Assassin's Creed: Der geheime Kreuzzug (German Edition)
zusammen, stürzte mit ausgebreiteten Armen auf den hölzernen Boden, tat einen röchelnden Atemzug. Blut breitete sich rasch um sie herum aus, ihre Schultern hoben sich unter einem langen, rauen Keuchen, eine Hand zuckte, hämmerte im Krampf auf das Holz der Estrade.
Zugleich fiel Swami um. Sein Schwert polterte zu Boden. Der Apfel glühte noch einmal grell auf, dann erlosch sein Leuchten. Altaïr ließ sich neben Maria auf die Knie fallen. Er fasste sie bei den Schultern und drehte sie um.
Sie sah ihn an. Ihre Augenlider flatterten. „Sei stark“, sagte sie. Und starb.
Stille lag über dem Hof. Nur Altaïrs Schluchzen war zu hören, während er Maria an sich drückte und festhielt, ein am Boden zerstörter Mann.
Er hörte Abbas rufen: „Männer! Ergreift ihn!“
Dann stand er auf. Durch einen Tränenschleier sah er Assassinen auf die Estrade zurennen. Angst zeichnete ihre Gesichter. Er hielt den Apfel noch immer in der Hand. Die Menge war in Auflösung begriffen. Die meisten hatten ihr Schwert gezogen, obgleich sie wussten, dass Stahl nichts gegen den Apfel würde ausrichten können. Aber der Versuch, sich zu wehren, war immer noch besser, als davonzulaufen. Plötzlich war der Drang in Altaïr ungeheuer stark, beinah übermächtig, der Drang, den Apfel zu benutzen, um alles zu vernichten, was er vor sich sah, auch sich selbst, denn Maria lag tot in seinen Armen, und sie war sein Licht gewesen. Binnen eines Augenblicks hatte er – von Wut geblendet – alles zerstört, was er wie nichts anderes auf der Welt geliebt hatte.
Die Assassinen hielten inne. Würde Altaïr den Apfel einsetzen? Er konnte die Frage in ihren Augen lesen.
„Schnappt ihn euch!“, keifte Abbas, und die Männer kamen vorsichtig näher.
Rings um Altaïr schienen die Assassinen nicht recht zu wissen, ob sie ihn nun angreifen sollten oder nicht, und so rannte er los.
„Bogenschützen!“, schrie Abbas, und die Schützen ließen ihre Pfeile gegen Altaïr fliegen, der vom Hof hetzte. Die Geschosse klapperten um ihn her zu Boden, nur eines pflügte ihm eine blutige Furche ins Bein. Von links und rechts stürmten Assassinen auf ihn zu, mit wehenden Gewändern, die Schwerter erhoben. Vielleicht hatten sie jetzt begriffen, dass Altaïr den Apfel kein zweites Mal einsetzen würde, und so sprangen sie von Mauern und Geländern, um sich der Jagd anzuschließen.
Altaïr erreichte den Bogendurchgang und fand den Weg blockiert vor. Er drehte sich um, machte kehrt und rannte zwei seiner Verfolger über den Haufen, von denen einer sein Schwert schwang und ihn am Arm verletzte. Altaïr schrie vor Schmerz auf, lief aber weiter, wohl wissend, dass sie ihn hätten erwischen können. Er hatte sie lediglich überrascht, aber sie hatten offenbar Angst gehabt, ihn anzugreifen – oder einfach nur gezögert.
Er änderte abermals die Richtung. Jetzt hielt er auf den Wehrturm zu. Darin, das sah er, legten die Bogenschützen auf ihn an, und das waren die besten, die er kannte. Ausgebildet von den Allerbesten. Sie verfehlten ihr Ziel nie. Schon gar nicht hier und jetzt, wo sie reichlich Zeit hatten, um zu zielen und zu schießen.
Nur wusste er, wann sie schießen würden. Er wusste, dass sie einen Herzschlag brauchten, um ihr Ziel zu finden, einen zweiten, um Luft zu holen und sich zu sammeln, dann …
Schuss.
Er schlug einen Haken und vollführte eine Rolle. Eine Pfeilsalve hämmerte dort zu Boden, wo er gerade noch gewesen war, doch sie verfehlten ihn alle – bis auf einen. Einer der Bogenschützen hatte sein Ziel korrigiert, und dieser Pfeil schnitt Altaïr durch die Wange. Blut lief ihm übers Gesicht, als er sich gegen die Leiter warf, sie erklomm und die erste Ebene erreichte, wo ein überraschter Bogenschütze vor lauter Aufregung nicht wusste, ob er sein Schwert ziehen sollte. Altaïr zerrte ihn von seinem Ausguck. Sich überschlagend stürzte der Mann hinunter. Er würde es überleben.
Jetzt kletterte Altaïr die zweite Leiter hinauf. Er hatte Schmerzen. Er blutete stark. Schließlich erreichte er die Spitze des Turms, von dem er – vor einem ganzen Leben – in die Tiefe gesprungen war, damals so entehrt wie heute.
Er humpelte zur Plattform, trat an die Kante und breitete, während hinter ihm Männer auf den Turm heraufdrängten, die Arme aus.
Dann ließ er sich fallen.
53
10. August 1257
Altaïr will, dass wir die Lehre der Assassinen verbreiten. Das ist sein Plan. Und nicht nur die Lehre sollen wir verbreiten, sondern
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