Ashes to Ashes (German Edition)
den Prinzen an diesem Abend noch nicht gesehen, aber es würde wohl auch
ein Kunststück sein, den jungen Mann hier zu finden, genauso gut konnte man eine
Nadel im Heuhaufen suchen. Es sei denn, der Prinz würde seinem Vater und der
Königin Gesellschaft leisten, deren Thronsessel an der Frontseite der Halle
standen, so dass sie alles überblicken konnten.
Doch Christen wäre nicht Christen, wenn er sich
dort aufhalten würde unter den wachsamen Augen seiner Eltern, denen er doch so
oft zu entkommen suchte.
„Duncan! Duncan, Gott sei Dank, dass ich Euch
gefunden habe!“
Der junge Ritter zuckte innerlich zusammen, als
er unerwartet eine leichte Berührung auf der Schulter spürte. Christen lehnte
sich vorsichtig auf ihn und keuchte mit geröteten Wangen, bevor er schließlich
weiter sprach. Ein zartes Lächeln hatte sich in seinen Mundwinkel gegraben,
während er die Blicke suchend durch die Menge schweifen ließ.
„Ich weiß nicht, wie lange ich nun schon durch
die Gäste streife!“ Er beugte sich nahe an Duncans Ohr um zu flüstern, auch wenn
bei dem Wirrwarr von Stimmen um sie herum wohl sowieso niemand seinen sanften
Tenor hörte, wenn er gedämpft genug sprach.
„Ich versuche den größtmöglichen Abstand zu
Bernadette und Gabriel zu halten. Nah, ich habe keine Lust mit ihr zu tanzen.
Nicht jetzt schon! Zwar weiß ich, dass ich nicht darum herum kommen kann, aber
ich will das Ganze möglichst weit hinaus zögern, sonst kann ich das Mädchen den
Rest des Abends nicht mehr abschütteln! O nein...“ Er verdrehte genervt die
Augen. „Ich glaube, sie hat mich wohl gesehen. Kommt sie hierher? Sie kommt
hierher! Habe ich recht?“
Duncan konnte sich ein Schmunzeln nicht
verkneifen. In diesem Augenblick kam ihm Christen wie ein kleiner Junge vor, der
Angst hatte, beim Versteckspielen gefunden zu werden.
„Woher, mein Prinz, soll ich wissen, wen Ihr
meint? Ich habe Bernadette noch nie gesehen!“
„Oh... Ihr habt recht!“, lachte er.
„Aber Ihr könnt sie eigentlich nicht verfehlen!
Sie sieht Gabriel recht ähnlich, nur ist ihre Gestalt viel zierlicher und die
Haut blasser. Die Lippen sind fein wie die einer Lady, außerdem... Duncan! Ich
bitte Euch... sollte sie hier auftauchen und ich weiß, das wird sie, bitte
bittet sie zum Tanz! Damit verschafft Ihr mir die Möglichkeit, ihr noch einmal
zu entkommen. Ich will sehen, dass sie mich das nächste Mal nicht so einfach
ausfindig machen kann!“
Er grinste breit, hatte keine Zeit mehr, Duncans
Antwort abzuwarten, denn Lady Bernadette war hinter den beiden Männern
erschienen, zwinkerte verzückt mit den langen Wimpern, als sich Christen nach
ihr umwandte.
Der Prinz hatte die Wahrheit gesprochen. Sie sah
ihrem Bruder wirklich sehr ähnlich und dennoch mangelte es ihr an der
Boshaftigkeit, die aus Gabriels Augen sprach. Ihre fein geschwungenen Lippen
kontrastierten die zarte Blässe ihrer reinen Haut, spiegelten sich in der
Schönheit ihrer großen Augen wieder, die sie verführerisch niederschlug, als sie
dem Prinzen zunickte.
Doch bevor Christen ihre ausgestreckte Hand
ergreifen musste, drängte sich Duncan dazwischen und nahm ihre zarten Finger in
die seinen.
„Mein Prinz... ich hoffe Ihr erlaubt, dass ich
diese reizende Lady zum Tanz auffordere, bevor Ihr sie den Rest des Abends für
Euch beansprucht?“ Duncans Stimme klang betörend, als er einen leichten Handkuss
andeutete und Bernadette zulachte.
Zuerst wirkte sie etwas enttäuscht, dass
Christen so einfach dem Antrag zustimmte, dass er so gar nicht um sie kämpfte,
wie sie es doch so oft erträumte, doch Duncan war ein gut aussehender junger
Mann und sie würde gerne einen Tanz mit ihm riskieren. Vielleicht könnte sie
Christen so endlich ein wenig eifersüchtig machen und irgendwann käme er heute
Abend von selbst angelaufen wie ein herrenloses Hündchen, dass nach der Hand
seiner Liebsten lechzt.
Christen starrte den beiden hinterher, als sie
auf die Tanzfläche schwebten und sich unter die anderen Gäste mischten. Und in
seinem tiefsten Inneren fühlte er Eifersucht. Empfand er für Bernadette
vielleicht doch mehr als er glaubte und... nein... er war nicht eifersüchtig auf
Duncan... nicht auf ihn , sondern auf seine Cousine, die sich wie Butter
in die Arme seines Ritters schmiegte. Und niemand würde Anstoß daran nehmen,
denn so war es von Gott gedacht.
Unsicher ballte er die Hände zu Fäusten.
/Ich muss zuviel getrunken
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