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Aschenputtels letzter Tanz

Aschenputtels letzter Tanz

Titel: Aschenputtels letzter Tanz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathleen Weise
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nicht auch einfach mit dem Zug verlassen könnte. Wen juckt‘s schon.«
    Stumm sehen wir uns an, wie Schauspieler, die ihren Einsatz verpasst haben und nun aus dem Takt gekommen sind. Aber es gibt keine Souffleuse, die uns Stichwörter zuflüstert. Wir müssen ganz allein wieder in das Stück finden.
    »Ihr müsst uns trotzdem sagen, wer hinter dem JAEGER steckt«, sagt Tobi nach einer Weile, doch Elsa schüttelt den Kopf.
    »Nein.«
    »Aber warum nicht?«
    »Weil es das Beste ist, was mir passieren konnte.«
    Fassungslos sehe ich sie an. »Das ist nicht dein Ernst. Willst du wirklich zulassen, dass einem anderen dasselbe passiert?«
    Sie nickt entschlossen. »Ich hab nicht drum gebeten, Harper, aber jetzt ist es, wie es ist, und es gefällt mir besser. Es ist ein kleiner Preis und eigentlich ist es ja auch gar nicht so schlimm. Ich meine, ich kann ja noch laufen und alles andere machen. Wenn der Verband erst mal ab ist, dann spielt das doch gar keine Rolle mehr. Ist doch nur ein Zeh …«
    Plötzlich schaut Nina auf und sieht erst Tobi, dann mich an, vollkommen unvermittelt sagt sie: »Ich will, dass ihr jetzt mein Zimmer verlasst. Ich will nicht mehr darüber reden.«
    »Das glaube ich einfach nicht«, erwidert er fassungslos.
    Ihr Blick wird eisern. »Wenn du mich liebst, dann tust du, worum ich dich bitte. Glaub mir, es ist alles gut so, wie es ist. Du musst dir deswegen keine Sorgen machen.«
    Das wäre vielleicht zu verstehen, wenn ihr Gesicht nicht aussehen würde wie eine Mumie, mit all dem Mull. Doch so macht es Tobi nur sprachlos.
    »Kommst du mit?«, frage ich Elsa, aber sie schüttelt den Kopf.
    Noch immer vollkommen erschüttert, gehen wir schließlich aus dem Zimmer und Nina schließt hinter uns die Tür, als wären wir ein Feind, den es auszusperren gilt. Wie ein Besessener rennt Tobi die Treppe hinunter,und mit riesigen Sätzen, die mich fast ins Straucheln bringen, setze ich ihm nach. Er reißt die Tür auf, rennt einfach die Straße hinunter, und ich ihm hinterher, ohne darauf zu achten, wer uns entgegenkommt. Wir laufen und laufen, immer geradeaus, bis uns die Lungen brennen und der Schmerz in den Oberschenkeln den Schmerz im Bauch ersetzt.
    Auf den Stufen einer Bank lassen wir uns schnaufend fallen und ringen beide nach Luft, während sich am Himmel eine dunkle Wolke vor die Sonne schiebt. Tobi fährt sich durch die Haare, und ich weiß, dass er völlig aus der Bahn geworfen ist wegen der Sache, die Nina erzählt hat. Auch mir zittern die Hände. Wir wissen zwar nicht, was in jener Nacht in Frankfurt genau passiert ist, aber ich bin mir ziemlich sicher, dass der Kerl dafür ins Gefängnis gehört. Ich kann mir nicht vorstellen, was in Nina vor sich geht, wie groß der Schmerz in ihrem Innern sein muss, von dem sie geglaubt hat, dass sie mit niemandem darüber reden kann.
    Fassungslos starre ich in den Himmel. Ob das Monster wirklich nicht mehr zuschlagen wird?
    »Wir müssen herausfinden, wer dieser JAEGER ist, Tobi, ganz gleich, was die beiden sagen. Wir können nicht zulassen, dass noch jemand überfallen wird. Es steht niemandem zu, eine solche Entscheidung für einen anderen zu treffen, und auch wenn Elsa und Nina glauben, dass es ihnen jetzt besser geht – der Nächste denkt das vielleicht nicht, und dann ist es zu spät.«
    Erschöpft fährt er sich über die Augen. »Ich weiß. Vielleicht hat es etwas mit diesem Treffen zu tun, das beim Bürgermeister. Darüber ist bestimmt etwas im Internet oder in einer Zeitung zu lesen gewesen. Könnte sein, dass der Täter so auf die Idee gekommen ist.«
    »Du denkst, dass der dritte Teilnehmer der JAEGER war?«
    Er nickt. »Ja, die Einträge im Forum beginnen nach dem Treffen, und Nina hat selbst zugegeben, dass sie Elsa erst dort richtig kennengelernt hat. Ich denke, das ist der beste Ansatz, den wir haben.«
    »Und was machen wir, wenn wir wissen, wer es ist?«
    »Wir warnen ihn und gehen dann zur Polizei. Ich will, dass sie das Schwein erwischen, das meiner Schwester das angetan hat.«



S chon als wir die Auffahrt zum Herrenhaus hochkommen, sehen wir Großmutter die Rosenbüsche beschneiden. Unter der Krempe ihres Huts hervor beobachtet sie uns mit schmalen Augen. Aber ich weiß absolut nicht, was ich ihr sagen oder wie ich Tante Luise in die Augen sehen soll, wenn ich sie das nächste Mal treffe. Deswegen winke ich ihr nur schnell zu und ziehe Tobi weiter zum Gästehäuschen. Dort machen wir uns nicht einmal die Mühe, die Schuhe auszuziehen,

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