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Aschebraut (German Edition)

Aschebraut (German Edition)

Titel: Aschebraut (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alison Gaylin
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einfach wissen, was ihm Carlson sagen wollte. Auch wenn er es Brenna vielleicht niemals sagen würde. Weil er dazu schließlich nicht gezwungen war.
    N
    »Räucherkerzen? Also bitte, Trent.« Brenna hatte fünf geschlagene Minuten vor der Haustür warten müssen, bis sie eingelassen worden war. Sie hatte gedacht, sie hätte ihn vielleicht bei seinem Mittagsschlaf gestört, aber als sie sich jetzt in der Wohnung umsah, musste sie erkennen, dass er durch ihr Auftauchen aus mehr als einem kurzen Nickerchen gerissen worden war. Alles wirkte deutlich aufgeräumter als bei ihrer letzten Stippvisite im April, das Licht war angenehm gedämpft, neben seinem Nackter-Busen-Kaffeebecher stand ein halbgeleertes Weinglas auf dem Tisch, und nicht zuletzt verströmte ein verräterisches Jasmin-Räucherstäbchen seinen aufdringlichen Duft im ganzen Raum. »Ich dachte, ich hätte dir gesagt, dass du dich schonen sollst.«
    »Ich weiß nicht, was du damit sagen willst.« Trent starrte auf den Boden. »Ich habe dieses Räucherstäbchen angemacht, weil die Luft hier drin einfach nicht auszuhalten war.«
    Seufzend griff sie nach dem Weinglas und betrachtete den Rand. »Und den pinkfarbenen Lippenstift hast du benutzt, weil du …«
    »Ich hatte Besuch, okay? Das war keine große Sache. Einfach … einfach eine Freundin.«
    Sie bedachte ihn mit einem durchdringenden Blick. Sein Haar war wild zerzaust, sein Kopfverband und auch das weiße Netz-Tanktop wiesen eine Reihe pinkfarbener Lippenstiftabdrücke auf, die zwar nicht unbedingt zu dem Tattoo auf seinem Oberkörper, dafür aber zu dem Abdruck auf dem Weinglas passten, und er kämpfte mühsam gegen ein zufriedenes Grinsen an. Statt ihn jedoch darauf anzusprechen, bat sie einfach: »Tu mir den Gefallen und geh es langsam an, okay?«
    Er nickte knapp. »Apropos ›es langsam angehen‹. Ich habe eine kleine Shane-Smith-Film-Retrospektive veranstaltet.«
    »Ach ja?«
    »Sie haben eine ganze Reihe Kurzfilme von ihm auf der Webseite von dieser Filmakademie. Offenbar hat er dort sogar irgendwelche Preise eingeheimst, was ein Beweis für meine neue These ist.«
    »Und die wäre?«
    »Dass die sogenannte Filmkunst der totale Schwachsinn ist.«
    »Okay.«
    »Glaubst du mir etwa nicht?«
    Sie sah ihn seufzend an. »Ich fand zum Beispiel Casablanca ziemlich gut. Oder Der Pate oder Bad Santa oder …«
    »Das sind alles echte Filme. Sachen, die im Kino kommen. Aber ich rede vom Film als sogenannter Kunst. Hier, guck dir das mal an, und dann sag mir noch mal, dass das nicht der totale Schwachsinn ist.« Er schnappte sich den Laptop von der Küchentheke, klappte ihn entschlossen auf und startete den Film, den er vorher gestoppt hatte. Seelenfenster. Von Shane Smith.
    Außer einem in Schwarzweiß gefilmten Frauenauge sah man nichts.
    »Oh«, entfuhr es Brenna. »Wie in Die Augen sind die Fenster der Seele? «
    »Wohl eher wie in Verarschen kann ich mich allein. «
    Nach dreißig Sekunden blinzelte das Auge, und dann war der Film vorbei.
    Brenna blickte ihren Assistenten fragend an.
    »Dafür hat er den Schulpreis für den besten Kurzfilm des Jahres 2006 bekommen«, erklärte er. »Echt, ohne Witz.«
    Der Abspann lief über den Monitor. Drehbuch und Regie Shane Smith.
    »Drehbuch?«, fragte Brenna.
    »Ja, ich weiß. Und was ist mit der Regie? Hat er vielleicht am Ende ›Und jetzt bitte blinzeln‹ gerufen oder was?«
    Das Auge: Mallory Chastain
    Beleuchtung: Cameron Keys
    Schnitt: RJ Tannenbaum
    »Dann waren sie also wirklich Freunde«, stellte Brenna fest. »Hast du irgendeine Kontaktadresse von diesem Shane?«
    Er schüttelte den Kopf. »Man sollte es nicht meinen, aber es gibt jede Menge Typen dieses Namens da drüben in Südkalifornien.«
    »Und es gibt nirgendwo ein Bild, auf dem er diesen Preis entgegennimmt?«
    »Nein. Das einzige, das ich gefunden habe, war ein Gruppenbild von seiner Abschlussklasse. Es ist ziemlich unscharf, aber da die Gruppe nicht besonders groß ist, werde ich ihn einfach rauskopieren, den Abschnitt vergrößern und versuchen, ihn ein bisschen schärfer hinzukriegen. Außerdem kann ich sein Aussehen verändern – kann ihn dünner oder dicker machen, ihm den Kopf rasieren, einen Bart verpassen oder …«
    »Und du glaubst, das kriegst du alles nur mit Hilfe eines Gruppenfotos hin?«
    »Du solltest inzwischen wissen, dass ich ein Gott am Laptop bin«, sagte er in würdevollem Ton. »Ich ziehe das ganze Persephone-Programm bei diesem Typen durch.« Als er den Namen der

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