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Aschenputtels letzter Tanz

Aschenputtels letzter Tanz

Titel: Aschenputtels letzter Tanz
Autoren: Kathleen Weise
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stellt dieselben Fragen nur mit anderen Worten immer wieder. Mit jeder sich wiederholenden Frage werde ich unruhiger und beginne, mit den Fingern auf der Tischplatte zu trommeln, bis Mutsch nach meiner Hand greift.
    Ich will schon fast aufstehen, da fällt mir plötzlich doch noch etwas ein. Hektisch krame ich in meiner Hosentasche nach dem Zettel, der inzwischen total zerknittert ist, und lege ihn auf den Tisch, sodass wir alle drei lesen können, was darauf geschrieben steht.
    Ich höre Mutsch scharf Luft holen, und der Beamte sagt ungehalten: »Das ist Beweismaterial«, wobei sein Blick vorwurfsvoll zwischen dem Stück Papier und mir hin und her wandert, als er es mit einem Stift in eine Plastiktüte manövriert, ohne es mit den Fingern zu berühren, um keine weiteren Fingerabdrücke zu hinterlassen.
    »Es ist also derselbe Täter wie bei Elsa«, stellt Mutsch fest. »Bei Elsa hat er doch auch so ein Märchenzitat hinterlassen, nicht wahr?«
    »Schon eigenartig, dass ausgerechnet Ihre Tochter das Mädchen gefunden hat, finden Sie nicht? Wenn man die Sache mit Ihrer Nichte bedenkt … Vielleicht gibt es zwischen den Mädchen eine Verbindung.«
    Glaubt er etwa, die ganze Sache hat irgendetwas mit uns zu tun?
    Aber Nina gehört nicht zur Familie.
    »Elsa hat gestern einen Anruf bekommen …«, sage ich leise. »Ich habe nicht alles verstanden, aber ich glaube, der Anrufer hat sich darüber lustig gemacht, dass sie nicht mehr Ballett tanzen kann. Es war ganz eigenartig …«
    »Hast du die Stimme erkannt?«
    Ich schüttle den Kopf. »Sie klang irgendwie verzerrt.«
    »Warum hast du denn das nicht erzählt?«, fragt mich Mutsch.
    »Weil Elsa behauptet hat, es wäre nur ein Idiot.«
    »Ganz schön viel Aufwand, um jemandem nur ein paar blöde Sprüche übers Telefon zu schicken«, wendet der Polizist ein, während er sich eine Notiz auf seinem Block macht. »Wir werden der Sache auf jeden Fall nachgehen.«
    Er stellt weitere Fragen, diesmal zu Billy und wie ich ihm im Moor begegnet bin, während Mutsch grübelnd die Stirn runzelt. Mir gefällt ihr Gesichtsausdruck nicht.
    Unter dem strengen Blick des Polizisten komme ich mir fast selbst wie ein Verbrecher vor, er weigert sich, uns irgendwelche näheren Auskünfte zu allem zu geben, weil er die Ermittlungen nicht gefährden will, und so haben wir keine Ahnung, ob er uns nur aus Routine so ausführlich befragt, oder weil er irgendeiner Sache auf der Spur ist.
    Nachdem die Befragung endlich vorbei ist und der Beamte uns mit einem knappen Nicken entlässt, verlassenwir beinahe fluchtartig die Cafeteria. Mitten auf dem Gang beugt sich Mutsch plötzlich zu mir und nimmt mich in die Arme. Eine Ewigkeit lang bleiben wir so stehen, und es ist mir egal, wer uns sieht und wer an uns nicht vorbeikommt. Denn mit einem Mal bin ich mir ziemlich sicher, dass der Täter noch in der Nähe war, als ich Nina gefunden habe. Das Knacken waren sicher seine Schritte auf dem Torf, es liegt ja genug Geäst rum – und diese Gewissheit jagt mir Angst ein, als könne ich seinen Atem in meinem Nacken spüren.
    Als Mutsch mich loslässt, murmelt sie: »Mein Gott, bin ich froh, dass dir nichts passiert ist.«
    »Unkraut vergeht nicht, weißt du doch.« Ich grinse schief, aber sie schnieft trotzdem, und in ihren Augen glitzert es verdächtig.
    »Mag sein, aber ich hab doch nur dich, Harper. Wenn ich ein paar von deiner Sorte hätte, käm’s ja auf eine nicht so drauf an, aber so …«
    Mit zitternden Knien wackeln wir auf den Ausgang zu. Vor dem Krankenhaus stehen schon Reporter mit Mikrofonen, aber zum Glück wissen sie nicht, wer wir sind, und so können wir unbemerkt an ihnen vorbeischlüpfen.
    Billy sehen wir nicht noch einmal, dabei wüsste ich gern, was er der Polizei erzählt hat. Und um ehrlich zu sein, auch ein bisschen, was die Polizei davon hält, denn so hundertprozentig vertrauen kann ich ihm nicht. Immerhin ist das schon ein ganz schön großer Zufall, dass erda im Moor war. Genau an dieser Stelle, zu dieser Stunde …
    Während wir auf den Parkplatz zugehen, frage ich mich, ob Ninas Augen die gleiche Farbe haben wie die ihres Bruders?
    Ob sie die Leute damit auch verhexen kann?
    Bei dem Monster, das sie angegriffen hat, ist es ihr jedenfalls nicht gelungen. Vielleicht, weil Monster in ihrem Innern sowieso nichts mehr fühlen können …

A uf dem Weg zum Geisterhaus lässt Mutsch meine Hand nur los, um im Auto zu schalten. Das Radio hat sie abgeschaltet, als die ersten
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