Ashes - Pechschwarzer Mond (German Edition)
stand einen Spaltbreit offen. Überall hatte man Bodenbretter herausgestemmt, sodass ein dunkles rechteckiges Loch entstanden war, groß genug, dass sich ein Mensch hinunterlassen konnte. Hier war der Verwesungsgeruch stärker, ebenso drang der Geruch nach altem Dreck aus dem Kriechkeller unter dem Haus. Die Katze war nirgends zu sehen.
Er ging um das Loch herum und spähte aus dem Fenster über der Spüle. Die beiden Jungs passierten gerade einen Holzstapel neben einer frei stehenden Garage. Beide schauten gleichzeitig über ihre Schulter. Der kleinere – ein Wuschelkopf – machte eine abwehrende Geste nach hinten. Schlechte Neuigkeiten, es sind mehr als nur die zwei. Für den Bruchteil einer Sekunde ließ er sie aus den Augen und reckte den Hals, um eventuell zu erkennen, wer da noch war und wie viele.
Es war ein Sekundenbruchteil zu lang. Als er den Blick wieder auf die zwei richtete, schaute ihn der ältere, größere Junge aus seinen dunklen Augen direkt an.
»Mist!«, zischte er und duckte sich, auch wenn er wusste, dass es dafür schon zu spät war. Doch vielleicht gelang es ihm, einen Kampf zu vermeiden. Rasch drehte er sich um. Er würde versuchen, aus der Küche in den ersten Stock zu kommen, denn es war immer einfacher, sich von oben zu verteidigen. Und vielleicht gelang ihm ja auch die Flucht aus dem Fenster. Eine hastige Bewegung zu seiner Linken, er sah einen Jungen zum Vordereingang laufen, während der zweite, größere Junge in geduckter Haltung die Stufen zum Seiteneingang in die Küche nahm.
Keine Zeit mehr, die Treppe zu erreichen. Tom setzte sich auf den Boden, ließ die Beine über den Rand des Lochs im Küchenboden baumeln und rutschte dann hinunter. Der Kriechkeller war gerade mal einen halben Meter hoch und buchstäblich pechschwarz bis auf die dünnen Lichtstreifen, die durch die Ritzen zwischen den Bodendielen fielen. Es roch nach Schimmel, und der stechende Gestank nach toten Mäusen trieb ihm Tränen in die Augen. Zudem schmeckte er förmlich den Geruch nach verstopftem Abflussrohr, sodass er nur verhalten einatmete, während er auf dem Bauch über den kalten Boden robbte und tiefer in den niedrigen Keller kroch. Zu dem fauligen Geruch gesellte sich jetzt der eines Fäkalientanks, der dringend geleert werden musste. Die Leute, die hier gewohnt hatten, mussten in ihre Toiletten geschissen haben, bis sie überliefen.
Weit genug. Er drehte sich auf die Seite und richtete den Blick auf den Weg, den er gekommen war. Durch das Bodenloch schimmerte Licht. Solange er sich still verhielt, würden sie ihn nicht entdecken, wenn sie hinunterschauten. Da fiel ihm ein, dass die Chuckies im Dunkeln hervorragend sehen konnten. Trotzdem, wenn es zu einem Kampf kam, hätte er wohl eine Chance. Auch mit Jeds Bravo in der Gewehrtasche lagen noch dreißig Zentimeter zwischen seiner Uzi und dem Unterboden des Hauses – reichlich Platz sich herumzurollen.
Nimm alles, was durchs Bodenloch kommt, unter Beschuss. Er zog die schallgedämpfte Uzi vor die Brust und richtete die Mündung auf den Lichtstreifen. Danach musste er schnell sein. Natürlich konnte der zweite Jugendliche in den Boden schießen, aber beide trugen Repetiergewehre. Tom stellte den Feuerwahlhebel der Uzi auf Vollautomatik. Schieß los, volles Rohr und dann …
Direkt über ihm knarzten die Dielen. Ein leises Krrz . Noch ein paar Schritte, der schwache Lichtfleck wurde dunkler und wieder heller, während der Junge die Küche durchquerte. Dann trampelte der zweite Junge durch den Korridor. Tom krümmte den Rücken und machte sich so klein wie möglich – und spürte eine Hand auf der Schulter.
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E in Schrei ballte sich in seiner Brust, drängte nach draußen und ließ sich erst im allerletzten Moment zurückhalten. Tom zog die Beine an, rollte sich seitwärts weg und brachte die schallgedämpfte Uzi in Anschlag. Und als es schon fast zu spät war, in dem Sekundenbruchteil, als sich sein Finger bereits am Abzug krümmen wollte, da sah er etwas, das ihm vorhin entgangen war, weil sich seine Augen noch nicht an die Dunkelheit gewöhnt hatten und er sich auf das Bodenloch konzentriert hatte, nicht auf das, was hinter ihm im Dunkeln lag.
Der Chucky, der den Kriechkeller zu seiner privaten Speisekammer umfunktioniert hatte, musste ein ziemlich fleißiges Kerlchen gewesen sein. Im grauen Zwielicht glaubte Tom, vier Leichen ausmachen zu können, mindestens aber zwei, wegen der Köpfe. (Der Form halber für eine korrekte Zählung bei
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