Assassin's Creed: Die Bruderschaft (German Edition)
die in die Sache der Bruderschaft eingeweiht waren. Mario saß hinter seinem Schreibtisch. An einem Ende hatte ein nüchtern wirkender, dunkel gekleideter Mann Platz genommen, der noch jung aussah, dessen Stirn jedoch von tiefen Falten zerfurcht war und der zu einem von Ezios engsten Verbündeten, aber auch zu einem seiner beharrlichsten Kritiker geworden war: Niccolò Machiavelli. Sie nickten einander verhalten zu, während Ezio seine Schwester Claudia und seine Mutter Maria Auditore begrüßte, die seit dem Tod seines Vaters die Matriarchin der Familie war. Maria schloss ihren einzigen noch lebenden Sohn so fest in die Arme, als hinge ihr Leben davon ab, und sah ihn mit glänzenden Augen an, als er sich von ihr löste und nicht weit von Caterina und gegenüber von Machiavelli Platz nahm. Letzterer erhob sich und musterte ihn fragend. Ein höfliches Vorgeplänkel würde es offenbar nicht geben.
„Zunächst muss ich Euch vielleicht um Verzeihung bitten“, begann Machiavelli. „Ich war nicht selbst in dem Gewölbe, und dringende Geschäfte verlangten meine Anwesenheit in Florenz, bevor ich mich eingehend mit dem befassen konnte, was dort geschah. Mario hat uns seine Seite der Geschichte erzählt, aber nur Ihr kennt die ganze.“
Ezio stand auf und schilderte einfach und direkt, was passiert war. „Ich betrat den Vatikan, wo ich auf Rodrigo Borgia, Papst Alexander VI ., traf und ihn stellte. Er war im Besitz eines der Stücke von Eden, des Stabs, und er ging damit auf mich los. Es gelang mir, mich gegen ihn zu verteidigen, und mittels der vereinten Macht von Apfel und Stab erlangte ich Zugang in das geheime Gewölbe, und zwar ohne ihn. Er war verzweifelt und flehte mich an, ihn zu töten. Aber das tat ich nicht.“ Ezio hielt inne.
„Was geschah dann?“, wollte Machiavelli wissen, während die anderen schweigend dasaßen und ihn ansahen.
„In dem Gewölbe befanden sich viele merkwürdige Dinge – Dinge, von denen man sich in unserer Welt nicht einmal träumen lässt.“ Sichtlich bewegt zwang Ezio sich, ruhig und beherrscht fortzufahren. „Die Göttin Minerva erschien mir in einer Vision. Sie erzählte mir von einer furchtbaren Tragödie, die eines fernen Tages über die Menschheit hereinbrechen werde, aber sie sprach auch von vergessenen Tempeln, die, wenn sie gefunden würden, uns helfen und uns zu einer Art Erlösung führen könnten. Sie schien ein Phantom zu beschwören, das in irgendeiner engen Verbindung zu mir stand, aber worum es sich dabei handelte, kann ich nicht sagen. Nach ihrer Warnung und ihren Vorhersagen verschwand sie. Ich verließ das Gewölbe und fand den Papst im Sterben liegend vor – oder zumindest erweckte er diesen Eindruck. Er schien Gift genommen zu haben. Später zwang mich dann etwas, noch einmal zurückzukehren. Ich nahm den Apfel an mich, aber den Stab, der ein weiteres Stück von Eden gewesen sein mag, verschlang der Erdboden. Worüber ich froh bin, denn schon der Apfel allein, den ich in Marios Obhut gegeben habe, bedeutet eine größere Verantwortung, als ich sie mir wünsche.“
„Unglaublich!“, rief Caterina aus.
„Ich kann mir solche Wunder gar nicht vorstellen“, fügte Claudia hinzu.
„Das Gewölbe beherbergte also keine schreckliche Waffe, wie wir es befürchteten – oder wenigstens fiel sie nicht den Templern in die Hände. Zumindest das ist eine gute Nachricht“, meinte Machiavelli gleichmütig.
„Was ist mit dieser Göttin, mit Minerva?“, fragte Claudia. „Sah sie so aus wie … wir?“
„Sie war von menschlicher Gestalt und zugleich übermenschlich“, antwortete Ezio. „Ihre Worte bewiesen, dass sie zu einem Volk gehört, das viel älter und größer ist als unseres. Sie hatte lange Zeit auf diesen Moment gewartet. Ich wünschte, ich fände Worte, um die Magie, die sie wirkte, zu beschreiben.“
„Was hat es mit diesen Tempeln auf sich, die sie erwähnte?“, warf Mario ein.
„Das weiß ich nicht.“
„Sagte sie, dass wir danach suchen sollen? Aber woher sollten wir dann wissen, wonach wir Ausschau halten müssen?“
„Vielleicht sollten wir das tun … vielleicht wird uns die Suche selbst den Weg weisen.“
„Die Suche ist unumgänglich“, sagte Machiavelli. „Aber zunächst müssen wir den Weg dafür bereiten. Erzählt uns vom Papst! Ihr sagtet, dass er nicht gestorben ist?“
„Als ich in das Gewölbe zurückkehrte, lag sein Gewand auf dem Boden. Er selbst war verschwunden.“
„Hat er irgendwelche Versprechen gegeben? Hat
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