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Aschebraut (German Edition)

Aschebraut (German Edition)

Titel: Aschebraut (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alison Gaylin
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Wahrheit hier an seinem Schreibtisch saß.
    Außerdem wollte er Brenna helfen, nachdem bisher immer ihm von ihr geholfen worden war. Wollte aktiv etwas für sie tun, statt ihr weiter ständig irgendwelche Dinge zu verschweigen wie bisher.
    Die Info über Tannenbaum tauchte bereits nach wenigen Sekunden auf dem Bildschirm auf. Eine einzige Verhaftung. Drei Jahre zuvor. Wegen Einbruchs. Doch man hatte das Verfahren eingestellt. Er war damals zweiundvierzig Jahre alt gewesen – doch die Tat, für die er sich hatte verhaften lassen müssen, wirkte auf Morasco eher wie ein Dumme-Jungen-Streich. Er war in das Haus seines Professors eingedrungen, und man hatte ihn im Schlafzimmer erwischt. Er hatte einfach dort gestanden. Mutterseelenallein. Eine Mutprobe. Ein nicht wirklich bösgemeinter Schabernack. Seufzend dachte Nick an die arme, vorzeitig ergraute Hildy Tannenbaum, die den Einbruch auf den Druck der Mitstudenten schob.
    Gaben sich wohl alle Mütter von erwachsenen Losern derartigen Illusionen hin?
    Er fragte sich, um wie viel Geld die gutgläubige Mrs Tannenbaum von Robin im Laufe der Jahre wohl erleichtert worden war, und musste dann an seine eigene Mutter denken, die – genau wie Robins Mutter – schon seit Jahren immer wieder gute Gründe dafür fand, dass ihr Ältester, wenn man ihn einmal brauchte, nie zur Stelle war. Nicks großer Bruder Seth hatte nicht einmal die Zeit gefunden, seinen eigenen Vater zu besuchen, ehe der im Krankenhaus gestorben war, und auch wenn das zwanzig Jahre her war, hatte Nick ihm sein Verhalten nie verziehen. Weil es für Charakterlosigkeit keine Verjährung gab.
    Wie viel Geld und Liebe hatten Mrs Tannenbaum und seine eigene Mutter wohl in ihre Söhne investiert, ohne dass jemals auch nur ein Dankeschön zurückgekommen war?
    Diese Frage hatte auch Pokrovsky sich gestellt. Und ganz egal, wie viele Leichen dieser Mann vielleicht unter der Fensterbank gestapelt hatte, Nick hätte den unverschämten Seth zusammen mit dem nichtsnutzigen Robin und Yuri Pokrovsky in der Blüte seiner Jahre mit Vergnügen irgendwo in einen Stahlkäfig gesperrt. Denn das, was dann geschehen wäre, hätten alle drei verdient.
    Er schrieb eine Mail an die kalifornischen Kollegen, die die CKV geschrieben hatten, um zu fragen, ob sie ihm eine Kopie der ganzen Akte sowie mögliche weitere Informationen zu dem Einbruch schicken könnten, lehnte sich auf seinem Stuhl zurück und dachte über undankbare Kinder und dann einfach über Kinder nach.
    Sein Sohn Matthew wäre, wenn er nicht gestorben wäre, heute dreizehn – genauso alt wie Maya, auf der Schwelle zum Erwachsensein. Er versuchte, sich nicht vorzustellen, wie Matthew wohl als Kind oder als Teenager gewesen wäre oder wie sein eigenes Leben aussähe, wäre der Junge heute noch ein Teil davon. Aber wenn er diese Dinge wüsste … wenn er nachempfinden könnte, wie es war, ein Kind zu haben, das Dinge vermasseln konnte, könnte er vielleicht auch das Verhalten seiner Mutter oder das von Hildy Tannenbaum verstehen. Auch Pokrovsky war nach allem, was er wusste, kinderlos.
    Er sah auf seine Uhr. Schon kurz vor zwölf. Er öffnete die Schreibtischschublade und nahm den Brief heraus. Er hatte ihn schon oft gelesen, seit er vor zwei Tagen auf der Wache eingegangen war. Aber wenn er ihn noch einmal las, würden die getippten Worte ja vielleicht urplötzlich eine andere Bedeutung annehmen.
Sehr geehrter Det. Morasco,
ich habe schon vor einem Monat auf der Wache angerufen, aber da waren Sie gerade unterwegs. Und falls Sie meine Nachricht nicht bekommen haben, schreibt jetzt meine Nichte diesen Brief für mich. Ich habe sie angewiesen, niemandem etwas davon zu sagen.
Ich werde bald sterben. Was der Grund für dieses Schreiben ist. Ich muss Sie umgehend erreichen, denn über das, was ich Ihnen zu sagen habe, wird inzwischen viel zu lange Stillschweigen bewahrt. Die Information ist eigentlich für Brenna Spector, doch ich habe aus den Nachrichten erfahren, dass Sie eng mit ihr befreundet sind. Sie können es ihr sagen oder es für sich behalten. Die Entscheidung liegt bei Ihnen. Doch auf alle Fälle sollen Sie die Möglichkeit bekommen, sie in diese Dinge einzuweihen.
Ich muss Sie persönlich sprechen, denn ich möchte nicht, dass außer Ihnen noch jemand etwas von dieser Angelegenheit erfährt …
    Morasco überflog den Rest des Briefs bis hin zu der schwer lesbaren Unterschrift.
Detective Grady Carlson
    Diesen Namen hatte er bereits des Öfteren aus Brennas Mund

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