Aschebraut (German Edition)
000 Dollar von so einem Typen leiht, weil sie denkt, sie bräuchte eine tolle Kamera, um einen nackten Schatten aufzunehmen.«
»Okay, ich habe verstanden«, erwiderte Brenna. »Ich weiß übrigens nicht, ob du auf der Polizeischule gelernt hast, dass hundertjährige Gangster nicht immer die glaubwürdigsten Zeugen sind.«
»Ich habe ihm auf jeden Fall geglaubt.«
Inzwischen standen sie vor Hildys Tür, und als Brenna klopfte, machte Hildy ihnen so schnell auf, dass Brenna beinahe auf sie fiel.
»Hat er Robbie etwas angetan?«, fragte die alte Frau. »Ist er der Grund, weshalb Robbie verschwunden ist?«
»Es ist alles in Ordnung, Mrs Tannenbaum«, fing Morasco an.
»Nein, das ist es nicht. Sie kennen Mr Pokrovsky nicht. Er ist … er meint es gut, aber es wäre mir lieber … was hat er Ihnen erzählt?«
Brenna legte ihr eine Hand auf die Schulter. »Nichts, weshalb ich denken würde, dass er eine Ahnung hat, wohin Ihr Sohn verschwunden ist.«
»Sind Sie sich da sicher?«
»Ja«, erklärte Brenna, auch wenn das nicht stimmte. Weil sie sich im Augenblick in gar nichts sicher war. »Hildy?«
»Ja?«
»Warum haben Sie mir nicht erzählt, dass Robbie mal verhaftet worden ist?«
»Dass er … dass er was?«
»Mr Pokrovsky sagt, er wäre in Kalifornien verhaftet worden, und Sie hätten die Kaution für ihn gestellt.«
Hildy blickte zu Morasco auf. »Wovon redet sie?«
»Davon, dass er einmal irgendwo eingebrochen ist.«
Hildy entspannte sich. »Ach das.« Sie blickte wieder Brenna an. »Das ist Jahre her und nicht der Rede wert.«
»Er wurde immerhin verhaftet.«
»Das war nur ein Dumme-Jungen-Streich.«
»Ein Dumme-Jungen-Streich?«, hakte Morasco nach.
»Der Besitzer des Hauses hat nicht mal Anzeige erstattet. Es war ein Lehrer von der Filmakademie. Robbie hatte nichts gestohlen. Es war mehr eine Mutprobe. Und vor allem war das eindeutig nicht Robbies Schuld, sondern die von seinem Freund.«
»Seinem Freund?«
»Einem seiner Klassenkameraden.« Hildys Augen bildeten zwei schmale Schlitze, und sie fügte kopfschüttelnd hinzu: »Er hatte einen schlechten Einfluss auf den Jungen.«
»Sind Sie diesem Freund jemals begegnet?«
»Nur einmal. Vielleicht einen Monat nachdem Robbie an die Filmakademie gegangen war, habe ich ihn in Kalifornien besucht. Ich wollte sehen, wie es ihm geht. Und als ich in seine Wohnung kam, war dort dieser Freund.« Sie knubbelte an einem ihrer Fingernägel und sah auf den Boden.
»Und was war das für ein Typ?«
»Glauben Sie, der erste Eindruck, den wir von jemandem haben, stimmt?«
Nein, das glaubte Brenna nicht. Sie konnte sich an alle ersten Eindrücke, die sie gehabt hatte, seit sie erwachsen war, noch ganz genau erinnern. Und sie hatte festgestellt – sie waren vollkommen bedeutungslos.
»Ich schon«, sagte Morasco, und sofort erinnerte sich Brenna an den ersten Eindruck, den er selbst am 16. Oktober 1998 bei ihr hinterlassen hatte, als sie ihn wegen des Verschwindens eines kleinen Mädchens – eines Mädchens, das viel jünger als Clea gewesen war, aber trotzdem – angerufen hatte. Eine geschäftsmäßige Stimme, weiter nichts …
»Hier spricht Detective Morasco. Was kann ich für Sie tun?«
»Ich … ich habe in den Nachrichten etwas von einem blauen Wagen gehört.«
»Wer spricht da?«
»Mein Name ist Brenna Spector. Ich bin ehemalige Privatdetektivin.«
»Okay, hören Sie zu. Das hätte niemals an die Presse durchsickern dürfen.«
»Nein, ich bin froh, dass es durchgesickert ist, denn …«
»Es war eine falsche Spur.«
»Eine falsche Spur?«
»Richtig, eine falsche Spur.«
»Dann wollen Sie also sagen, dass sie nicht in einen blauen Wagen eingestiegen ist?«
»Wir suchen nicht nach einem blauen Wagen. Danke, dass Sie angerufen haben.« Klick.
Ganz schön kalt, denkt sie. Was für ein Arschloch …
Ihr Name aus Morascos Mund holte sie in die Gegenwart zurück. Die beiden anderen sahen sie fragend an.
»Tut mir leid. Ich habe kurz nicht zugehört.«
»Wir haben gesagt, dass wir dir sofort vertraut haben.«
Brenna lächelte Morasco an. Nein, nicht sofort. Erst nach elf Jahren. Du kannst dich nur nicht mehr daran erinnern, wie dein erster Eindruck von mir war. Dann sah sie Hildy an. »Aber ich gehe davon aus, dass das bei diesem Freund von Robbie anders war.«
Hildy schüttelte erneut den Kopf. »Ich hatte ein schreckliches Gefühl, als ich ihn sah. Am liebsten hätte ich mir meinen Sohn geschnappt, ihn von dort weggebracht und ihm
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