Ashes to Ashes (German Edition)
die
Lippen, grübelte sichtlich nach.
„Verstehe“, räumte sie schließlich ein,
versuchte die Enttäuschung in ihrem Gesicht mit einem erneuten steifen Lächeln
zu überspielen.
„Verzeiht die Störung!“
Damit verabschiedete sie sich, tauchte wieder in
den Menschenmengen unter.
Im Nachhinein tat es Duncan leid, dass er sie
nicht etwas einfühlsamer behandelt hatte.
Vielleicht begannen Gabriels Gemeinheiten
inzwischen auf seine Einstellung zu Christens Verwandtschaft abzufärben.
/Mistkerl!/, durchzuckte es ihn erneut und nachdem er das Schloss verlassen hatte, spuckte er
auf den Boden, wischte sich wieder und wieder über die Lippen, als könne er sich
so endlich Gabriels Anwesenheit entledigen.
Den Ritt durch die einsame Nacht genoss er,
fühlte, wie der kalte Wind mit seinen Haaren spielte, wie sich sein Hengst in
die Schatten der Dunkelheit fügte, geschmeidig und...
„Bruder!“, drang ihm plötzlich eine weiche, doch
unsichere Stimme entgegen, als er am Torbogen zu den Unterkünften ankam.
Ein kleines gelbes Licht durchzuckte die
Finsternis, warf schaukelnde Schatten auf das Gesicht eines kleinen Mädchens.
Schmutzig waren ihre bleichen Wangen, verweint das runde Gesicht, in welchem
volle Lippen bebten.
„Sie stirbt, Duncan! Mutter stirbt! Es bringt
sie um!“ Laut heulte das Mädchen los. Ohne langes Zögern glitt Duncan aus dem
Sattel und eilte zu ihr. Fest umklammerten ihre kleinen Arme die Taille des
jungen Mannes, wobei sie die dürren Finger in seinem Wams verkrampfte als suche
sie nach Halt.
„Selina, was tust du hier? Bist du den ganzen
Weg alleine gekommen?“
Duncan blickte sich nach allen Seiten um, doch
außer dem Torwächter, der herzhaft gähnte, als sich ihre Blicke trafen, war
niemand zu sehen.
Fest drückte er das Mädchen an sich, kniete sich
zu ihr nieder, um ihr mit der Hand die zottigen Strähnen ihres braunen Haares
aus der Stirn zu streichen.
„Beruhige dich erst einmal! Und dann noch einmal
langsam von vorne...“
„Nein, Duncan!“, heulte sie erneut auf, konnte
die dicken Tränen nicht zurückhalten, die ihre runden Augen füllten.
„Wir haben keine Zeit! Du musst mitkommen! Mama
geht’s schlecht! Sie muss vielleicht sterben und...“
Ruckartig erhob sich der junge Mann, packte
Selinas Hüfte und setzte sie vor sich in den Sattel seines Pferdes. Er hatte
keine Ahnung was passiert war, aber wenn seine kleine Schwester extra den Weg
bis zum Schloss gekommen war, dann war es keine Kleinigkeit und es galt, schnell
zu handeln.
Mit einem lauten „Heah!“ trieb er sein Pferd an
und sie preschten davon.
***
Er konnte nicht länger bei ihnen sein - bei all
den Gästen, seinen Eltern, dem Hofstaat und vor allem nicht... bei ... ihr !
Er hatte es ja versucht!
Er hatte sich solche Mühe gegeben, freundlich
und zuvorkommend zu sein und immer wieder die Abneigung verleugnet, die er doch
tief in seiner Brust spürte, wenn sie bei ihm war.
Bei dem Gedanken, dass er ständig krampfhaft
versuchte, vor seiner eigenen künftigen Gemahlin davon zu laufen, lächelte
Christen bitter.
/Ein Feigling bin ich, nichts weiter!/
Fest biss er die Zähne aufeinander, dass sie
knirschten, als er sich mit dem Rücken an die kalte Mauer der Kirche lehnte, vor
der er stand. Schützend legte er sich den rechten Unterarm über die Augen. Er
glaubte doch nicht tatsächlich, so vor der Wirklichkeit fliehen zu können?! Auf
solch einfache Art und Weise... Nein, Leben bedeutete Qual und weiß Gott,
Bernadette quälte ihn!
Eine kurze Erinnerung flackerte in seinem
geistigen Auge auf, ließ ihn erneut auf das tanzende Paar starren, auf
Bernadettes schmale Schultern und Duncans...
Verzweifelt biss er sich auf die Unterlippe,
fluchte leise.
/Ich muss beichten!/
Die Kirche war menschenleer und kaum ein
Lichtstrahl erhellte die gähnende Schwärze der Geistlichkeit.
Ein kalter Schauer wanderte durch Christens
Körper, während er langsam zum Altar schritt, dem harten Klang seiner Stiefel
auf dem Steinboden lauschend.
Er wagte kaum zu atmen.
Irgendwo fiel eine schwere Tür ins Schloss, als
er in den Beichtstuhl schlüpfte. Er hatte sich schon oft gewundert, dass es
gleichgültig war, wann man die Kirche besuchte. Es würde immer jemand da sein,
der einem Gehör schenkte, auch wenn es sich nur um Banalitäten handelte.
Neben ihm knarrte ein Stuhl. Er konnte das
dumpfe Krachen des alten Holzes durch die
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