Aschebraut (German Edition)
soll. Aber so, wie er mit seiner Mutter umgesprungen ist, hätte er noch deutlich Schlimmeres als einen Klaps aufs Hinterteil verdient.«
»Er war erst fünfzehn, als Sie eingefahren sind«, warf Morasco ein.
»Ja.« Pokrovsky zog den Vorhang vor dem Fenster ein wenig zurück, blickte blinzelnd auf die Straße, und im hellen Licht sah sein Gesicht noch schwächer aus. »Als ich wieder rauskam, waren, abgesehen von dieser Wohnung, alle meine Immobilien weg. Walter war gestorben, und ich dachte, Hildy würde jetzt allein in der Wohnung leben. Dass ihr Sohn noch da war, hat mich völlig überrascht.«
»Dann ist er also nie zu Hause ausgezogen?«, hakte Brenna nach.
»Nein, er kam und ging, aber am Ende war er immer wieder da. Vor drei Jahren ist er an eine Filmschule nach Kalifornien gegangen. Ein zweiundvierzigjähriger Mann. Unglaublich, oder nicht? Schließlich ist eine Filmschule nicht mal dann was Richtiges, wenn man noch jung ist und sich ausprobieren will!«
Brenna nickte zustimmend.
»Und schon wieder durfte seine arme Mutter alles für ihn zahlen.«
»Hat er das Studium dort abgeschlossen?«
Pokrovsky stieß ein verächtliches Lachen aus. »Nach drei Monaten war dort schon wieder Schluss für ihn.«
»Oh.«
»Ich weiß, ich habe in meinem Leben nicht immer die weisesten Entscheidungen getroffen«, wandte sich Pokrovsky an Morasco. »Wenn ich noch einmal von vorn anfangen müsste, würde ich bestimmte Dinge anders machen, hätte mehr Verantwortungsgefühl, wäre nicht mehr derart impulsiv. Aber ich habe, seit ich dreizehn war, das Geld für mich und meine Familie verdient, und ich wäre eher gestorben, als meine Mutter je so zu behandeln, wie Hildy von diesem Jungen behandelt worden ist. Als ob sie seine Sklavin wäre«, echauffierte sich der alte Mann.
»Dann ist er also nicht lange in Kalifornien geblieben?«, fragte Brenna, und er schüttelte den Kopf.
»Nur ein paar Monate. Ich glaube, einmal hat er es sogar geschafft, sich während seiner Zeit dort festnehmen zu lassen. Wegen Einbruchs oder so.«
»Und Hildy hat die Kaution für ihn gestellt?«
»Davon hat sie nie etwas gesagt, aber ich bin sicher, dass es so gewesen ist. Sie flog nach Kalifornien und kam dann mit diesem nichtsnutzigen Kerl zurück.«
Brenna schüttelte den Kopf.
»Dieser junge Mann hatte in seinem ganzen Leben nur einen einzigen vernünftigen, bezahlten Job – als Cutter von Erwachsenenfilmen. Und den hatte ich ihm besorgt.«
Brenna blickte ihn mit gehobenen Brauen an.
»Der Mann, dem das Unternehmen gehört, schuldete mir noch einen Gefallen.«
»Das war nett von Ihnen.«
»Oh, das habe ich ganz sicher nicht für ihn, sondern einzig seiner Mutter zuliebe getan. Manche Menschen werden mit einer ausgeprägten Arbeitsmoral geboren, und andere muss man dazu zwingen, dass sie jemals etwas tun.« Wieder sah er aus dem Fenster, schüttelte den Kopf und blickte dann Brenna an. »Wollen Sie wissen, warum ich ihm das Geld geliehen habe?«
»Wahrscheinlich nicht, weil Sie der Ansicht waren, es wäre bei ihm gut angelegt.«
Er stieß ein lautes Schnauben aus. »Sie sind lustig. Nein, ganz sicher nicht.«
Sie sah ihn abwartend an, und schließlich fuhr er fort: »Er wollte dieses Geld für eine dämliche Kamera. Er meinte, er wäre an einem Projekt dran, das die Welt verändern würde – was aus meiner Sicht derselbe Schwachsinn wie die Filmschule in Kalifornien war.«
»Haben Sie denn wenigstens geglaubt, dass er es jemals schaffen würde, Ihnen dieses Geld zurückzuzahlen?«
»Nein.«
Morasco sah ihn fragend an. »Warum haben Sie es ihm dann überhaupt gegeben?«
Pokrovsky grinste, und in diesem Augenblick erhaschte Brenna einen Blick auf den harten, gnadenlosen Mann, der er einmal gewesen war. »Ich habe es dem Kerl geliehen, weil ich wusste, dass er es mir nie würde zurückbezahlen können.«
»Und Sie haben sich darauf gefreut, ihn dafür zu bestrafen«, führte Brenna weiter aus.
»Sie sagen es.«
Auf dem Weg hinunter zu Hildys Wohnung wandte Brenna sich Morasco zu und fragte ihn im Flüsterton: »Was für ein Mensch leiht sich von einem solchen Typen Geld?«
»Die Art Mensch, die sich auch noch mit fünfundvierzig ihre Wäsche von der Mutter machen lässt.«
»Wir wissen nicht, ob sie ihm noch die Wäsche macht.«
»Das stimmt«, räumte Morasco ein. »Wie wäre es mit der Art Mensch, die mit zweiundvierzig ihre Ausbildung an einer Filmschule abbricht, sich wegen Einbruchs verhaften lässt und sich 25
Weitere Kostenlose Bücher