Assassin's Creed: Die Bruderschaft (German Edition)
gehorchen.“
Ezio war allein in seiner geheimen Unterkunft und hielt den Apfel in den Händen, der ihm helfen sollte, den Menschen, den er zum Ziel hatte, in Rom ausfindig zu machen, da vernahm er abermals die geheimnisvolle Stimme. Diesmal konnte er nicht feststellen, ob die Stimme männlich oder weiblich war oder ob sie aus dem Apfel drang oder irgendwo in seinem Kopf entstand.
Dein Instinkt trügt dich nicht. Aber auch: Ich habe keine Macht über den, der mich lenkt. Warum hatte ihm der Apfel dann nur verschwommene Bilder von Micheletto gezeigt, gerade genug, um ihm zu verraten, dass Cesares Scherge noch am Leben war? Außerdem konnte ihm der Apfel nicht zeigen, wo sich Cesare befand – oder er wollte es nicht. Im Moment jedenfalls.
Auf einmal wurde Ezio etwas bewusst, das er im Innersten immer schon gewusst hatte – er durfte die Macht des Apfels nicht missbrauchen, indem er sie über Gebühr strapazierte, auf dass er nicht von ihr abhängig wurde. Ezio wusste, dass es sein eigener Wille gewesen war, der die Antworten, nach denen er suchte, verschwimmen ließ. Er durfte nicht träge werden. Er musste für sich selbst sorgen. Denn eines Tages würde er das sowieso wieder tun müssen.
Er dachte an Leonardo. Was könnte dieser Mann alles erreichen, wenn er den Apfel hätte? Und doch erfand Leonardo, der beste aller Menschen, Vernichtungswaffen mit ebensolcher Leichtigkeit, wie er großartige Gemälde erschuf. Besaß der Apfel also nicht nur die Macht, der Menschheit zu helfen, sondern konnte er sie auch verderben? In den Händen von Rodrigo oder Cesare – wäre einer von ihnen imstande gewesen, ihn zu beherrschen – hätte der Apfel ein Werkzeug nicht zur Erlösung, sondern zur Zerstörung werden können!
Macht war eine starke Droge, und Ezio wollte ihr nicht zum Opfer fallen.
Er sah wieder auf den Apfel. Jetzt lag er scheinbar wie tot in seiner Hand, doch als er ihn in seinen Kasten zurücklegte, musste er feststellen, dass er es kaum ertrug, den Deckel zu schließen. Welche Wege ihm dieser Apfel hätte ebnen können!
Nein, er musste ihn vergraben. Er musste lernen, ohne ihn nach dem Kodex zu leben. Nur jetzt noch nicht!
Im Herzen hatte er stets gespürt, dass Micheletto noch lebte. Jetzt wusste er es mit Bestimmtheit. Und so lange er lebte, würde er alles daransetzen, um seinen bösen Herrn, Cesare, zu befreien.
Ezio hatte Papst Julius nicht seinen ganzen Plan verraten. Er hatte nämlich auch vor, Cesare zu finden und ihn zu töten – oder selbst bei dem Versuch zu sterben.
Es war die einzige Möglichkeit.
Er würde den Apfel nur dann einsetzen, wenn er musste. Er musste seinen Instinkt und seine Fähigkeit, Schlüsse zu ziehen, wach halten und sie stets schärfen, damit er gewappnet war für den Tag, da sich der Apfel nicht mehr in seinem Besitz befinden würde. Er würde die hartnäckigen Borgia-Anhänger, die sich in Rom gehalten hatten, ohne seine Hilfe jagen. Nur wenn es ihm nicht gelänge, sie binnen drei Tagen aufzuspüren, würde er wieder auf seine Macht zurückgreifen. Er hatte noch immer seine Freunde – die Mädchen von der Rosa in Fiore , La Volpes Diebe und seine Assassinen-Kameraden. Mit ihrer Hilfe musste ihm sein Vorhaben gelingen.
Ezio wusste, dass der Apfel ihm – auf Wegen, die er nicht vollends begriff – helfen würde, solange er sein Potenzial respektierte. Vielleicht war das sein Geheimnis. Vielleicht konnte ihn niemand jemals ganz beherrschen, es sei denn ein Angehöriger jenes alten Volkes von Adepten, das die Welt der Menschheit anvertraut hatte, um sie zu krönen oder zu vernichten, ganz so, wie die Menschen es entschieden.
Ezio klappte den Deckel zu und verschloss den Kasten.
* * *
Noch in derselben Nacht berief Ezio eine Versammlung der Bruderschaft auf der Tiberinsel ein.
„Meine Freunde“, begann er, „ich weiß, wie sehr wir uns bemüht haben, und ich glaube, der Sieg ist nah, aber es gibt noch einiges zu tun.“
Die anderen – alle außer Machiavelli – sahen einander überrascht an.
„Aber Cesare wurde das Maul gestopft!“, rief La Volpe. „Ein für alle Mal!“
„Und wir haben einen neuen Papst, der stets ein Feind der Borgia war“, fügte Claudia hinzu.
„Und die Franzosen sind zurückgeschlagen“, warf Bartolomeo ein. „Das Land ist sicher. Und die Romagna ist wieder in der Hand des Papstes.“
Ezio hob eine Hand, um für Ruhe zu sorgen. „Wir alle wissen, dass ein Sieg erst dann ein Sieg ist, wenn er vollkommen ist.“
„Und
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