Ascheherz
rappelte sich auf.
»Ich fange das Pferd wieder ein«, sagte sie.
Moira winkte unwillig ab. »Du hast keine Ahnung von Pferden, das soll einer der Soldaten machen. Bis dahin verschwenden wir keine Zeit. Wir müssen vor Anbruch der Dunkelheit im Lager sein. Steig auf.«
Summer starrte auf die Hand, die Moira ihr hinstreckte. Zu nah , dachte sie. Sie sah sich nach Farrin und den anderen um, aber sie waren bereits weit vorausgeritten. Die beiden Soldaten, die hinter Summer und Moira den Weg heraufkamen, zügelten ihre Pferde und starrten sie voller Ungeduld so finster an, als würden sie sie am liebsten mit Stöcken weitertreiben.
»Brauchst du eine schriftliche Einladung?«, schnappte Moira.
Zögernd ergriff Summer die Hand. Sie war sehnig und packte so fest zu, dass es schmerzte. Moiras Pferd begann augenblicklich zu schwitzen, als Summer sich mühsam in den Sattel zog, aber die Kriegslady hatte ihr Reittier unter Kontrolle und hielt es mühelos
im Zaum. »Ich will wirklich wissen, warum Tiere dich nicht mögen«, murmelte sie.
Als das Pferd loslief und ein Stück bergauf kletterte, blieb Summer gar nichts anderes übrig, als sich an Moira zu klammern. Durch den Mantel hindurch spürte sie das Schulterholster, das die Beraterin über ihrer Schachbrettweste trug. Und auch der Griff der Pistole drückte gegen ihren linken Arm. Der Gedanke, dass die Waffe geladen war, machte sie nervös. »Wie weit ist es bis zum Lager?«
»Nicht weit genug für dumme Fragen«, erwiderte Moira und schnalzte, um das Pferd anzutreiben.
Je weiter sie nach oben kamen, desto mehr zog sich der Himmel zu. Nebel erhob sich und die Luft roch nach Feuchtigkeit. Nach einer Stunde, die Summer wie ein halbes Leben vorkam, setzte zu allem Überfluss ein feiner Nieselregen ein. Alle Geräusche bekamen einen gedämpften Klang. Als Moira plötzlich das Wort an Summer richtete, war es ihr, als käme die Stimme von weit her.
»Warum trägst du eigentlich Lord Teremes’ Zeichen nicht auf der Haut?«
Zumindest war es diesmal eine Frage, auf die Summer sich die Antwort bereits zurechtgelegt hatte. »Auf dem Schiff blieb mir keine Zeit dafür, es stechen zu lassen.«
»Nun, dann kannst du es im Lager ja gleich nachholen.«
»Ja, das kann ich.« Summer hoffte, Moira würde nicht merken, wie unbehaglich sie sich bei dieser Vorstellung fühlte. »Aber andererseits - ich bin doch keine Söldnerin«, gab sie vorsichtig zu bedenken.
»Einfache Sache, entweder du gehörst zu uns oder nicht.«
Summer biss sich auf die Unterlippe und verkniff sich eine scharfe Bemerkung. »Farrin hat erzählt, du liebst den Frieden
über alles«, sagte sie stattdessen. »Ich frage mich schon die ganze Zeit, warum du dann Lord Teremes helfen willst. Damit dienst du doch nur dem Krieg.«
Eigentlich hatte sie erwartet, dass Moira sie sofort in ihre Schranken weisen würde, aber die Lady schwieg eine ganze Weile - ganz so, als würde sie angestrengt darüber nachdenken, ob sie wirklich mit Summer reden sollte. Offenbar kam sie zu dem Ergebnis, dass Summer einer Antwort würdig war.
»Um Frieden muss man immer kämpfen«, antwortete sie schließlich. »Nichts geschieht von allein. So einfach ist das.«
Ihre Stimme klang bei diesen Worten nicht mehr ganz so kühl und beherrscht. Etwas Trauriges und Bitteres schwang darin mit und Summer hätte viel dafür gegeben, ihre Gedanken zu erfahren. Immerhin, eine Antwort hatte sie erhalten. Vielleicht war das die Chance, etwas mehr über die unnahbare Frau herauszufinden? Eine Weile lauschte Summer den von Flechten und Moos gedämpften Hufschlägen, dann räusperte sie sich: »Du kennst den Krieg zu gut, nicht wahr?«
»Wie sollte ich nicht? Der Krieg war mein Vater. Und meine Waffe meine Mutter.«
»Warst du … eine Soldatin?«
»Hast du auf dem Boot nicht gründlich genug spioniert?«, spottete Moira. »Es ist kein Geheimnis. Ich gehörte über zwanzig Jahre lang der Garde eines Lords an - den Jägern. Schon als Kind wurde ich als lebende Tributzahlung an die Jägertruppe weggegeben. Ich habe zum ersten Mal für meinen Lord gekämpft, als ich kaum ein Gewehr halten konnte.«
»Dann warst du so etwas wie eine Leibeigene?«
»So etwas wie«, erwiderte Moira trocken und trieb das Pferd wieder an. »Aber das ist Vergangenheit.«
Vorne erreichte Farrin das Ende des Serpentinenweges und verschwand über die Kuppe aus ihrem Sichtfeld.
»Deshalb sagt er, du fürchtest dich nicht vor dem Sterben.«
»So. Sagt er das?« Die
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