Ash Grey
mir peinlich. Felix legt eine Hand auf meinen Bauch, sie rutscht kurz hinauf, dann wieder hinunter. Er drückt mich weg.
>> Ich muss in dreißig Minuten arbeiten. <<
Ich nicke verlegen und will von ihm runter rutschen, aber er hält mich fest.
>> Ich bin um sieben wieder da. <<
Er klingt ein wenig atemlos, irgendwie verheißungsvoll. Meine Fantasie geht mit mir durch.
>> Okay… <<
Ich bekomme noch einen Kuss, aber einen unschuldigen, dann hebt er mich von sich runter und verschwindet unter der Dusche.
Bevor er geht gibt er mir einen Wohnungsschlüssel. Er will wissen was ich vor habe, aber ich weiß es nicht.
>> Vielleicht besuche ich Freundinnen. <<
Er nickt. Wahrscheinlich glaubt er mir nicht, weil er Jens‘ SMS
mitgelesen hat, aber ich bin zu feige um es anzusprechen, außerdem muss er los.
Ich will das irgendwie klären. Früher oder später laufe ich Jens wieder über den Weg. Früher oder später erzählt ihm jemand, dass ich bei Felix eingezogen bin und dass wir jetzt zusammen sind. Sind wir zusammen? Ich weiß es nicht. Es ist eigentlich egal, es fühlt sich gut an, also muss es richtig sein. Ich habe Angst, dass Jens mir alles kaputt macht. Noch mehr Angst habe ich davor, dass Felix erfährt warum wir uns getrennt haben. Alle wissen es, irgendwer erzählt es ihm bestimmt.
Weil ich keine Lösung für meine Probleme finde, höre ich auf darüber nachzudenken. Ich verdränge mal wieder alles, bis es zu spät ist. Irgendwann holt mich das Ganze ein, soviel ist sicher. Ich kann es trotzdem ignorieren.
Es sind Sommerferien. Die meisten verbringen ihre Tage im Freibad. Ich gehe nicht gerne schwimmen, weil die Brandmale an meinem Oberkörper mir peinlich sind. Ich will das nicht jeden erklären müssen und ich will nicht angestarrt werden.
Ich fahre zu Vera und Rhena. Wir kennen uns von der Nachhilfe. Ich habe Rhena in Mathe geholfen, eine ganze Weile lang. Jetzt ist sie in einem Institut. Vera ist ihre Schwester. Sie sind nett, wir haben uns schnell angefreundet. Sie wollen mit ihren Hunden spazieren gehen und ich begleite sie. Vivi ist ein weißer Pudel mit ADS, Dongdong ein schwerfälliger, einfältiger Boxer. Sie wissen nichts von meinen Problemen zuhause – Vera und Rhena, nicht Vivi und Dongdong. Ich erzähle ihnen nur, dass ich Arbeit suche und verliebt bin. Sie wollen alles über Felix wissen, aber ich rede gerne über ihn, also genieße ich ihre Fragen. Vera hat ein Smartphone. Sie googelt Ash Grey und sucht nach Fotos von Felix. Sie glaubt gar nicht, dass er echt ist. Das Foto das sie rausgesucht hat, muss von einem Fotografen gemacht worden sein. Seine Augen blitzen überirdisch blau. Mit so einem Cover würden sie eine Menge CDs verkaufen. Ich war nie sonderlich eifersüchtig. Jens hat oft mit anderen Mädchen geflirtet, aber ich denke er hat mich nicht betrogen. Eigentlich ist Eifersucht eine sinnlose Emotion, sie bewahrt einen nicht davor verletzt zu werden.
>> Wow das ist der süßeste Typ der Welt, echt! <<
Vera kichert vor sich hin.
>> Du warst doch vorher auch schon mit einem total süßen Musiker zusammen, oder? <<
Rhena kennt Jens. Er hat mich manchmal von der Nachhilfe abgeholt. Ich nicke schwach.
>> Ja, ist aber schon eine Weile her. <<
>> Ich will auch so gutaussehende Freunde haben! Die sehen bei dir ja alle aus wie Models! << , meint Rhena verträumt und zieht Vivi weiter, die an einem Baum stehengeblieben ist.
>> Das ist weil Kim aussieht wie eine blauäugige, kleine Puppe und du dir die Haare rappelkurz schneidest und blau färbst! << , tadelt Vera ihre kleine Schwester, die sofort den Blick verfinstert.
>> Hey, das nennt sich Punk! Und es gibt auch einen Haufen ultrahübsche Punks da draußen! So einen will ich! <<
Die stehen aber auch alle auf Mädchen wie Kim! << , kontert Vera.
Sie war schon immer dagegen, dass Rhena sich so vom Punk inspirieren lässt. Ich will nicht, dass sie deshalb streiten, also wechsle ich das Thema. Wir reden über die Schule. Rhenas Noten sind stabil. Ihre Eltern haben sie in einem Nachhilfeinstituts angemeldet, seitdem lernen wir nicht mehr zusammen. Ich versichere ihr, dass sie anrufen kann, falls sie trotzdem etwas braucht.
Dongdong jagt ein Eichhörnchen, aber nur fünfzehn Sekunden lang, dann sieht er ein, dass er zu fett ist. Ich mag Hunde, lieber als Katzen. Sie sind abhängig und treu und alleine gehen sie zu Grunde – genau wie ich, wahrscheinlich mag ich sie deshalb. Mein Handy vibriert. Felix schreibt mir eine SMS,
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