Ashes to Ashes (German Edition)
einem
Kinnhaken an. Gabriel griff nach seiner Hand und vereitelte das Vorhaben.
„Sei verflucht noch mal nicht so undankbar,
Bursche! Schließlich war ich es, der den hübschen Arsch deines geliebten
Prinzen gerettet hat! Ohne mich könntest du jetzt an seinem Grab Trübsal
blasen und seinem Gemächt hinterher geifern wie ein zahnender Säugling!“
Wütend stieß er den Jüngeren noch einmal zurück
und wendete sich dann unter einem Murmeln ab, welches Duncan nicht verstand.
Es war ihm auch völlig gleichgültig, so
unwichtig. Und er wischte sich erneut mit dem Ärmel über die Haut. Dieses Mal
über die Lippen, da er Gabriels Feuchtigkeit noch an sich kleben glaubte.
Zähneknirschend ballte er die Hände zu Fäusten
und hieb einmal kräftig gegen die Wand.
Einmal. Zweimal.
Tief durchatmen…
Er schloss die Augen und sog die beißende Luft
in seine Lungen, bevor er sich die Kapuze erneut über den Kopf zog und zurück in
die Gasse lief, aus der er gekommen war. Vielleicht wäre es doch klüger, sich
wieder unter das Volk zu mischen. Wie hatte Gabriel ihn nur gefunden? Per
Zufall… oder hatte er ihm aufgelauert, gewartet? Unmöglich!
Es ergab keinen Sinn…
Er musste doch Wichtigeres zu tun haben, als
einem kleinen Ritter aufzulauern, um sich über ihn lustig zu machen und ihn zu
demütigen…
/Ich kann es nicht zum Schweigen bringen! Mein
Herz… sei still, sonst hört man uns…/
Sie konnte nicht glauben, was sie eben gesehen
hatte.
Sie konnte nicht und sie … wollte nicht.
Es musste alles ein Missverständnis sein!
Vielleicht hatte sie ihn auch verwechselt - eine Frau für ihn gehalten.
Vielleicht eine Frau von männlicher Statur, doch
sie hätte schwören können, dass sie ihn auf dem Marktplatz unter all den Leuten
nicht aus den Augen gelassen oder ihn verloren hatte. Wie ein Schatten hatte sie
sich an seine Fersen geheftet, weil sie doch nur wissen wollte…
Und nun das!
Noch immer schlug Sherryl das Herz bis zum Hals.
Sie bemerkte auch nicht, dass sie die Hände im Entsetzen vor dem Mund zusammen
geschlagen hatte.
„Er hat … geküsst…“ Die Stimme versagte ihr den
Dienst.
„… Ihn … den… anderen Mann. Mein Gott…
Duncan hat einen Mann…“
/Er hat mich abgewiesen für einen… abgewiesen
für einen anderen… Mann./
~20~
Pflichten
Christen konzentrierte sich krampfhaft auf das
Klacken der Hufe seines Pferdes, während er durch die zu beiden Seiten dicht
gedrängten Menschenmassen ritt. Ein Wirrwarr von Stimmen hüllte ihn in ein
unsichtbares Cape und ihm schwirrte der Kopf, als sich das Trommeln einiger
Musikanten hinzu gesellte.
Das Volk bildete eine einheitliche Masse aus
bunten abgetragenen Kleidern, Hauben und blassen Gesichtern, die ihn großäugig
anstarrten, manchmal vorwurfsvoll und doch die meisten voller Ehrfurcht.
Irgendwie kam es ihm so vor, als wäre er allein
in dieser Parade, nur verschwommen nahm er seine Hintermänner oder Erik an
seiner Seite wahr und ab und zu hätte er sich gerne nach hinten umgedreht, um
sich zu vergewissern, dass seine Männer sich nicht in Luft aufgelöst hatten.
Womöglich hätte er lächeln sollen.
Stattdessen erschien ihm seine aufgesetzte Miene
wie eine garstige Fratze, die jeder Laie leicht durchblicken konnte. Natürlich
war er erleichtert und froh, aus dem Krieg zurück zu sein. Aber keiner würde
wohl verstehen, dass er es nicht mochte, von allen Seiten begafft zu werden.
Ruhm dem Sieger und Ehre den Heimkehrern. So ist es schon immer gewesen. Und
schon immer hatte er es verabscheut!
Vorsichtig huschten seine Augen zu dem Rotschopf
an seiner Seite, der wahrscheinlich ein wesentlich zuversichtlicheres Bild abgab
als er selbst. Erik schien sich in all der Aufmerksamkeit gerne zu sonnen,
winkte gelassen in die starrende Menge, nickte den jungen Mädchen zu, die sie
mit getrockneten Blumen bewarfen. Nur ihnen war es aus dem breiten Volk
gestattet, sich bis auf kürzeste Entfernung dem Tross zu nähern, die anderen
Menschen wurden durch Wachtposten hinter menschlichen Schranken gehalten und
versuchten den Siegern näher zu kommen, indem sie ihnen gierig ihre Arme durch
die spärlichen Lücken entgegenreckten.
Christen konnte einen kalten Lufthauch auf
seiner Wange spüren und dennoch brannte er wie Feuer auf seinem rechten Auge,
dort, wo ihn die Narbe entstellt hatte.
Ja, entstellt. Wahrlich, so fühlte er sich.
Äußerlich wie innerlich,
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