Aschebraut (German Edition)
mag es, wenn er lacht. Dreht den Kopf, um ihn lachen zu sehen, und spürt seine Fingerspitzen im Genick und in der Taille und die Lippen dieses Mannes … die, o ja, genau so sind, wie Lippen sein sollten … und lehnt sich wieder an ihn an. Es ist ganz leicht, als schmölze sie einfach dahin.
Er küsst sie, und seine Lippen sind so weich, und sie umfasst sein Gesicht mit ihren Händen und spürt die kratzigen Bartstoppeln auf seinen Wangen und die Knochen unter seiner warmen Haut. Ihr Körper entspannt sich, während eines Augenblickes ist sie hier … im Hier und Jetzt … und es ist einfach perfekt … und dann ist plötzlich der 25. Juni 1994, sie steht auf dem Dach ihres Apartmenthauses, hat die Sonne im Rücken und den Geschmack von Sekt auf ihren Lippen und wird so innig von Jim geküsst, dass sie das Gefühl hat, zu ersticken, und sie hätte in seinen Armen sterben können, und es wäre gut gewesen .
Dann macht Jim sich von ihr los, aber es ist nicht Jim, sondern Nick Morasco, und sie steht auf dem Parkplatz hinter dem O’Donnell’s, und es ist wieder der 9. November 2009. Ihr Magen zieht sich zusammen. »Was ist los?«
Er verzieht traurig – oder eher schmerzlich – das Gesicht. »Wir sehen besser zu, dass du langsam nach Hause kommst.«
Er weiß, dass ich mich an Jim erinnert habe, schießt es Brenna durch den Kopf. Er hat gespürt, wie ich ihm entglitten bin …
»Alles in Ordnung, Brenna?«, vergewisserte sich Nick, während sie noch sein Gesicht auf dem Parkplatz vor sich sah.
Sie schlug die Augen wieder auf. Sie waren nicht mehr weit von der Innenstadt entfernt, und in ein paar Minuten hätten sie ihr Ziel erreicht. Sie wollte ihm nicht sagen, was ihr gerade durch den Kopf gegangen war, aber sie hatte keine andere Wahl. »Nick?«
»Ja?«
»Als wir auf dem Parkplatz hinter dem O’Donnell’s waren und du dich von mir gelöst hast … hast du das getan, weil du an das gedacht hast, was meine Mutter gesagt hatte?«
Er starrte wieder reglos geradeaus. »Ja.«
Sie atmete erleichtert auf. »Das ist seltsam. Denn die ganze Zeit habe ich mir die Schuld daran gegeben.«
»Weshalb hättest du das tun sollen?«
Ihr Handy fing an zu vibrieren, aber für ein Telefongespräch war jetzt eindeutig nicht der rechte Augenblick. Und wozu war schließlich ihre Mailbox da? »Nur so.«
»Es tut mir leid«, erklärte Nick. »Ich habe den Augenblick zerstört.«
»Du solltest ein bisschen Mitgefühl mit meiner Mutter haben. Weil die Ärmste schließlich die einzig Normale von uns allen ist.«
Er sah sie mit einem schiefen Lächeln an.
»Und obendrein hat sie noch eine Enkelin, die noch mit dreizehn zahnt.«
»Die zahnt?«
Sie zuckte zusammen. »Schon gut. Ich habe nur kurz an den Quatsch gedacht, den Mom während des Essens geredet hat und über den ich mich später noch lustig gemacht habe. Du hast … du hast darüber gelacht …« Aus irgendeinem Grund fühlte sie sich mit einem Mal noch einsamer als sonst. Sie blickte aus dem Fenster und erklärte ihm mit rauer Stimme: »An der nächsten Abfahrt musst du raus. Die Werkstatt liegt an der Ecke 125. / First Avenue.«
Schweigend verließ er den FDR, fuhr die 125. hinauf, bis rechter Hand die Werkstatt kam, und hielt am Straßenrand. »Ich werde dir die Akte Tannenbaum besorgen«, sagte er Brenna zum Abschied zu. »Und ich sehe mal in unserem Wachbuch vom 6. Oktober nach – vielleicht gab es da ja irgendeinen Zwischenfall mit einem unbekannten Mann und einer teuren Kamera.«
»Danke.«
»Bist du sicher, dass du vollkommen in Ordnung bist?«
»Es geht mir gut.« Sie stieg entschlossen aus, wandte sich ihm zu und sah ihn durch das offene Wagenfenster an. »Wir sehen uns.«
Als er schluckte, nahm Brenna das Wippen seines Kehlkopfs überdeutlich wahr. »Pass auf dich auf.«
Sie schaute ihm hinterher, und erst nachdem der Wagen abgebogen war, fiel ihr wieder das Vibrieren ihres Handys ein. Sie zog es aus der Tasche, schob es auf und fand eine Nachricht auf der Mailbox vor. Von einer unbekannten Nummer. Doch noch ehe sie Gelegenheit bekam, die Nachricht abzuhören, kam der nächste Anruf – von derselben Nummer – und sie hob das Handy ans Ohr. »Ja?«
Eine junge Männerstimme fragte in geschäftsmäßigem Ton: »Ms Spector?«
»Ja?«
»Detective Tim Waxman vom 25. Revier. Ich frage mich, ob ich vielleicht persönlich mit Ihnen sprechen kann.«
»Über …«
»… einen Ihrer Bekannten.«
Einer der Mechaniker kam auf sie zu, doch
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