Ashes Bd. 1 Brennendes Herz
graues, gekräuseltes Haar. In einem anderen Leben, vor diesem Albtraum, hatte sie vielleicht Schokoladenplätzchen für ihre Enkel gebacken, aber jetzt nicht mehr.
Sie richtete ihr Gewehr auf Alex’ Brust. »Lass es.«
33
I st sie tot?«, fragte Ellie.
»Ich weiß nicht.« Sie hatten Alex und Ellie vom Laster weggeführt, und Alex musste den Kopf recken, um durch das hohe Gras zu spähen. Alles, was sie sehen konnte, war, dass der Hund ausgestreckt auf dem schneebedeckten Boden lag. Hätte sie doch nur gewusst, mit welchem Befehl man Mina zum Schweigen bringt. Da sie es leider nicht gewusst hatte und der Hund nicht zu bellen aufhören wollte, beschloss einer der beiden Männer – die beide ziemlich alt waren, etwa in Larrys Alter, schätzte Alex –, dass sein Gewehrkolben auch gut als Baseballschläger taugte. Was vielleicht Anlass zur Hoffnung gab, denn einen Schlag auf den Kopf konnte der Hund überlebt haben. Ein Schuss, und es wäre vorbei gewesen. Alex sah, wie sich der Brustkorb des Hundes mühsam hob und senkte und wieder hob. »Nein, sie atmet. Sie haben sie nur bewusstlos geschlagen.«
»Sie haben mich gezwungen, in die Pfeife zu blasen.« Zornig funkelte Ellie die Frau an. »Sie hat gesagt, sie würden Mina erschießen, wenn ich es nicht tue.«
Hinter ihrer vorgehaltenen Waffe knurrte die Frau: »Vielleicht tu’ ich’s trotzdem noch, wenn du nicht die Klappe hältst.«
»Ist schon gut, Ellie.« Alex wandte ihre Aufmerksamkeit Tom zu, der gerade das große Zelt abbaute, während der ältere der beiden Männer einen Gewehrlauf auf Toms Rücken gerichtet hielt. Der andere, der Mina niedergeschlagen hatte, hatte bereits das Notzelt eingepackt und durchstöberte jetzt die Ladefläche. Sie hatten sämtliche Waffen gefunden, mit Ausnahme des Stiefelmessers und der Glock – Alex trug sie noch immer in dem gepolsterten Hüfthalfter unter der Schaffelljacke, die sie aus der Rangerhütte mitgenommen hatte. Hoffentlich kam niemand auf die Idee, von ihr zu verlangen, dass sie sie aufknöpfte. Den größten Teil ihrer Munition bewahrten sie in einem im Waffenschrank gefundenen Stoffbeutel auf, doch schon hatte der jüngere der beiden alten Männer sie entdeckt.
»Hab’s gefunden.« Das Gesicht des Kerls sah aus, als hätte es jemand mit einem Bügeleisen malträtiert, als er ein Baby war. »Da haben wir Kaliber fünfundvierzig für die Smith & Wesson, hier sind neun Millimeter und da noch Zweiundzwanziger für die Browning.«
»Und für das Gewehr und die Schrotflinte?«, rief ihm die Frau über die Schulter zu.
»Alles da drin.« Bügeleisengesicht zog den Reißverschluss der Stofftasche zu. »Ich nehm die Winchester. Diese schwere Zweiundzwanziger nervt mich. Würd sie am liebsten wegschmeißen.«
»Wir schmeißen gar nichts weg«, knurrte der Ältere, ein untersetzter Kahlkopf mit rotem Gesicht, dichten grauen Stoppeln an den Wangen und einer wahren Landkarte aus zornigen Blutgefäßen. »Man kann nie wissen, wann man was braucht. Wir nehmen alles mit, was wir selbst mitgebracht haben und was wir von denen haben.«
»Damit bringt ihr uns um«, sagte Tom, während er die Tragetasche des Zelts zuschnürte. »Wenn ihr uns alles wegnehmt, unsere Lebensmittel, unsere Waffen, den Laster, dann könnt ihr uns genauso gut gleich erschießen.«
»Können wir schon erledigen, wenn du willst«, erwiderte Bügeleisengesicht. »Ohne Typen wie euch sind wir sowieso besser dran.«
Tom achtete nicht auf ihn. »Bitte, lasst uns eine Schusswaffe oder den Bogen und eine unserer Taschen da«, wandte er sich an den Kahlköpfigen. »Mensch, glaubt ihr denn, ich schieße euch die Reifen mit einem Pfeil platt? Alles andere habt ihr doch. Gebt uns wenigstens eine Überlebenschance.«
Alex merkte, dass der Alte unschlüssig wurde. Offenbar spürte das auch das Bügeleisengesicht, denn er sagte: »He, halt dein verdammtes Maul. Hör nicht auf ihn, Brett.«
»Bitte«, sagte Tom.
»Ich sagte, halt’s Maul.«
»Tut mir leid, aber ich kann euch nicht helfen«, entgegnete Brett. »Ich würde es tun, wenn es ginge, aber ich kann nicht. Wir sind zu dritt, und wir haben einen langen Weg nach Süden vor uns. Ich habe gehört, dort ist ein Flüchtlingslager der Armee. Wenn ihr klug seid, seht ihr zu, dass ihr auch dorthin kommt.«
»Wie denn? Ihr nehmt uns doch alles ab«, sagte Tom.
»Müsst ihr eben latschen, so wie wir vorher auch«, antwortete das Bügeleisengesicht. »Es gibt ’ne Menge Farmen und ’ne Menge Leichen,
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