Assassine - Hüterin des Drachenbaums (German Edition)
näselnder Stimme kündigte er an: »Meine hohe Dame, Ihre Gemächer. Hier werden Ihro Gnaden, die Meisterin des geheimen Zirkels der ›Hüter des Drachenbaums‹, residieren und die wichtigen Entscheidungen für die weitere Zukunft unserer neuen Gemeinschaft treffen.«
Vor Ari lag eine kleine Kammer. Sie war schlicht eingerichtet. Ein kleiner Schreibtisch mit einem passenden Stuhl stand in der Mitte des Raums und an der Wand ein leeres Bücherregal. Das wackelige Bettgestell beanspruchte den größten Platz. Darüber hing eine kleinere, aber exakte Kopie des Bildes, das sie im Felsendom bewundert und das ihr Leben in neue Bahnen gelenkt hatte. Eine kleine Öllampe spendete Licht, aber das reichte ihr völlig, denn als Enrai konnte sie sich auch völlig ohne Beleuchtung gut zurechtfinden. Wie angewurzelt stand sie da und starrte auf das Bild über ihrer Schlafstätte. Sie schluckte und rang mit den nächsten Worten, doch Konrad kam ihr zuvor: »Du musst nichts sagen. Ich habe es gerne gemacht. Für eine gute Freundin, die ihr Herz am rechten Fleck hat.«
Die kleine Nareil gesellte sich dazu und beide schlugen ihre Fäustchen vor die Brust, um der Ersten Hüterin des Drachenbaums die Ehre zu erweisen. Dabei versuchten sie einen entschlossenen Gesichtsausdruck und sich wie richtige Ritter zu geben, was ihnen nur bedingt gelang. Ari lächelte, denn es sah sehr komisch aus, wie die beiden Kinder versuchten, Soldaten zu imitieren.
»Meine Herrin, die beiden neuen Novizen des geheimen Zirkels melden sich gehorsamst zum Dienst und geloben dir und den Hütern des Drachenbaums ewige Gefolgschaft und Treue. Mögen uns die Nasen abfallen, wenn wir diesen Schwur brechen!«, schmetterte Konrad mit verstellter Stimme. Nareil sah erschrocken aus und fasste sich an ihre kleine Stupsnase, besann sich dann aber und straffte sich sofort wieder.
Ari lachte laut, wurde aber schnell wieder ernst: »Nun denn, Akolythen, ich nehme euren Eid an und werde euch persönlich die Nasen abschneiden, wenn ihr ihn brecht.« Alle lachten und fielen sich in die Arme. Als sie sich ein wenig gefasst hatten, sagte Ari leise: »Ich danke euch beiden und verspreche euch, dass ich auf euch Acht geben werde, so lange ich lebe und darüber hinaus.«
Nachdem Ari einige Stunden geruht hatte, um sich von den Strapazen und dem Erlebten zu erholen, kam Konrad zu ihr in die Kammer und setzte sich aufs Bett. Er trug wieder die schlechte Verkleidung, die in als Zwerg ausweisen sollte. Seine Beine baumelten in ungleichem Takt über dem Boden vor und zurück. Ari rieb sich den Schlaf aus den Augen und setzte sich auf den Stuhl am Schreibtisch. »Konrad, ich kann dir gar nicht genügend danken für alles, was du getan hast, aber über eines müssen wir dennoch reden. Warum eine Schenke und warum verköstigst du hier die Armen und Bettler? So ziehen wir nur unnötig Aufmerksamkeit auf uns.«
Der Seelenwanderer sah gelassen aus und holte tief Luft. »Das ist ganz einfach. Ein Gasthaus ist die beste Tarnung, die man sich wünschen kann. Je öffentlicher man sich gibt, desto weniger interessieren sich die Leute für deine wahren Geheimnisse. Wenn wir nur in einem alten Haus leben würden und die Vorhänge ständig zugezogen hätten, kämen irgendwann Leute und würden wissen wollen, was sich dahinter verbirgt. Also lassen wir sie doch herein und sehen, was wir so treiben. Die Armen und Bettler sind zudem die am meisten unterschätzte Waffe, die es gibt. Sie sind überall und hören alles. Keiner nimmt von ihnen Notiz. Die Reichen und auch die Wachen sehen sie gar nicht mehr, da sie nur irgendwelche zerlumpten Gestalten sind, die eh bald an Krankheiten oder Hunger sterben. Mach sie dir zum Freund und du wirst alles erfahren, was in der Kaiserstadt vor sich geht. Und außerdem kann ich somit auch meine soziale Ader befriedigen«, sagte der Kindliche augenzwinkernd.
Die Dunkle nickte und zog die Riemen ihrer Drachenlederrüstung fest. »In deinen Worten liegt viel Weisheit, mein Freund, aber sage mir, woher wusstest du, was ich vorhabe und dass man dafür früher oder später mehr Leute benötigen würde? An einen Geheimbund oder Zirkel habe ich zwar auch schon gedacht, aber das schien mir immer zu weit weg und zu schwierig zu erreichen. Ich bin eben eine Assassine und die erfüllen ihren Auftrag am liebsten alleine.«
Konrad rutschte unruhig auf dem Bett hin und her und kicherte vor Freude. »Sagen wir es mal so: Ich habe mich kürzlich mit einem alten, einäugigen
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