Assassin's Creed: Die Bruderschaft (German Edition)
sagte der General mit schwacher Stimme.
„Aber wahren Respekt muss man sich verdienen“, erwiderte Ezio. „Man kann ihn nicht erben oder kaufen. Und er lässt sich nicht mit Gewalt erringen. ‚Oderint dum Metuant‘ ist eine der dümmsten Redensarten, die je geprägt wurden. Kein Wunder, dass Caligula sie übernahm: ‚Sollen sie mich hassen, solange sie mich nur fürchten.‘ Kein Wunder, dass unser moderner Caligula nach demselben Motto lebt. Und Ihr habt ihm gedient!“
„Ich diene meinem König, Ludwig XII .“ De Valois machte einen niedergeschlagenen Eindruck. „Aber vielleicht habt Ihr recht. Das sehe ich jetzt ein.“ In seinen Augen blitzte ein Funke Hoffnung auf. „Ich brauche mehr Zeit …“
Ezio seufzte. „Eure Zeit, mein Freund, ist leider vorüber.“ Er zog sein Schwert, während de Valois sich verständnisvoll und immerhin mit Würde hinkniete und den Kopf senkte.
„Requiescat in pace“, sagte Ezio.
* * *
Mit einem gewaltigen Krachen zerbarst die Eingangstür zu de Valois’ Quartier und flog aus den Angeln. Bartolomeo stand voller Staub und Blut, aber unverletzt an der Spitze eines Trupps seiner Männer. Er stürmte zu seiner Frau und umarmte sie so fest, dass er ihr die Luft abdrückte, dann machte er sich daran, ihr den Strick vom Hals zu lösen. Doch seine Finger waren so nervös und ungeschickt, dass Ezio es für ihn tun musste. Mit Bianca hieb er ihr die Fußschellen von den Knöcheln, dann – und inzwischen etwas ruhiger – knotete er die Schnüre auf, mit denen ihre Hände gebunden waren.
„Oh, Pantasilea, meine Liebste, mein Herz, mein Ein und Alles. Wage es nie wieder, mich so allein zu lassen! Ich war verloren ohne dich.“
„Nein, das warst du nicht. Du hast mich gerettet.“
„Ach!“ Bartolomeo winkte beschämt ab. „Nein. Das war nicht ich, das war Ezio! Er hatte den …“
„Madonna, ich freue mich, dass Ihr unversehrt seid“, unterbrach Ezio.
„Mein lieber Ezio, wie kann ich Euch nur danken? Ihr habt mich gerettet.“
„Ich war nur ein Mittel zum Zweck, nur Teil des genialen Planes Eures Gatten.“
Bartolomeo sah Ezio verdutzt und dankbar zugleich an.
„Mein Prinz!“, sagte Pantasilea und umarmte ihren Mann. „Mein Held!“
Bartolomeo wurde rot, blinzelte Ezio zu und sagte: „Na, wenn ich dein Prinz bin, dann will ich mir diesen Titel mal lieber verdienen. Es war nämlich nicht ganz allein meine Idee, weißt du?“
Als sie sich zum Gehen wandten, strich Pantasilea kurz über Ezios Arm und flüsterte: „Danke!“
41
Ein paar Tage später und nachdem Bartolomeo die Überreste von de Valois’ entmutigter Armee zusammengetrieben hatte, traf Ezio auf La Volpe. Sie waren beide auf dem Weg zu einer Zusammenkunft, die Ezio im Versteck der Bruderschaft der Assassinen auf der Tiberinsel einberufen hatte.
„Wie stehen nun die Dinge in Rom?“, lautete Ezios erste Frage.
„Sehr gut, Ezio. Mit der Zerschlagung der französischen Armee hat Cesare eine wichtige Stütze verloren. Eure Schwester Claudia hat uns berichtet, dass der spanische Botschafter und der Botschafter des Papstes eilends die Heimreise angetreten haben, und meine Männer haben die Cento Occhi bezwungen.“
„Es gibt immer noch viel zu tun.“
Sie erreichten ihr Ziel und fanden ihre übrigen Gefährten im Inneren des Verstecks versammelt, wo in einem mitten im Raum stehenden Ofen ein Feuer flackerte.
Als sie einander begrüßt und ihre Plätze eingenommen hatten, erhob sich Machiavelli und begann auf Arabisch: „Laa shay’a waqi’un moutlaq bale kouloun moumkine. Die Weisheit unseres Credos offenbart sich in diesen Worten. Wir wirken im Dunkeln, um dem Licht zu dienen. Wir sind Assassinen.“
Dann stand Ezio auf und wandte sich an seine Schwester. „Claudia, wir widmen unser Leben dem Schutz der Freiheit aller Menschen. Mario Auditore und unser Vater Giovanni, sein Bruder, standen einst vor einem Feuer wie diesem, derselben Aufgabe verpflichtet. Nun lasse ich dir die Wahl … dich uns anzuschließen.“
Er reichte ihr seine Hand, und sie legte ihre hinein. Machiavelli trat ans Feuer und zog das Brandeisen heraus, dessen Ende zwei kleine Halbkreise bildeten, die sich durch einen Hebel im Griff zusammenführen ließen.
„Alles ist erlaubt. Nichts ist wahr“, sagte er in ernstem Ton. Die anderen – Bartolomeo, La Volpe und Ezio – sprachen ihm die Worte nach.
Genau wie Antonio de Magianis es einst mit Ezio getan hatte, legte nun Machiavelli das Brandeisen mit
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