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Aschebraut (German Edition)

Aschebraut (German Edition)

Titel: Aschebraut (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alison Gaylin
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trotzdem … der Begriff der Selbstbeherrschung war ihm ganz eindeutig völlig fremd.
    Mr Freemans wegen müsste sie ihn noch mal sehen. Wenn auch vielleicht nur noch ein einziges Mal.
    Diandra klappte ihren Laptop auf und suchte nach Trents letzten Tweets. Ein Segen, dass es Foursquare und seine idiotischen Benutzer gab. Im Augenblick erfuhren sie und seine anderen 3500 Anhänger, dass er in einem Starbucks in der Nähe seiner Wohnung saß. Er twitterte: Die Stühle sind so hart, dass man sich vom Sitzen Blasen holt. Also bitte – war der Kerl allergisch gegen den Begriff Privatheit oder was?
    Wenige Sekunden später tauchte schon der nächste Tweet auf ihrem Bildschirm auf. Gehe erst mal wieder heim.
    Eins hatte das Leben sie gelehrt: nämlich dass die Dämlichkeit der Männer oft von allergrößtem Nutzen für die Frauen war.
    Ein Blick in ihren Spiegel zeigte, dass die Jeans okay, ihr Oberteil hingegen für ihr Vorhaben ganz sicher nicht geeignet war. Eilig tauschte sie ihr schlabbriges »I love NY«-Sweatshirt gegen einen rosafarbenen Angorapulli mit einem so tiefen Ausschnitt, dass die Männerwelt ihr seinetwegen an den Kinokassen immer gern den Vortritt überließ. Er passte ausgezeichnet zu dem weißen Spitzen-Push-up, also wechselte sie kurzerhand auch den BH, trug leuchtend pinkfarbenen Lippenstift auf, bürstete ihr platinblondes Haar und stieg in ihre farblich passenden High Heels, bevor sie nochmals vor den Spiegel trat.
    »Jetzt braucht er nur noch die Leerstellen zu füllen.«
    Entschlossen zog sie ihren Mantel an, nahm ihre Handtasche vom Tisch und tauschte – abermals bereit für eine neue Rolle – ihre warme Wohnung gegen die Dezemberkälte auf der Straße ein.

15
    Die Polizeiwache von Tarry Ridge war so leer, wie es an einem Sonntagvormittag von einer Polizeiwache in einem Vorort zu erwarten war – außer Sally vorn am Empfang waren nur noch ein paar Beamte da. Worüber Nick Morasco glücklich war. Denn vielleicht klang es wie ein Klischee, aber er musste erst einmal mit sich und seinen Gedanken allein sein.
    »Wollen Sie noch was arbeiten?«, erkundigte sich Sally, als er das Revier betrat. Sie starrte dabei wie gebannt auf ihren Monitor – auf dem er ein Scrabble-Spielbrett sah. Die Frage klang mehr wie ein Räuspern, und so räusperte Morasco sich zurück.
    »Ja.«
    Auf dem Weg zu seinem Schreibtisch kam er an zwei Neulingen vorbei, und sobald sie ihn erblickten, nahmen sie eine kerzengerade Haltung ein. Der Fall Neff hatte ihm einen Glanz verliehen, der ihm immer noch nicht ganz geheuer war. Im Laufe seiner Karriere hatte man ihm immer wieder zu verstehen gegeben, dass er nicht wie ein Detective, sondern eher wie ein Professor von der Uni wirkte, und er hatte nie gewusst, ob das als Kompliment gemeint gewesen war. (Seiner Meinung nach eher nicht.) Doch zumindest war er diesen Satz gewohnt. Aus Sentimentalität und aus Bequemlichkeit trug er die alten Tweed-Jacketts von seinem Dad, rasierte sich nicht täglich und ging sicher viel zu selten zum Frisör. Dass er deshalb manchmal aufgezogen wurde, machte ihm nichts aus. Mit dem Augenverdrehen der Kollegen kam er mühelos zurecht. Anders als mit militärisch strengen Grüßen. Und wenn er sich nicht verguckt hatte, hatten die beiden Neulinge ihm eben tatsächlich salutiert.
    »Hallo, Detective«, grüßte ihn der Größere der beiden – ein leicht pummeliger Jungspund mit karottenrotem Haar, zartrosiger Haut und schweißglänzender Stirn. »Kann ich irgendetwas für Sie tun?«
    »Nein, danke.«
    »Lassen Sie es mich einfach wissen, falls Ihnen was einfällt, Sir.«
    Morasco seufzte innerlich. Jetzt hatte ihn der Junge auch noch Sir genannt. Warum hatte er nicht einfach die Augen verdrehen können, als der Chef an ihm vorbeigegangen war?
    Er nahm hinter seinem Schreibtisch Platz, fuhr den Computer hoch und sagte sich: Am besten kümmerst du dich erst mal um den Kinderkram. Also ging er in die landesweite Datenbank der Polizei, um nachzusehen, ob es eine CKV für Robin Tannenbaum dort gab. CKV – computerisierte kriminelle Vorgeschichte – war im Grunde nur ein neumodischer Name für das gute alte Vorstrafenregister, und er hätte dem Karottenschopf den Tag dadurch versüßen können, dass er ihm den Auftrag zu dieser Recherche gab. Aber heute war er egoistisch und erledigte diese kinderleichte Arbeit lieber selbst. Denn er brauchte das Gefühl, etwas Nützliches zu tun, während er die Sache vor sich herschob, derentwegen er in

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