Assassin's Creed: Die Bruderschaft (German Edition)
die Kanone bockte und brüllte. Er schaute zu den Zielscheiben hinüber und sah, dass seine Kugel eine davon zertrümmert hatte.
„Gut gemacht“, lobte der Waffenmeister. „ Perfetto! Wenigstens einer hier, der weiß, wie man schießt – mich natürlich ausgenommen.“
Ezio ließ die Männer die Kanone nachladen und feuerte sie abermals ab, doch diesmal ging sein Schuss daneben.
„Es kann nicht immer klappen“, meinte der Waffenmeister. „Kommt bei Tagesanbruch zurück. Dann üben wir weiter, und Ihr habt Gelegenheit, Euer Auge zu schärfen.“
„Einverstanden“, erwiderte Ezio, ohne zu ahnen, dass die Situation tödlich ernst sein würde, wenn er die Kanone das nächste Mal abfeuerte.
5
Als Ezio den großen Saal in Marios Zitadelle betrat, brach bereits der Abend herein, und Diener entzündeten Fackeln und Kerzen, um die Dunkelheit zu vertreiben. Sie passte allerdings zu Ezios zunehmend trüber Stimmung, als die Stunde der Versammlung nahte.
Er war so tief in seine Gedanken versunken, dass ihm die Person, die vor dem gewaltigen offenen Kamin hockte, zunächst gar nicht auffiel. Darum zuckte er regelrecht zusammen, als die Frau – deren schlanke, aber doch kraftvolle Gestalt winzig wirkte im Vergleich zu den riesigen Karyatiden, die den Kamin flankierten – sich ihm näherte und ihn am Arm berührte. Kaum hatte er sie jedoch erkannt, entspannten sich seine Züge, und die pure Freude stand ihm ins Gesicht geschrieben.
„Buona sera , Ezio“, sagte sie, und er fand, dass der Gruß aus ihrem Mund ungewohnt scheu klang.
„ Buona sera , Caterina“, erwiderte er und verneigte sich vor der Gräfin von Forlì. Ihre frühere Vertrautheit lag zwar ein ganzes Stück weit in der Vergangenheit, jedoch ohne für beide in Vergessenheit geraten zu sein, und als sie seinen Arm berührte, meinte Ezio, die alte Verbundenheit für einen Moment wieder zu spüren. „Claudia sagte mir, dass Ihr hier seid, und ich habe mich darauf gefreut, Euch wiederzusehen. Aber …“ Er zögerte. „Monteriggioni ist weit fort von Forlì, und …“
„Ihr braucht Euch nicht einzubilden, dass ich den langen Weg nur Euretwegen gekommen bin“, sagte sie mit einer Spur ihrer typischen Schärfe, doch erkannte er an ihrem Lächeln, dass sie es nicht ganz ernst meinte. Da wurde ihm bewusst, dass er sich immer noch zu dieser unabhängigen und gefährlichen Frau hingezogen fühlte.
„Ich bin Euch gern stets zu Diensten, Madonna – auf jede mir mögliche Weise.“ Und das meinte er so, wie er es sagte.
„Manche Weisen sind schwieriger als andere“, entgegnete sie, und nun lag ein harter Ton in ihrer Stimme.
„Worum geht es?“
„Die Angelegenheit ist nicht ganz einfach“, erklärte Caterina Sforza. „Ich bin auf der Suche nach einem Bündnis.“
„Erzählt mir mehr darüber!“
„Ich fürchte, Eure Arbeit ist noch nicht getan, Ezio. Die päpstliche Armee zieht gegen Forlì. Mein Herrschaftsgebiet ist klein, aber es liegt glücklicherweise – oder eigentlich zu meinem Pech – genau so, dass es für denjenigen, in dessen Händen es sich befindet, von größter strategischer Wichtigkeit ist.“
„Und Ihr wünscht meine Hilfe?“
„Meine Streitkräfte allein sind zu schwach. Eure condottieri wären für meine Sache von großem Wert.“
„Darüber muss ich erst mit Mario sprechen.“
„Er wird mir seine Hilfe nicht verweigern.“
„So wenig wie ich.“
„Wenn Ihr mir helft, erweist Ihr nicht nur mir einen Gefallen – Ihr stellt Euch auch den Mächten des Bösen entgegen, wider die wir stets vereint standen.“
Während sie noch miteinander sprachen, erschien Mario. „Ezio, Contessa , wir sind zusammengekommen und warten auf Euch“, erklärte er mit ungewohnt ernster Miene.
„Wir unterhalten uns später weiter“, sagte Ezio zu der Gräfin. „Ich werde bei einer Versammlung erwartet, die mein Onkel einberufen hat. Ich glaube, ich soll mich dort rechtfertigen. Wollen wir uns danach noch einmal treffen?“
„Diese Versammlung betrifft auch mich“, sagte Caterina. „Gehen wir?“
6
Der Raum war Ezio wohlvertraut. Dort, an der nun frei liegenden Wand, hingen die geordneten Seiten des Großen Kodex. Der Schreibtisch, sonst stets mit Karten übersät, war abgeräumt worden, und rings um den Tisch herum saßen auf harten, hochlehnigen Stühlen aus dunklem Holz die Mitglieder der Bruderschaft der Assassinen, die sich in Monteriggioni versammelt hatten, sowie jene Angehörigen der Familie Auditore,
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