Aschenputtel: Thriller (German Edition)
gerade erst Zwanzigjährigen, während ihre Haltung und der Blick einer eher reifen Frau gehörten. Auch die Brüste sahen aus wie die einer reifen Frau. Manchmal ertappte sich Peder dabei, wie er über Fredrika fantasierte. War das Studentenleben nicht bekanntermaßen ein Lotterleben und viele junge Akademikerinnen erfahrene Sexpartnerinnen? Er hatte den Verdacht, dass Fredrika eine davon gewesen sein könnte.
Er presste die Lippen zusammen und wich ihrem Blick aus, als sie im Vorbeigehen in sein Zimmer sah. Er fragte sich, wie es wohl wäre, mit ihr Sex zu haben. Wahrscheinlich gar nicht mal so übel.
In einer Dachwohnung auf Östermalm beendete Fredrika Bergman in Gesellschaft ihres Geliebten einen ereignisreichen Arbeitstag. Fredrika und Spencer Lagergren trafen sich schon seit vielen Jahren. Fredrika mochte gar nicht darüber nachdenken, wie viele Jahre es insgesamt schon waren, doch zu den seltenen Gelegenheiten, da sie es sich erlaubte, ging sie immer von der ersten Nacht aus, die sie gemeinsam verbracht hatten. Damals war Fredrika einundzwanzig Jahre alt gewesen und Spencer sechsundvierzig.
Ihre Beziehung war eigentlich nicht sonderlich kompliziert. In den vergangenen Jahren war Fredrika manchmal Single gewesen und manchmal in einer anderen Beziehung. Wenn sie mit jemand anderem zusammen war, traf sie sich nicht mit Spencer. Sie gehörte nicht zu den Menschen, die mit zwei Partnern gleichzeitig zusammen sein konnten. Spencer hingegen war so ein Mensch, dessen war sich Fredrika durchaus bewusst. Er und seine Frau Eva hatten an einem sonnigen Tag vor fast fünfunddreißig Jahren geheiratet, und er würde sie niemals für eine andere verlassen. Jedenfalls nicht länger als für einen Abend in der Woche.
Für Fredrika war dieses Arrangement absolut zufriedenstellend. Spencer war fünfundzwanzig Jahre älter als sie. Der gesunde Menschenverstand sagte ihr, dass ein solcher Altersunterschied unmöglich funktionieren konnte. Und die eiskalte Mathematik sagte ihr, wenn sie ihr Leben ganz und gar Spencer widmete, wenn sie sich wirklich dafür entschied, mit ihm zu leben, dass es dann nicht lange dauern würde, bis sie wieder allein dastand.
Also begnügte Fredrika sich damit, Spencer sporadisch zu treffen, und akzeptierte die Rolle als die zweite, die Nebenfrau in seinem Leben. Sie litt auch nicht darunter, dass ihre Beziehung folglich niemals wuchs und sich weiterentwickelte. Gerade deshalb war Spencer Lagergren– insgesamt gesehen– genau das, was sie brauchte. Das redete sie sich zumindest ein.
» Ich kriege den Korken nicht raus.« Mit tief zerfurchter Stirn zerrte Spencer an der Weinflasche herum, die er mitgebracht hatte.
Fredrika wusste, sie brauchte ihm keine Hilfe anzubieten. Er würde lieber sterben, als ihr die Flasche zu geben. Der Wein war Spencers Aufgabe, und Fredrika kümmerte sich um die Musik. Beide liebten klassische Musik. Einmal hatte Spencer versucht, sie dazu zu bringen, für ihn auf der Geige zu spielen, die sie immer noch besaß, aber sie hatte sich geweigert. » Ich spiele nicht mehr«, hatte sie nur kurz und bestimmt geantwortet. Und dann wurde nicht weiter über die Sache gesprochen.
» Lauwarmes Wasser… macht den Korken vielleicht weicher«, murmelte Spencer vor sich hin.
Sein Schatten tanzte über die Küchenfliesen, als er mit der Flasche hin und her wanderte. Die Küche war klein, und so lief er die ganze Zeit Gefahr, ihr auf die Füße zu treten. Aber sie wusste, dass das niemals geschehen würde. Spencer trat keiner Frau auf die Füße, außer vielleicht im übertragenen Sinn, wenn er seine nicht mehr ganz zeitgemäßen Ansichten in feministischen Diskussionen zum Besten gab. Und dann tat er es auf derart brillante Weise, dass er fast immer als Sieger aus der Diskussion hervorging. Er besaß Humor und Wärme, Intelligenz und Intellekt. Das alles machte ihn für Fredrika und für viele andere Frauen zu einem sehr attraktiven und ansprechenden Mann.
Fredrika sah auf, als er den Kampf gegen die Flasche schließlich gewann. Im Hintergrund spielte Arthur Rubinstein Chopin.
Sie schlich sich an ihn heran und umarmte ihn vorsichtig. Müde legte sie ihren Kopf an seinen Rücken und ließ die Stirn auf dem Körper ruhen, der ihr neben ihrem eigenen auf der ganzen Welt am vertrautesten war.
» Bist du nur müde oder erledigt?«, fragte Spencer leise, während er den Wein einschenkte.
Fredrika lächelte.
Sie wusste, dass auch er lächelte.
» Erledigt«, seufzte sie.
Er drehte
Weitere Kostenlose Bücher