Assassin's Creed: Der geheime Kreuzzug (German Edition)
Ihr habt mich nicht nur dieser Lektion wegen herbestellt?“
„Ja.“ Al Mualim nickte, und dann hatte er ihn ein weiteres Mal nach Damaskus geschickt, auf die Fährte des Mannes namens Abu’l Nuquod. Er sollte als Nächster sterben. Zunächst aber musste Altaïr mit dem anmaßenden Rafiq vor Ort verhandeln …
* * *
„Altaïr, mein Freund. Willkommen, willkommen. Wessen Leben sollt Ihr Euch diesmal holen?“
Stirnrunzelnd nahm Altaïr zur Kenntnis, dass der Leiter des Büros in Damaskus so dreist wie eh und je war, aber doch nicht so schlimm, um Altaïr wirklich wütend zu machen. Der Mann hatte ein unleugbares Talent dafür, einzuschätzen, wie weit er anderen gegenüber gehen konnte. Hätte der Rafiq diese Begabung besser zu nutzen gewusst, dann hätte er womöglich nicht den ganzen Tag lang hinter einem Schreibtisch hocken müssen. Vielleicht würde ihm Altaïr diesen Vorschlag irgendwann einmal unterbreiten. Zunächst aber hatte er Arbeit zu erledigen. Es gab eine neue Zielperson.
„Er heißt Abu’l Nuquod“, sagte er. „Was könnt Ihr mir über ihn erzählen?“
„Oh, der Handelskönig von Damaskus “ , rief der Rafiq sichtlich beeindruckt. „Der reichste Mann der Stadt. Ein sehr aufregender und ein sehr gefährlicher Mann. Ich beneide Euch, Altaïr. Na ja … nicht darum, bestraft und degradiert worden zu sein … aber um alles andere. Ach so, und natürlich auch nicht um all die furchtbaren Dinge, die die anderen Assassinen über Euch sagen. Aber ja, abgesehen von Eurem Versagen und dem Hass, den man Euch entgegenbringt … ja, abgesehen davon beneide ich Euch doch sehr.“
Altaïr musterte den Mann und stellte sich vor, wie dessen Hals aussähe, würde eine Klinge darin stecken. „Es kümmert mich nicht, was die anderen denken oder sagen“, erwiderte er. „Ich bin hier, um eine Aufgabe zu erfüllen. Darum frage ich noch einmal: Was könnt Ihr mir über den Händlerkönig erzählen?“
„Nur so viel, dass er ein schlechter Mensch sein muss, wenn Al Mualim Euch zu ihm geschickt hat“, antwortete der Büroleiter. „Er hält sich bevorzugt unter seinesgleichen und im prachtvollen Nobelviertel dieser Stadt auf. Er ist ein sehr beschäftigter Mann, hat immer irgendetwas zu tun. Wenn Ihr einige Zeit unter Leuten seines Schlags verbringt, werdet Ihr gewiss alles erfahren, was Ihr über ihn wissen müsst.“
Und genau das tat Altaïr. Er ging zur Umayyad-Moschee und in den Suk Sarouja, und er suchte die Zitadelle von Salah Al’din auf. So erfuhr er, dass der Regent von der örtlichen Bevölkerung gehasst wurde, dass er korrupt war und öffentliche Gelder unterschlagen hatte, von denen ein großer Teil nach Jerusalem als Bezahlung an Wilhelm von Montferrat gegangen war. Diese Information entlockte Altaïr ein grimmiges Lächeln.
An der Madrasah Al-Kallasah traf er auf ein paar Gelehrte, die zu Passanten sprachen und von denen er etwas über Abu’l aufzuschnappen hoffte. Es stellte sich jedoch heraus, dass sie gar nicht über den Händlerkönig redeten. Aber Altaïr hielt sich trotzdem in ihrer Nähe auf, weil das, was sie sagten, ihn stutzig machte.
„Bürger, bringt eure Schriften herbei“, sagte der Erste von ihnen. „Legt sie auf den Haufen vor mir. Schriften zu behalten, ist eine Sünde. Hört und folgt der Wahrheit meiner Worte. Befreit euch von den Lügen und dem Verderben der Vergangenheit.“
Altaïr wollte schon weitergehen, zögerte dann aber doch. Irgendetwas war an diesen Worten: „Befreit euch von den Lügen und dem Verderben der Vergangenheit.“ Konnte das etwas mit dieser „Neuen Welt“ zu tun haben, von der er immer wieder hörte?
Jetzt ergriff ein weiterer Gelehrter das Wort. „Wenn ihr den Frieden wirklich schätzt, wenn ihr wirklich wollt, dass der Krieg ein Ende nimmt, dann gebt eure Bücher, eure Schriftrollen und Manuskripte auf. Denn sie nähren die Flammen der Unwissenheit und des Hasses.“
Altaïr hatte genug gehört, und was er gehört hatte, gefiel ihm nicht. „Gebt eure Bücher auf.“ Wozu?
Er verscheuchte den Gedanken aus seinem Kopf und machte sich auf die Suche nach weiteren Informationen über den Regenten der Stadt. Dieser Nuquod verließ kaum einmal seine Gemächer, fand er heraus. Allerdings würde er es heute Abend tun, um einem Fest beizuwohnen, das er veranstaltete – in erster Linie, so sagten viele, um den Bürgern seinen Reichtum unter die Nase zu reiben. Er habe sogar Wein bestellt, obwohl es seiner Religion widersprach.
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