Assassin's Creed: Renaissance - Der offizielle Roman zum Videogamebestseller Assassin’s Creed 2 (German Edition)
noch ein ironisches Grinsen zustande. „Worauf hoffst du, Ezio? Auf ein umfassendes Geständnis? Tut mir leid, aber dazu fehlt mir … die Zeit …“ Er schnappte nach Luft, und aus seinem Mund drang noch mehr Blut. „Ein Jammer, wirklich. In einer anderen Welt wären wir vielleicht … Freunde geworden.“
Ezio spürte, wie sich der Griff um seinen Arm lockerte.
Aber dann flammte der Schmerz seiner Wunde wieder auf, wie auch die Erinnerung an den Tod seiner Verwandten, und er fühlte sich von kaltem Zorn wie zerrissen. „Freunde?“, fuhr er den Toten an. „Freunde! Du Scheißkerl! Man sollte deine Leiche am Straßenrand verwesen lassen wie eine tote Krähe! Niemand wird dich vermissen! Ich wünschte nur, du hättest mehr gelitten! Ich …“
„Ezio“, sagte da eine kräftige, sanfte Stimme hinter ihm. „Das reicht! Erweise dem Mann etwas Respekt.“
Ezio stand auf und wirbelte zu seinem Onkel herum. „Respekt? Nach allem, was passiert ist? Glaubst du etwa, er hätte uns nicht auf der Stelle am nächsten Baum aufgeknüpft, wenn er gewonnen hätte?“
Mario war vom Kampf gezeichnet, mit Blut besudelt und von Staub bedeckt, aber er stand da, ohne zu schwanken.
„Aber er hat nicht gewonnen, Ezio. Und du bist nicht wie er. Werde auch kein solcher Mensch, wie er es war.“ Er ging neben dem Leichnam in die Knie, streckte die Hand aus und schloss ihm die Augen. „Möge der Tod dir jenen Frieden bringen, den deine arme, wütende Seele suchte“, sagte er. „Requiescat in pace.“
Ezio sah schweigend zu. Als sein Onkel aufstand, fragte er: „Ist es vorbei?“
„Nein“, antwortete Mario. „Es wird immer noch heftig gekämpft. Aber das Blatt wendet sich zu unseren Gunsten. Roberto hat einige seiner Leute auf unsere Seite gezogen, und jetzt ist das Ganze nur noch eine Frage der Zeit.“ Er zögerte. „Leider muss ich dir mitteilen, dass Orazio tot ist.“
„Orazio …!“
„Bevor er starb, sagte er mir noch, was du für ein tapferer Mann bist. Erweise dich dieses Lobes würdig, Ezio.“
„Ich werde es versuchen.“ Ezio biss sich auf die Lippe. Auch wenn es ihm nicht wirklich bewusst wurde, so war dies doch eine weitere Lektion, die er nun gelernt hatte – dass kein Kämpfer, so gut und geschickt er auch sein mochte, vor dem Tod gefeit war.
„Ich muss zurück zu meinen Männern“, erklärte Mario. „Aber ich habe etwas für dich – etwas, das dir ein wenig mehr über deine Feinde verraten wird. Ein Brief, den wir einem der hiesigen Priester abnahmen. Er war für Vieris Vater bestimmt, aber Francesco ist ja offenbar nicht mehr hier, um ihn in Empfang zu nehmen.“ Er reichte Ezio ein zusammengefaltetes Blatt Papier, dessen Siegel erbrochen war. „Derselbe Priester wird sich um die Beisetzungen kümmern. Ich werde einen meiner Unterführer beauftragen, alles in die Wege zu leiten.“
„Ich muss dir noch einiges sagen …“
Mario hob eine Hand. „Später, wenn wir hier fertig sind. Nach dieser Schlappe werden unsere Feinde nicht so schnell zuschlagen können, wie sie es gehofft hatten, und Lorenzo wird in Florenz sehr auf der Hut sein. Im Moment sind wir ihnen gegenüber im Vorteil.“ Er wechselte das Thema. „Ich muss zurück. Lies den Brief, Ezio, und denk nach über das, was darin steht. Und versorge deine Hand.“
Dann war er fort. Ezio entfernte sich von Vieris Leiche und setzte sich unter den Baum, hinter dem er sich zuvor versteckt hatte. Erste Fliegen umschwirrten Vieris Gesicht. Ezio öffnete den Brief und las:
Messer Francesco,
ich habe, wie Ihr es verlangtet, mit Eurem Sohn gesprochen. Ich stimme mit Eurer Einschätzung überein, wenn auch nur teilweise. Ja, Vieri ist ungestüm und neigt zu unüberlegtem Handeln, und er hat die Angewohnheit, seine Männer wie Spielzeug zu behandeln, wie Schachfiguren, um deren Leben er sich kaum mehr schert, als bestünden sie nur aus Elfenbein oder Holz. Und seine Strafen sind in der Tat grausam. Ich hörte von mindestens drei Männern, die danach körperlich entstellt waren.
Aber ich halte ihn nicht, wie Ihr es ausdrücktet, für irreparabel. Im Gegenteil, ich glaube, es gibt in seinem Fall eine ganz einfache Lösung. Er sucht Eure Anerkennung. Eure Aufmerksamkeit. Diese Ausbrüche seinerseits sind die Folge einer Unsicherheit, die wiederum auf ein Gefühl der Unzulänglichkeit zurückgeht. Er spricht oft und voller Liebe von Euch und äußert den Wunsch, Euch näher zu sein. Wenn er also schreit und gemein und wütend ist, dann, so
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