurzgeschnittenes Haar – Bo leicht angegraut und Diddley blond gefärbt – und trugen sehr dunkle Sonnenbrillen, was zwar durchaus furchteinflößend wirkte, Brenna aber Hoffnung gab. Sie wollten nicht, dass Trent und sie ihre Gesichter sahen. Dann würden sie sie vielleicht doch nicht umbringen.
Oder vielleicht hatten sie auch einfach was dagegen, dass ihnen die Sonne in die Augen schien.
»Ich habe gefragt, wo Sie uns hinbringen.«
Diddley beugte sich ein wenig vor und legte seinen Mund an Brennas Ohr. »Zum Fluss. Denn dort werden wir euch ersäufen, wenn ihr uns nicht sagt, wo RJ ist.«
»Was für ein RJ?«, platzte es aus Trent heraus.
»Ah, Veronica. Glaub mir, du willst sicher keine Spielchen mit uns spielen.« Noch immer lag ein Lächeln in Bos Stimme, aber gleichzeitig holte er hörbar Luft und entsicherte mit einem leisen Klick die Waffe, deren Lauf noch immer auf Trents Schädel wies.
»Bitte …«, krächzte Trent. »Bitte. Ich … ich lenke schließlich den Wagen.«
Brenna atmete tief durch. Verlier jetzt um Himmels willen nicht die Nerven. »Ehrlich«, versicherte sie. »Wir kennen keinen RJ.«
Diddleys Griff um ihr Genick verstärkte sich. »Blödsinn, Betty.«
»Ich würde Sie ganz sicher nicht belügen.«
»RJs Mom hätte seinen Computer doch ganz sicher nicht zwei völlig Fremden mitgegeben.«
Brenna schluckte. Gruß, RJT. »RJ ist Robin Tannenbaum.«
»Bravo, Betty«, gratulierte Bo. »Ich würde dir ja applaudieren, aber wie du siehst, hab ich die Hände voll.«
»Bitte sichern Sie die Waffe wieder«, flehte Trent.
»Sag schön ›bitte, bitte‹.«
Er atmete zitternd ein. »Bitte, bitte.«
Bo erfüllte ihm den Wunsch, und Brenna atmete erleichtert auf.
»Dann hört ihr also endlich auf, uns zu belügen.«
»Hören Sie zu. Wir sind diesem RJ niemals
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