Ashes to Ashes (German Edition)
zu sehen“, nickte Christen
seinem Gegenüber zu, doch fahl war das Lächeln auf seinen Lippen.
Er war so müde…
Duncan hatte so viele Fragen: Wann sie
eingetroffen waren, wie sie den Krieg hinter sich gelassen hatten und weshalb
Christen nun allein in der Hütte seiner Großmutter stand. Allein und so…
distanziert von allen.
Aber er brachte kein Wort hervor, denn er war
viel zu sehr in sein Starren vertieft. Es war ihm einfach nicht möglich, die
Blicke vom Prinzen abzuwenden, als läge ein magischer Bann auf seinem eigenen
Willen.
„Die Truppen werden morgen die Stadt erreichen.
Man erwartet uns bereits. Es wird ein Fest geben! Ruhm und Ehre für die
glorreichen Sieger!“, begann Christen zu erzählen, während er sich unter einem
erschöpften Seufzen auf einem Stuhl nieder ließ und die Ellenbogen auf die
Oberschenkel stützte.
Vorsichtig fuhr er sich mit dem Mittelfinger der
rechten Hand über die Verletzung an seinem Auge, unterbewusst, doch seine
Mundwinkel zuckten kurz, als er den einschießenden Schmerz verspürte.
„Ich will, dass du mit mir in die Stadt
einreitest, Duncan! Du und dein Freund!“
Es hätte nach einem unumstößlichen Befehl
geklungen, hätte die Stimme des Prinzen nicht vor Müdigkeit gestarrt. Christen
hob den Kopf und blickte Duncan fragend an.
„… Ich… werde… bei Euch sein…“, gab jener
zaghaft zur Antwort.
„… Nur nicht an Eurer Seite. Nicht in Eurem
Tross!“
„Dir gebührt Ehre wie jedem anderen Mann auch.
Doch du meinst, dass du dich verstecken musst, habe ich recht?“
/In dieser Hinsicht bist du wie ich…/
„Ich bin nicht beteiligt am Sieg der königlichen
Truppen. Verlangt es nicht von mir… Ich…“
Christen senkte die Augenlider, legte sich die
Zeigefinger links und rechts gegen die Nasenwurzel, als würde er jeden
Augenblick in ein tiefes Grübeln verfallen. Aber er war zu erschöpft und nickte
nur stumm, bevor er sich schwerfällig von seinem Platz erhob.
„Dein Platz in den Truppen wird immer für dich
frei sein! Schließ dich uns an, wenn wir morgen einreiten, wenn du willst!“
Mehr sagte er nicht. Er wandte sich stattdessen
wieder seiner Großmutter zu.
/So sachlich und kühl… Der Krieg hat dich
verändert…/
„Ich reite zurück zu den Männern! Die Vorhut
lagert nur eine Stunde von hier! Sie warten auf meine Rückkehr!“
Duncan hatte mit einem Protest der alten Frau
gerechnet, doch stattdessen tätschelte sie ihrem Enkel nur liebevoll die Wange.
Christen verabschiedete sich mit einem vorsichtigen Lächeln und ging, ohne sich
noch einmal nach Duncan umzusehen.
Draußen kristallisierte sein heißer Atem in der
sternenklaren Nacht.
Er war endlich daheim!
Wie hatte er all die Monate diesen Moment
ersehnt, den Geruch des Waldes, die Stille der Freiheit.
Und wie hatte er sich davor gefürchtet, sich
abermals im Taumel der Gefühle zu verlieren, sobald er ihm gegenüber
stand.
Schwungvoll saß er auf seinem Pferd auf und
klopfte ihm zärtlich den muskulösen Hals.
„Jetzt können wir vielleicht wieder schlafen,
Florentine! Er lebt und es geht ihm gut. O Gott sei Dank, er lebt!“
Erleichtert bettete er seinen schweren Kopf in
die Mähne des angenehm warmen Tieres und lauschte seinem Herzen, das ihm bis in
den Hals schlug.
Die Turmuhr schrie - neunmal, in einem tiefen,
monströsen Singsang, der die prächtige Stadt erschüttern ließ in ihren eigenen
Mauern.
Dicht gedrängt stand das Volk in den
Marktstraßen, ein jeder starrte gebannt und laut jubelnd auf die Heimkehrer.
Hurra! Sie hatten es endlich geschafft! Sie hatten den Krieg gewonnen und waren
siegreich zurückgekehrt.
Die weinenden Witwen, die ein Kreuz vor der
Brust schlugen, als sie ihren Gatten nicht unter den Siegern erspähen konnten,
nahm keiner wahr.
Ein seichter Wolkenschleier verdeckte noch das
Licht der schwachen Sonne, dennoch blendete ihre Helligkeit im Spiegel der
silbernen Rüstungen.
Duncan kniff die Augen zusammen. Er atmete flach
und beschwerte sich nicht, als ihm sein Nachbar den Ellenbogen in die Rippen
rammte, um sich eine bessere Position in der Menge des gaffenden Volkes zu
sichern. Er wollte unerkannt bleiben, verborgen unter der braunen Kapuze eines
alten Wollmantels, die sein Gesicht beschattete. - Ungesehen inmitten all der
Zuschauer und Gaukler, der Musikanten und Blumenmädchen, die getrocknete Blüten
auf die Ankömmlinge
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