Aschenwelt
interessieren!«
»Mich schon.«
Ich spuckte trocken vor seine FüÃe.
Er reagierte gar nicht darauf, sondern sagte: »Wenn du dazu nichts sagen willst, musst du auch nicht.«
Oh, wie einfühlsam. »Ich will nicht, ich kann nicht, weil nichts passiert ist. Okay?«
»Gut, dann wechseln wir das Thema. Brennt dir vielleicht gerade eines auf dem Herzen?«
»Nein. Was denn zum Beispiel?«
»Na, ich weià nicht.« Er wartete kurz, ob mir vielleicht doch noch etwas einfiel und sagte dann: »Dann darf vielleicht ich dich etwas fragen, das mir auf dem Herzen brennt?«
»Wie Lesbensex ist?«
Uschasnik war nach meiner Gegenfrage eine Weile sprachlos. Und ich freute mich, dass ich ihn überrascht oder gar einen Treffer gelandet hatte.
»Nein, nicht im entferntesten«, sagte er, nachdem er sich von meinem Angriff erholt hatte. »Das ist deine Privatsphäre, und ich würde dich nie nach solchen Dingen fragen. Mich interessiert, wie es um deinen Drogenkonsum steht.«
»Ich nehm keine Drogen«, log ich.
»Nicht mehr?«
»Hab ich noch nie«, setzte ich noch einen drauf.
»Du bist eine schlechte Lügnerin, Johanna.«
Das saÃ. Das hatte noch nie jemand zu mir gesagt. Ich war die beste Lügnerin, schon immer und unbestritten.
»Gut«, seufzte ich. »Mal ein bisschen Gras. Da ist ja wohl nichts dagegen einzuwenden.«
»Wenn es dabei bleibt nicht unbedingt«, sagte Uschasnik. »Auch wenn Marihuana als Einstiegsdroge gilt, und das übrigens völlig zurecht.«
»Blödsinn.« Ich lehnte mich in dem Sessel zurück und verschränkte meine Arme. Das wärmte mich wenigstens etwas. Ich fror nämlich immer stärker.
»Wie geht es dir denn, wenn du mal ein paar Tage nicht rauchst?«
»Gut. Warum fragen Sie das?«
»Drogen machen süchtig. Und eine Sucht äuÃert sich dadurch, dass man sich schlecht fühlt, oder müde, lustlos, depressiv, wenn man die Drogen nicht kriegt, oder dass man ganz einfach ein groÃes Verlangen hat, die Droge endlich wieder zu nehmen.«
»Ist bei mir nicht so.« Mir war mulmig. Aber ich kämpfte die aufkommenden Zweifel nieder. Ich war nicht der Typ, der süchtig wurde, da war ich mir sicher. Geht es mir deswegen gerade so beschissen?
»Dann ist gut«, sagte Uschasnik. Aber ich sah in seinen Augen leichten Zweifel oder gar Misstrauen. »Sollte so etwas doch einmal geschehen, dann würde ich mich freuen, wenn du es mir erzählst, damit ich dir helfen kann. Denn aus jeder Sucht gibt es einen Ausweg, auch wenn es manchmal hart sein kann. Und ich möchte nicht, dass du so etwas erleben musst, nach allem, was du durchgemacht hast.«
»Wissen Sie was?« Ich rutschte auf meinem Sessel wieder nach vorne und machte mich fertig aufzustehen. »Sie gehen mir ganz schön auf die Nerven mit ihrem Gelaber von was ich alles schon durchgemacht haben soll, oder von dem, was passiert sein soll. Ich hab keine Ahnung, von was Sie da reden! Und ich hab auch keinen Bock mehr, weiter meine Zeit damit zu verschwenden!«
Ich stand auf, spuckte diesmal richtig auf seinen Teppich und verlieà lautstark seine Praxis.
Auf dem Grünstreifen traf ich ihn wieder. Wie immer. Er saà da, glotzte in die Baumkrone über ihm und reagierte erst, als ich ihn wiederholt ansprach und anstubste.
»Hey Chicka!«, sagte er und hustete sich anschlieÃend die Bronchen aus dem Leib. »Tschuldige«, brummte er, »hab zuviel geraucht die letzten Tage. â Alles chicko alles klar bei dir?« Ich nickte. Ich hatte keine Lust auf Smalltalk übers Wetter oder sonstigen Kram. Smalltalk hatte ich heute schon genug gehabt. Ich wollte Steinchen und dann zurück zu Anne.
»Wieviel brauchste?«, wollte er wissen.
Ich nannte ihm den Betrag, den ich in der Tasche hatte, fein säuberlich zerknüllt, und er machte groÃe Augen. Aber ein paar Minuten später hatte ich genug von den Steinchen, um mehrere Weltreisen antreten zu können.
Noch an Ort und Stelle rauchte ich ein Steinchen, schaute mir wie unbeteiligt die Aschenwelt an und freute mich anschlieÃend darüber, dass sich meine Laune gebessert hatte, dass mir nicht mehr kalt war und auch darüber, dass das Jucken verschwunden war, als sei es nie dagewesen.
Als ich zuhause in die kühle Empfangshalle unserer Villa trat, wusste ich im selben Augenblick, dass etwas anders war als sonst.
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