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Aschebraut (German Edition)

Aschebraut (German Edition)

Titel: Aschebraut (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alison Gaylin
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gehört. 1981 hatte Grady Carlson die Ermittlungen der Polizei von Pelham Bay zu Cleas Verschwinden geleitet, ohne dass etwas dabei herausgekommen war. Er war Brenna und auch ihrer Mutter gegenüber äußerst unhöflich gewesen. »Grady Carlson war der unfreundlichste Polizist, dem ich in meinem ganzen Leben je begegnet bin«, hatte Brenna ihm erzählt. » Was, ohne dass ich dir zu nahe treten will, für mich persönlich eine ganze Menge heißt.«
    »Sind Sie sicher, dass ich Ihnen nicht bei irgendetwas helfen kann, Detective?« Plötzlich tauchte der Karottenschopf wie ein unschöner Gedanke aus dem Nichts direkt vor seinem Schreibtisch auf.
    Morasco atmete vernehmlich aus. Er war einfach ungerecht. »Wenn Sie mich so fragen, gibt’s da wirklich was.« Er zog das Bild von Robin Tannenbaum, das Brenna ihm gegeben hatte, aus der Jackentasche, drückte es dem Jungen in die Hand und nannte ihm die Tankstelle, an der RJ Anfang Oktober noch gewesen war. »Am 9. Oktober hat der Mann auf diesem Bild zum letzten Mal an dieser Tankstelle getankt. Können Sie vielleicht dort anrufen, ihnen das Foto schicken und herausfinden, ob irgendwer ihn dort gesehen hat?«
    Karottenschopf sah aus, als hätte er den Jackpot einer Lotterie geknackt. »Natürlich!«, brüllte er.
    »Danke … übrigens, wie heißen Sie?«
    »Danny Cavanaugh.«
    Morasco blickte zu ihm auf. »Sie sind nicht zufällig verwandt mit einem Detective aus Mount Temple? Wayne – Wayne Cavanaugh?«
    »Das ist mein Großvater«, klärte ihn Karottenschopf mit einem breiten Grinsen auf und wirkte dabei wie ein Kindergartenkind.
    »Die Welt ist echt ein Dorf.«
    »Das stimmt. Also, dann rufe ich mal gleich bei dieser Tanke an.«
    Morasco nickte zustimmend. »Danke, Officer …«
    »Danny.« Er räusperte sich leise. »Oder Dan.«
    »Oh, im Übrigen hat dieser Typ inzwischen vielleicht einen Bart. Und er hatte eine superteure Kamera dabei. Die Art, wie sie ein professioneller Filmemacher hat.«
    »Alles klar!« Dan hüpfte zurück zu seinem Schreibtisch, um sich umgehend ans Werk zu machen. Hüpfte wie ein kleines Kind.
    Diese Euphorie, ging es Morasco durch den Kopf, dieses phantastische Gefühl, dass man nur die Ärmel hochzukrempeln brauchte, um im Leben alles zu erreichen – weshalb hatten das nur junge Cops?
    Nun, die Arbeit brannte einen eben einfach aus. Das war natürlich ebenfalls ein billiges Klischee. Aber ein Klischee war schließlich deshalb ein Klischee, weil es eine allgemein bekannte Wahrheit formulierte. Und auch das war ein Klischee.
    Man bildete sich ein, als Polizist könnte man Leben retten, aber meistens endete man so wie Grady Carlson, der aus einem Bett im Krankenhaus Briefe schreiben ließ in dem Bemühen, etwas von dem Schaden zu begrenzen, der durch seine Arbeit angerichtet worden war. Allerdings brannte auch vielleicht nicht einfach die Polizeiarbeit, sondern das Leben allgemein die Menschen aus.
    Erst gestern hatte Brenna ihm erklärt: Vielleicht finde ich ja über Lula Belle meine Familie. Ihr hoffnungsvoller Ton war derart ansteckend gewesen, dass er während eines Augenblicks den Anruf und den Brief vergessen hatte. Doch hielt diese Hoffnung Brenna aufrecht oder hinderte sie sie, genau wie ihr Gedächtnis, daran, nicht mehr immer nur zurück, sondern endlich auch einmal nach vorn zu sehen?
    Aber dessen völlig ungeachtet – weshalb musste gerade er es sein, der ihr diese Hoffnung nahm?
    »Sie sollten vielleicht wissen, dass auch Brenna gewisse krankhafte Züge hat«, hatte ihre Mutter ihm nach ein paar Gläsern Wein erklärt, als Brenna außer Hörweite gewesen war. »Sie und ihre Schwester Clea haben beide die Gabe der Zerstörung im Blut. Deshalb wird Brenna Sie zerstören, wenn sie die Gelegenheit dazu bekommt. Es ist nicht ihre Schuld. Es ist ein genetischer Defekt.«
    Das stimmt nicht, Evelyn , hatte er in dem Augenblick gedacht – nur wenige Stunden nachdem Grady Carlsons erster Anruf auf der Wache eingegangen war. Es ist genau andersherum. Sie und die Welt lassen nichts unversucht, um Ihre Tochter zu zerstören.
    Morasco sah erneut auf den Computermonitor, wählte die Nummer des Roosevelt Hospitals und fragte dort, in welchem Zimmer Grady Carlson lag. »Er wird heute ins Hospiz verlegt«, erklärte ihm die Schwester. »Aber wenn Sie innerhalb der nächsten Stunde hier sind, können Sie ihn noch besuchen.«
    Auch wenn ihn noch immer leise Zweifel plagten, schnappte er sich seinen Mantel und marschierte los. Er musste

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