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Aschenputtels letzter Tanz

Aschenputtels letzter Tanz

Titel: Aschenputtels letzter Tanz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathleen Weise
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Straßen von Großmutters Grundstück entfernt. Es ist einer der wenigen Neubauten, die es in derStadt gibt. Die sonnenblumengelbe Fassade ist inzwischen jedoch zu einem fahlen Butterbeige verwittert und die Briefkästen sind mit Graffiti besprüht. Auf den Stufen zum Eingang sitzen drei kleine Jungs, die mit Autokarten spielen und uns ignorieren, als wir an ihnen vorbeigehen.
    Die Eingangstür steht sperrangelweit offen, weil jemand ein zusammengefaltetes Stück Papier darunter geschoben hat. Deshalb können wir ohne Probleme ins Haus gelangen. Alles sieht freundlich, wenn auch ein bisschen abgenutzt aus, in den Fenstern auf jedem Treppenabsatz stehen Blumentöpfe und kleine Figuren.
    Das passende Klingelschild finden wir im dritten Stock. Auf unser Klingeln hin öffnet ein Mann die Tür, der wahrscheinlich Davids Vater ist, er sieht dem Mann im Artikel ähnlich, obwohl das Bild gute fünfzehn Jahre alt war. Er hat auch noch die Statur eines ehemaligen Sportlers, dabei ist er zwar nicht besonders groß, aber er besitzt ein breites Kreuz. Sein blondes Haar wird an den Schläfen bereits grau und tiefe Furchen durchziehen sein Gesicht. Auch sein Hemd spannt sich ein bisschen zu sehr über dem Bauch, aber er wirkt nicht unfreundlich.
    Aufgrund der Einträge im Forum wollen wir zuerst mit David reden, denn sie wecken den Eindruck, dass er kein besonders gutes Verhältnis zu seinem Vater hat. Daher erzählen wir dem Mann, dass wir Freunde von David sind, ohne vorläufig die Gefahr zu erwähnen, in derDavid möglicherweise schwebt. Wir fragen, ob David zufällig zu Hause ist und der Vater blinzelt ein paar Mal, während er Tobi ansieht. Ich kann es ihm nicht verdenken, schließlich geht’s mir immer noch ein bisschen so. Man hat das Gefühl, man steht unter Hypnose.
    »Er ist in seinem Zimmer. Einfach durchs Wohnzimmer durch.« Mit seiner riesigen Hand zeigt er hinter sich, und wir treten an ihm vorbei in die Wohnung, in der es schwach nach Essen riecht. Die Wände sind in hellen Farben gestrichen, nichts wirkt seltsam.
    Außer die unzähligen gerahmten Glasbilder mit Zeitungsausschnitten und Urkunden, die an der Wand hinter dem Sofa hängen. Es erinnert mich an die Bilder von Nina. Ihr Anblick lässt mich stehen bleiben, und auch Tobi betrachtet die Fotos. Auf den meisten sind Davids Vater als junger Mann oder David selbst in ihren weißen Judoanzügen zu sehen. Auf einigen Bildern stehen sie auf Siegertreppchen, wobei Davids Vater fast immer lächelt. Es ist das gleiche Lausbubengrinsen, das ich auch an David gesehen habe. Er selbst dagegen lacht nie. In dem Glasrahmen spiegelt sich verschwommen mein Gesicht. Ein blasses Gespenst mit zerzaustem Haar und großen dunklen Augen.
    »Ja, da staunt ihr, was?«, sagt sein Vater und stellt sich neben uns. »Jugendmeister. Genau wie mein Sohn. Das liegt eben im Blut. Aber das ist natürlich schon ewig her …« Sein Blick wird wehmütig, und einige Sekunden stehen wir nebeneinander, bis ich Tobi in die Seite stoße,damit er endlich weitergeht. Daraufhin räuspert er sich, was den Mann aus seiner Trance zu reißen scheint.
    Verwirrt blinzelt er und deutet auf den Flur, der sich an das Zimmer anschließt. »Ich sage euch, der David wird wieder auf die Beine kommen. Die Ärzte sagen zwar, dass er das Judo vergessen kann, aber ich weiß es besser. Der Junge hat den Siegerwillen. Das braucht man.« Er nickt gewichtig und klopft Tobi auf den Rücken, der dadurch fast nach vorn stolpert.
    Wir werfen uns einen Blick zu.
    Was hat das zu bedeuten? Ist David krank?
    Irritiert gehen wir weiter. Weil uns sein Vater vom Wohnzimmer aus beobachtet, klopfe ich schnell an Davids Tür und schlüpfe in den Raum, sobald von drinnen ein »Ja!« ertönt. Tobi folgt mir und schließt hinter sich wieder die Tür – dann stehen wir David gegenüber, der an seinem Schreibtisch vorm Computer sitzt. Als er uns sieht, legt er den Kopf schief. In aller Ruhe schaltet er den Monitor aus und lehnt sich an den Schreibtisch.
    »Seid ihr noch mal wegen Nina hier?«
    Ich schüttle den Kopf. »Wir denken, dass du möglicherweise auch in Gefahr bist, weil der Täter es vielleicht auf Hochbegabte abgesehen hat, oder eben auf Leute mit einem bestimmten Talent. Eben auf Leute wie dich, Elsa und Nina. Du bist doch DerJAEGER, oder etwa nicht?«
    Auf meine Worte hin runzelt er die Stirn und will wissen, von wem ich das weiß. Daraufhin werde ich einbisschen rot und gebe zu, dass ich die Einträge im Forum gelesen

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